12.12.2013 09:10 Uhr

Austria beweist beim Abschied CL-Reife

Erstmals auch in violett: So sehen Sieger aus
Erstmals auch in violett: So sehen Sieger aus

Nach dem 4:1-Erfolg gegen Zenit St. Petersburg durfte die Wiener Austria ein weiteres Ziel auf ihrer "To Do"-Liste abhaken. Nach dem ersten Punkt und dem ersten Tor gelang nun der erste Sieg in der Champions League. Das Ausscheiden aus dem Europacup stand schon vor der Partie fest, daher überwogen die positiven Emotionen beim Abschied aus der Eliteliga.

Tormann Heinz Lindner hatte es Tags zuvor versprochen: "Wir wollen den ersten Sieg." Er sollte Recht behalten. Mit 4:1 fiel der erste volle Erfolg einer österreichischen Mannschaft in der Champions League seit zwölf Jahren und der erste überhaupt im Ernst Happel Stadion sogar mehr als deutlich aus.

"Extrem cool. Wir wollten einen schönen Abschluss machen, mit den Fans im Rücken. Das ist uns super gelungen", freute sich der Linder. Wie in den vorangegangenen Partien war der Keeper auch diesmal im Zentrum des Geschehens und hielt seine Mannschaft im Spiel. Etwa beim Großchancen-Stakkato von Zenit nach zwanzig Minuten. Erst in der 35. Minute wurde er von Aleksandr Kerzhakov umkurvt und bezwungen.

Was folgte, darf als Reifeprüfung auf der vornehmsten europäischen Bühne verstanden werden. Denn welche Lektion hatten die "Veilchen" bei ihren vorangegangenen Auftritten gelernt? "Wenn wir unsere Chancen nicht machen, dann wird das beinhart bestraft mit einer Niederlage", resümierte Markus Suttner.

Austria entdeckt die Kaltschnäuzigkeit

An Effizienz mangelte es der Austria diesmal nicht. Philipp Hosiner verwertete nach Doppelpass mit Marko Stanković noch vor Halbzeitpfiff seine zweite Großchance (44.). Der Torjäger hatte den Ball zuvor gegen Tomáš Hubočan erobert. "Ich machte einen schlechten Pass. Es ist natürlich ein Jammer, so knapp vor der Pause ein Tor zu bekommen. Wir hatten jedoch noch die zweite Hälfte vor uns, reagierten da aber nicht auf den Spielfluss", so der Pechvogel.

Nach Seitenwechsel brachte ein Doppelschlag von Tomáš Jun (48.) und abermals Hosiner (50.) den Erfolgszug auf Schiene. Zenit rannte verzweifelt aber auch planlos gegen die drohende Niederlage an. Das 4:1 von Roman Kienast in der Nachspielzeit war nur noch eine Draufgabe zum gelungenen Europacupabend.

Zaubertrank war dennoch keiner im Pausentee. "Es war eine ganz normale Pausenansprache", meinte Trainer Nenad Bjelica. "Wir haben nur Kleinigkeiten versucht zu besprechen und zu korrigieren, wie die Doppeldeckung für Hulk oder es weniger durch die Mitte zu versuchen." Auch in der Gästekabine tat sich etwas, wie Zenit-Trainer Luciano Spalletti verriet: "Wir haben in der Pause den Zwischenstand aus Madrid gesehen. Danach haben meine Spieler eine Reaktion gezeigt, die sich eine Mannschaft wie wir eigentlich nicht leisten sollte."

Dank des 2:0-Sieges von Atlético über Porto schaffte auch Zenit den Sprung ins Achtelfinale. Axel Witsel ließ das nicht als Ausrede für die Niederlage gelten: "Wir wollten unabhängig sein und gewinnen, haben aber verloren. Daher sind wir nicht glücklich. Das können wir später sein", verschob der Belgier die Freude über den Aufstieg kurzerhand.

Stolz auf das Geleistete

"Ich möchte den anderen Mannschaften zum Weiterkommen gratulieren. Zenit und Porto waren ein bisschen besser als wir, deswegen sind sie weiter. Natürlich hat uns ein wenig Erfahrung gefehlt. Trotzdem glaube ich, dass wir den österreichischen Fußball gut präsentiert haben, nicht nur heute, sondern in allen sechs Spielen", erklärte Bjelica.

Der Kroate verwies auch darauf, dass die Laufleistung seiner Mannschaft herausragend war: "Wir liefen bei allen Spielen über 114 km, nur wir haben nie die richtige Belohnung bekommen." Die Zahl verdeutlicht auch den enormen Energieaufwand um mitzuhalten. Für Bjelica waren diesmal aber auch andere Faktoren für den Sieg des Underdogs wichtig: "Im Fußball sind Herz und Leidenschaft und Teamarbeit wichtig. Das hat meine Mannschaft gezeigt und daher haben wir fehlende Qualität kompensieren können."

Spalletti hatte ebenfalls nette Worte für die Gruppengegner über: "Atletico Madrid hat sich den Gruppensieg absolut verdient, wir haben mit dem Aufstieg unser wichtigstes Ziel erreicht. Die Austria hätte angesichts der heutigen Leistung auf jeden Fall eine bessere Platzierung in der Endtabelle verdient gehabt."

Zwei Remis und ein Sieg reichten nur wegen der negativen Bilanz im direkten Duell mit Porto nicht zum Umstieg in die Europa League. "Wir haben fünf Punkte geholt in der Gruppe. Und die Gegner waren nicht irgendwer", rief Markus Suttner in Erinnerung. Alle drei Gruppengegner gewannen innerhalb der letzten zehn Jahre Europacupbewerbe.

Liebe zur Natur – Hass auf der Tribüne

Auch rund um das Spiel war es ein turbulenter Abend. Schon vor Beginn sorgten als Cheerleader verkleidete Greeenpeace-Aktivistinnen für einen Protest gegen die Arktis-"Tätigkeit" des Energiekonzerns Gazprom, dem Sponsor sowohl der Champions League als auch von Zenit St. Petersburg. "Bei Real Madrid war auch etwas bei der Pressekonferenz. Damit hat man rechnen müssen", zeigte sich Heinz Lindner nur wenig überrascht.

Für noch mehr Aufsehen und eine kurze Unterbrechung sorgten indes Ausschreitungen im Gästeblock. Zenit-Fans schossen mit Bengalfackeln und Böller in die Nebensektoren und versuchen diese auch zu stürmen. Die Polizei wurde der Situation erst mit einem Massenaufgebot Herr.

"Peinlich", fiel Nenad Bjelica dazu nur ein. "Wir reden soviel über Rassismus oder Aggression und treten dagegen auf, aber dann passiert so etwas. Hoffentlich wurde niemand verletzt. Hat aber nicht so ausgesehen, dass es so wäre. Das hat auf dem Fußballplatz nichts verloren und auch sonst im Leben nicht."

>> 4:1! Erster Austria-Sieg bei CL-Abschied

Sebastian Kelterer

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