17.09.2013 08:13 Uhr

Youth League: Königsklasse auf Probe

Der Nachwuchs von Inter sicherte sich 2012 den Titel der NextGen Series
Der Nachwuchs von Inter sicherte sich 2012 den Titel der NextGen Series

Mit der Liveberichterstattung beim Spiel zwischen den U-19-Mannschaften von Bayer Leverkusen und Manchester United eröffnet weltfussball die neugegründete "UEFA Youth League". Der Wettbewerb tritt in die Fußstapfen der "NextGen Series", die vorerst von der Bildfläche verschwindet.

Mit stolz geschwellter Brust trat Michel Platini im Dezember 2012 vor die versammelten Journalisten. Der UEFA-Präsident hatte etwas Wichtiges zu verkünden: die Geburt eines neuen Wettbewerbs. Ein Wettbewerb, den es zwar schon gab, für den bisher aber andere die Lorbeeren ernteten. "Wir haben eine Kopie der Champions League geschaffen und geben jungen Spielern damit die Möglichkeit, sich auf Vereinsebene im internationalen Wettbewerb zu messen." Ein passender Titel war schnell gefunden: UEFA Youth League.

So innovativ die Idee klingen mag, es ist ein fahrender Zug, auf den der Franzose und seine Organisation aufspringen.

"NextGen Series" ebnet den Weg

Lange vor der Einführung der "Youth League" überlegten Vereine, wie man den Nachwuchs am besten an eine Profikarriere heranführt. Mark Warburton, Sportdirektor des englischen Drittligisten FC Brentford, und TV-Produzent Justin Andrews hatten eine Lösung parat: die "NextGen Series". Ein Turnier für die besten Jugendmannschaften des Kontinents.

Klubs mit vorbildlicher Nachwuchsarbeit wie der FC Barcelona, Manchester City oder der VfL Wolfsburg sagten sofort zu. Fabian Wohlgemuth, Leiter des Nachwuchszentrums in Wolfsburg, erklärte damals: "Das ist aus unserer Sicht ein sehr interessanter Testballon. Unsere Spieler können so internationale Erfahrung sammeln und sich europaweit mit den unterschiedlichsten Spielsystemen und Mentalitäten messen."

Real Madrid, Bayern München und Manchester United lehnten dankend ab. Zu groß sei die Belastung, zu unberechenbar der Aufwand und zu unkalkulierbar der Ertrag. Und dennoch feierte die "NextGen Series" eine gelungene Premiere. Die Bubis von Inter Mailand sicherten sich den Titel im ersten Jahr, Aston Villa schnappte sich den Pokal in der vergangenen Saison.

Der Verband übernimmt das Ruder

Die UEFA beobachtete die positive Entwicklung und erklärte die Angelegenheit 2012 zur Chefsache. "Das Exekutivkomitee ist der Meinung, dass die Organisation nicht in den Händen eines privaten Unternehmens, sondern in den Händen der UEFA liegen sollte", gab Platini bekannt.

Und wie es der Zufall will, verkündete Mark Warburton vor wenigen Tagen das vorläufige Aus der "NextGen Series." Aufgrund von Finanzierungsproblemen werde das Turnier in der kommenden Saison nicht stattfinden, sagte der Brite. Dass die finanziellen Sorgen im direkten Zusammenhang mit dem Einstieg der UEFA stehen, ist offensichtlich.

Die Vorteile mit der UEFA an der Spitze liegen auf der Hand. Hochprofessionelle Vermarktung und größere Medienpräsenz sorgen für eine größere Reichweite und höhere Einnahmen. Um dem Zuschauer die "Youth League" schmackhaft zu machen, griff man zu bewährten Mustern. Teilnehmer, Turniermodus, Spielplan und Gruppenzusammensetzung wurden einfach aus der Champions League übernommen.

Für die Jugend von Bayer Leverkusen ist es das große Los. Sie dürfen sich direkt zum Auftakt gegen den Nachwuchs von Manchester United (ab 17 Uhr bei uns im Liveticker) behaupten. Die Dortmunder reisen nach London und Neapel, die Bayern nach Manchester und Moskau. Einige Partien wird der TV-Sender "Eurosport" sogar live und exklusiv übertragen. Doch wo es auf den ersten Blick nur Gewinner gibt, bleiben andere auf der Strecke.

Die Verlierer

Aus Marketing-Gründen ist die Fokussierung auf die großen Klubnamen sinnvoll. Mit dem Label "Bayern München" erreicht man schließlich mehr Menschen und generiert mehr Geld, als es mit Rosenborg Trondheim oder Molde FK jemals möglich wäre. Nur wird vielen Vereinen dadurch die Chance geraubt, sich regelmäßig in einem organisierten Wettbewerb mit den Besten zu messen.

Aston Villa, Inter Mailand, Sporting Lissabon, VfL Wolfsburg, Tottenham Hotspurs – sie haben die "NextGen Series" in den beiden letzten Jahren mitgeprägt. Jetzt sind sie zum Zuschauen verdammt. Weil die UEFA sie aussperrt. Die Frage drängt sich auf, welchen sportlichen Wert ein U-19-Wettbewerb hat, an dem viele der besten U-19-Mannschaften Europas gar nicht teilnehmen dürfen?

Es ist ein schmaler Grat, auf dem die UEFA wandert, wie nicht nur Mark Warburton weiß: "Die 'NextGen Series' wurde von Fußballern gegründet und gestaltet, nicht von Werbefachleuten." Damals ging es nicht ums Geld, sondern darum "Investoren zu finden, die an unsere Idee geglaubt haben. Die Vereine wollten gegen die Besten spielen und genau darum ging es."

Kritik an der Einführung

Gerüst und Idee der "NextGen Series" waren der UEFA gut genug. Sie sorgte für den Feinschliff, benannte den Wettbewerb um und peppelte ihn mit großen Namen auf. Jetzt müssen Michel Platini und Europas Fußball-Dachverband beweisen, dass sie in der Lage sind, einer ausgereiften Idee die nötige Nachhaltigkeit zu verpassen.

Kritik hagelte es bereits im Vorfeld, da vielen Jugendtrainern die Belastung und die Reisestrapazen für die Nachwuchskicker zu hoch erscheinen. So erklärte Marcus Sorg, U19-Trainer des DFB-Nachwuchses: "Es sind nicht die paar Spiele mehr, sondern der Aufwand, der damit verbunden ist. Die Jungs brauchen auch Freiräume, um mal Abstand zum Fußball zu gewinnen", so Sorg. Zudem "fehlen Einheiten, um die Spieler weiterzuentwickeln. Zur Ausbildung gehört aber auch Üben, nicht nur Anwenden."

Wirklich überzeugt scheint man auch in Nyon nicht zu sein, denn die „Youth League“ läuft zunächst nur für zwei Jahre auf Probe. Erst dann wird entschieden, ob und wie es weitergeht.

Tipp: weltfussball berichtet von der Partie Manchester United gegen Bayer Leverkusen live.

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Christian Schenzel

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