In einem Jahr ohne Welt- oder Europameisterschaft kann man das Finale der Champions League wohl widerspruchslos als den Höhepunkt des Fußballjahres bezeichnen. Wenn dazu noch zwei Vereine wie Manchester United und der FC Barcelona aufeinander treffen, spricht vieles für ein außergewöhnliches Finale. Und wenn als Bühne für die Thronbesteigung in der Königsklasse dann auch noch die ewige Stadt am Tiber dient, darf mit Fug und Recht auf ein großes, ein geschichtsträchtiges Endspiel gehofft werden.
Kaum jemand zweifelt daran, dass sich im Olimpico die beiden besten Mannschaften Europas gegenüber stehen. Auf der einen Seite der alte und neue englische Meister und zudem noch amtierende Klub-Weltmeister und auf der anderen der frisch gebackene Pokalsieger und Meister Spaniens, der in einer phasenweise rauschhaften Saison über 100 Treffer in der Primera Division erzielte. Dazu Namen wie Christiano Ronaldo, Eto'o, Henry, Rooney und natürlich Leonel Messi - es ist ein Finale wie gemalt für jeden Fußballfan.

Ein Rekord ist sicher

Während sich eben diese in aller Welt seit Tagen über den möglichen Verlauf und Ausgang des Spiels die Köpfe heiß diskutieren, steht bereits fest, dass es gleich, wie die Nacht endet, einen Rekord zu bestaunen gibt. Denn sollte United gewinnen, wäre der Club aus Englands Nordwesten der erste, dem es in der Champions League gelingen würde, seinen Titel zu verteidigen. Und das auf ebenso einmalige Art und Weise, denn die Red Devils sind mittlerweile seit sage und schreibe 25 europäischen Spielen ungeschlagen! Die letzte Niederlage in der Königsklasse datiert noch aus der Saison 2006/2007, als man im Halbfinale dem späteren Titelträger AC Milan mit 0:3 unterlag.
Auf Seiten der Katalanen wäre im Falle eines Erfolges Pep Guardiola der erste Trainer, der in einer Saison das Triple aus Meisterschaft, Pokalsieg und Champions League für ein spanisches Team erringen könnte – und das bereits ganz am Anfang der Trainer-Karriere des gerade mal 38-jährigen ehemaligen Mittelfeldspielers! Doch auch sein Gegenüber, der fast 30 Jahre ältere Sir Alex Ferguson könnte mit seinem dann dritten Triumph nach 1999 und 2008 Geschichte schreiben, denn drei Landesmeister-Titel als Trainer gelangen bisher nur dem legendären Bob Paisley mit dem FC Liverpool (1977, 1978 und 1981). Übrigens: Als Ferguson 1978 in Aberdeen seine erste Saison als Trainer begann, war Guardiola gerade einmal sieben Jahre alt!

Eine Sache der Konzentration

Ohne größere Personalsorgen reisen die Engländer nach Rom. Verzichten muss Ferguson aber auf das Mitwirken des gesperrten Darren Fletcher. Doch nicht allein dieser Umstand wird das Augenmerk verstärkt auf Michael Carrick richten. Denn abseits der allseits gefeierten Stars wie Christiano Ronaldo ist es der 27-jährige Engländer, der von größter Bedeutung für Uniteds Spiel sind. Vor allem an ihm wird es liegen, das gefürchtete Passspiel von Iniesta & Co zu unterbinden. Für den mittlerweile erfahrenen Carrick sind Spiele auf diesem Niveau und von dieser außergewöhnlichen Bedeutung vor allem "eine Sache der Konzentration".

Das gilt mit Sicherheit auch für die Katalanen. Auch wenn deren Stärke sicher weniger auf taktischer Diszipliniertheit als vielmehr ihrem außergewöhnlichen Zusammenspiel und den ungeheuren technischen Fähigkeiten von Akteuren wie dem oft alles und jeden überragenden Lionel Messi beruht. Den jungen Argentinier zu bremsen, dürfte eine der wichtigsten Aufgaben Uniteds sein, die wahrscheinlich in erster Linie Patrice Evra zukommt. Sorgenfalten dürfte Messis Trainer Guardiola hingegen der Ausfall der Außenverteidiger Eric Abidal und Daniel Alves (beide gesperrt) und von Innenverteidiger Rafael Márquez machen. Ob Manchester diese mögliche Schwachstelle ausnutzen kann oder aber selbst in der Defensive zu sehr gefordert sein wird, ist sicher eine der spannendsten Fragen vor der bereits mit reichlich Spannung erwarteten Nacht von Rom.