21.10.2013 15:59 Uhr

Austrias Goldrezept für Atlético Madrid

Die Achterbahnfahrt durch Europa und die österreichische Provinz zehrte bei der Austria an Substanz und Nerven
Die Achterbahnfahrt durch Europa und die österreichische Provinz zehrte bei der Austria an Substanz und Nerven

Die Wiener Austria bestreitet am Dienstag (ab 20:45 Uhr im weltfussball-Liveticker) ihr drittes Spiel in der Champions League und das bislang vielleicht schwerste. Denn Gegner Atlético Madrid gilt auch nach der am Wochenende erlittenen ersten Meisterschaftsniederlage nicht zu unrecht als der härteste Brocken in der Gruppe G. Zu diesem Anlass werden die Veilchen ihre goldene Dressengarnitur ausführen.

Österreichs Meister geht wie schon in den vorangegangenen Partien in der europäischen Königsklasse mit einem Informationsplus ins Spiel. "Sie kennen uns überhaupt nicht und können uns fast nicht einschätzen. Die Medien präsentieren uns als Underdog", wusste Austria-Trainer Nenad Bjelica zu berichten. "Unsere zwei Ergebnisse in der Champions League (0:1 gegen Porto, 0:0 bei Zenit St. Petersburg) zeigen, dass wir ernst zu nehmen sind. Von ihrer Mentalität her werden uns die Spanier nicht unterschätzen", rechnete der Kroate gar nicht damit, dass der Tabellenführer der Gruppe G das Gastspiel in Wien auf die leichte Schulter nehmen könnte.

Bjelica hingegen ist ein Spanien-Experte: "Ich habe mehr in Spanien gespielt als in Kroatien. In den Neunziger Jahren hat man mich dort mehr gekannt" Sieben Jahre verbrachte der frühere Mittelfeldakteur bei Albacete, Betis Sevilla und Las Palmas. "Der Kontakt nach Spanien ist permanent", so Bjelica. Er habe dort noch immer zahlreiche Freunde, im Sommer werde dort der Urlaub verbracht und die Primera División könne ohnehin auch hierzulande an jedem Wochenende verfolgt werden.

Matratzenmacher als Überflieger

Atlético Madrid verpasste in La Liga durch die 0:1-Niederlage bei Espanyol Barcelona den Startrekord. Zuvor gingen die "Colchoneros" (Matratzenmacher), wie sie aufgrund ihres rot-weiß gestreiften Dress genannt werden, acht Mal als Sieger vom Platz. Auf europäischer Ebene haben die Madrilenen die Chance erstmals seit 1958/1959 drei Spiele im Meisterbewerb en suite zu gewinnen.

"Sie gewinnen Spiele durch Teamarbeit, aber auch durch die individuelle Klasse von Diego Costa und David Villa", fasste Bjelica seine Eindrücke zusammen. "Ihr 4-4-2 funktioniert perfekt, die zwei Viererketten spielen hervorragend zusammen." Gegen Espanyol seien aber auch erstmals Schwächen zu sehen gewesen, wenngleich für Atlético auch ein X möglich gewesen wäre.

Um genannten Diego Costa entflammte jüngst ein Zwist zwischen dessen Heimat Brasilien und Spanien, für wessen Nationalteam der 25-Jährige künftig auf Torjagd gehen werde. "Er ist momentan unglaublich, ich hätte es ihm nicht zugetraut", gestand Bjelica. In den ersten neun Meisterschaftsrunden hat Diego Costa zehn Mal getroffen. Wegen einer Rot-Sperre musste er in der Champions League bislang zusehen.

Atlético bangt um Diego Costa

Costas Premiere bei Atléticos 250. Europacup-Auftritt insgesamt könnte sich allerdings verschieben. Am Wochenende hat er sich eine Knöchelverletzung zugezogen und ist daher fraglich. "Ich wünsche ihm viel Gesundheit. Aber es wäre für uns natürlich gut, wenn er nicht spielt"

Und dann wäre freilich noch Trainer Diego Simeone. Nenad Bjelica bezeichnete den Argentinier immer wieder als einen der besten, wenn nicht sogar den besten Trainer der Welt. Warum? "In den letzten drei Jahren ist er der erfolgreichste Trainer und hat mehr Titel geholt als Ancelotti, Wenger oder Mourinho. Er schafft mit Atlético Madrid, das keinen Kader wie Barcelona oder Real Madrid hat, Unglaubliches."

Die alte Platte vom Lied des Außenseiters wurde zwar aufgelegt, aber auch Bjelica scheint sie nicht mehr hören zu wollen. Bei allem Lob für den Gegner rechnet sich der Austria-Trainer trotzdem Chancen aus. Mit "Outsider bist du nur, wenn du glaubst, dass du ein Outsider bist", gab Bjelica sogar einen schönen Spruch für das Poesiealbum zum Besten. Zuversichtlich sollen freilich die vorangegangenen Auftritte in der Champions League stimmen. Ein Rezept für eine Atlético-Sandwich ist ebenfalls schon parat: "Unsere defensiven Mittelfeldspieler werden mehr Unterstützung geben müssen. So werden wir die zwei Spitzen im Sandwich haben. Wir müssen früher agieren, damit die Mittelfeldspieler gefährliche Pässe gar nicht zu den zweien bringen."

Stanković und Jun kehren zurück

Nach zahlreichen Hiobsbotschaften gab es auch endlich wieder positive Neuigkeiten aus dem Austria-Lazarett. Marko Stanković und Tomáš Jun konnten am Sonntag wieder mit der Mannschaft trainieren und stehen laut Bjelica sogar für einen Einsatz von Beginn zur Debatte. "Wir haben nun mehr Möglichkeiten in der Offensive, wo wir zuletzt etwas beschränkt waren von den Alternativen her", freute sich Bjelica. Fix ausfallen werden hingegen die Langzeitverletzten Alexander Grünwald und Alexander Gorgon. Thomas Murg fehlt krankheitsbedingt.

Austrias Sportvorstand Thomas Parits, wie Bjelica ebenfalls ein früherer Spanien-Legionär (Granada), gab sich positiv gestimmt, was den langsam fälligen Premierentreffer der Austria in der Champions League anbelangt: "Wir werden so auftreten wie gegen Porto. Wenn wir kompakt stehen, dann kommen wir zu Konterchancen. Und wenn wir in Führung gehen, dann wird das Stadion brodeln."

Finanzvorstand Markus Kraetschmer freute sich besonders über den gut verlaufenen Vorverkauf. 42.300 Karten waren bis Montag verkauft. Kraetschmer liebäugelt angesichts der angenehmen Temperaturen sogar mit einem ausverkauften Ernst-Happel-Stadion. Eine Rekordkulisse in diesem Jahrtausend ist den Veilchen jedenfalls gewiss. Dafür werden sie auch erstmals in ihrer goldenen Champions-League-Montur auflaufen.

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Sebastian Kelterer

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