09.12.2015 14:29 Uhr

Artem Dzyuba: Brechstange deluxe

Artem Dzyuba (M.) lässt sich von seinen Teamkollegen Hulk (l.) und Oleg Shatov feiern
Artem Dzyuba (M.) lässt sich von seinen Teamkollegen Hulk (l.) und Oleg Shatov feiern

Ronaldo, Lewandowski, Müller – die Liste der diesjährigen Top-Torjäger der Königsklasse liest sich mal wieder wie ein Who is Who der Weltelite. Ein Name passt so gar nicht in die Reihe: Artem Dzyuba, ein fast zwei Meter großer Sturmtank von Zenit St. Petersburg, hat mit fünf Treffern gehörigen Anteil am Achtelfinaleinzug der verlustpunktfreien Russen. Die Geschichte eines späten Aufstiegs.

Der 8. September 2014 wird wohl immer ein besonderer Tag im Leben des Artem Sergeyevich Dzyuba bleiben. Damals, nur rund zehn Wochen nach dem frustrierenden Vorrunden-Aus der russischen Auswahl bei der WM in Brasilien, traf der Stürmer beim 4:0-Erfolg gegen Liechtenstein erstmals im Trikot seines Heimatlandes. „Es war einer der schönsten Momente meines Lebens“, gab der sichtlich gerührte Riese im Anschluss zu. Nicht allzu abwegig, dass in seinen Worten auch eine gehörige Portion Erleichterung mitschwang.

Das ewige Warten

Lange Jahre hatte sich der durchsetzungsstarke Goalgetter, der bereits mit 18 sein Profidebüt für Spartak gefeiert hatte, quer durchs Land verleihen lassen, um die nötige Spielpraxis für die Sbornaja zu sammeln. Kurios dabei: Sowohl in Tomsk als auch in Rostov schlug Dzyuba je zwei Mal auf. Zwischendurch kehrte er immer wieder kurzzeitig nach Moskau zurück, ohne dort jedoch das Vertrauen der ständig wechselnden Trainer zu spüren.

Das ewige Warten auf den Durchbruch hatte im vergangenen Sommer ein Ende: Nach neun Jahren in der Hauptstadt wagte der fünfzehnfache Nationalspieler einen Neuanfang. Als ein lukratives Angebot von Champions-League-Dauergast Zenit St. Petersburg einging, musste der 27-Jährige nicht lange überlegen und unterschrieb bis 2020(!) beim amtierenden Meister. Eine weise Entscheidung, wie die vergangenen Monate gezeigt haben.

Endlich unumstritten

Unter dem Portugiesen André Villas-Boas ist Dzyuba ein elementarer Fixpunkt der torhungrigen Zenit-Offensive geworden. Mit Ausnahme eines Joker-Einsatzes im Pokal stand der Torjäger wettbewerbsübergreifend in allen Saisonspielen von Beginn an auf dem (Kunst-)Rasen. Der Dank: Beeindruckende 15 Treffer in 26 Partien.

Egal, ob auf nationaler Ebene oder in der Königsklasse – gegen den enorm kopfballstarken Sturmtank ist derzeit kein Kraut gewachsen. Flankiert vom Zauberduo Hulk & Danny ist der Russe eine Waffe im gegnerischen Sechzehner. Keiner zweifelt noch an den Qualitäten des Spätstarters, der in seinem neuen Club endlich unumstrittene Stammkraft ist.  

Mehr als die Brechstange

Heute gilt Dzyuba als Hoffnungsträger der Russen für die anstehende EM in Frankreich. Dem zuvor bereits erwähnten Premierentor gegen Liechtenstein ließ der Hüne sieben weitere Buden folgen, darunter den brutal wichtigen 1:0-Siegtreffer gegen Schweden. Selbst die schärfsten Kritiker des oftmals als langsam und hüftsteif betitelten Angreifers geben heute kleinlaut zu, sich geirrt zu haben.

Mit links wie rechts, Kopf und Brust, per Abstauber oder Volleyschuss – der Offensivmann trifft aus allen Lagen. Das Image des limitierten Brechers ist längst passé. Wenn überhaupt, ist Dzyuba die "Brechstange deluxe",  die 2.0-Version des klassischen Neuners.

"Ich musste in meiner Karriere viele Rückschläge einstecken, doch bin immer wieder aufgestanden. Jetzt genieße ich die gute Phase umso mehr", sagt der gereifte Riese rückblickend. Vielleicht folgt das nächste Highlight schon im Frühjahr, wenn Zenit als Gruppenerster im Achtelfinale der Champions League antritt. Die besten 16 Mannschaften des Kontinents - und Dzyuba ist mittendrin. Es scheint, als wäre er endlich angekommen.

Mehr dazu:
>> zur Gruppe H der Königsklasse
>> Dzyubas Vereinsspiele im Überblick
>> Dzyubas Länderspielkarriere

Heiko Lütkehus

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