14.11.2016 08:45 Uhr

Taktik-Analyse: 3-5-2 auf dem Vormarsch

Nach der Systemumstellung mit Schalke zurück in der Erfolgsspur: Markus Weinzierl
Nach der Systemumstellung mit Schalke zurück in der Erfolgsspur: Markus Weinzierl

Jahrelang war die Viererkette im Fußball der defensivtaktische Standard. Mannschaften wie der FC Schalke 04 brechen nun erfolgreich mit dieser Tradition - und setzen auf ein 3-5-2. weltfussball analysiert das neue Mode-System. Was sind seine Stärken? Welche Schwächen hat es?

"Schalkes neue Flexibilität unter Markus Weinzierl", "Unter Weinzierl steht Schalke wieder stabil", "Weinzierl stellt Schalke Stars auf neue Positionen": Allesamt Schlagzeilen aus der jüngsten Vergangenheit, die eins zum Thema haben: die Umstellung auf ein 3-5-2 bei den Königsblauen.

Nach fünf Spieltagen der aktuellen Bundesligasaison las sich Schalkes Bilanz unterirdisch: Kein Punkt, 2:10 Tore, Schlusslicht der Tabelle. Markus Weinzierls Idee, aggressiv gegen den Ball zu pressen und schnelles Umschalten in die Offensive zu forcieren ging nicht auf.

Auch weil den neuen Coach der Knappen Personalprobleme plagten: Der neue Rechtsverteidiger Coke zog sich in der Vorbereitung einen Kreuzbandriss zu. Atsuto Uchida fehlte ohnehin schon seit Monaten.

Der einzig übrig gebliebene Spezialist Júnior Caiçara bewies, dass er den komplexen Anforderungen an die Position nicht hundertprozentig gewachsen ist. Gegenüber dem "kicker" sprach Weinzierl nach dem schlechten Saisonstart von "Erkenntnissen, die wir da gesammelt haben". 

Renaissance der Dreierkette?

Der Erkenntnisgewinn des Coaches führte zu einer Umstellung auf das 3-5-2-System. Dieses hat aus Schalker Sicht einen zentralen Vorteil: das Zentrum wird verdichtet.

Die Grundformation sorgt dafür, dass die Mannschaft in Breite und Tiefe gut gestaffelt ist und schnell Passdreiecke gebildet werden können. Die drei zentralen Mittelfeldspieler in dieser Formation bieten einige Variationsmöglichkeiten. Das System ermöglicht sowohl das Spiel mit zwei klassischen Sechsern hinter einem Zehner, als auch das mit zwei Achtern und einem Sechser.

Mit Leon Goretzka und Nabil Bentaleb verfügt Schalke über spielfreudige und pressingresistente Akteure auf der Acht. Ballverluste der Youngster fallen im 3-5-2 weniger ins Gewicht. Mit Johannes Geis ist ein strategisch starker Abräumer als Absicherung vorhanden.

Variabilität in der Defensive

Auch eine Reihe weiter hinten bietet das 3-5-2 Variationsmöglichkeiten: Die drei Innenverteidiger können im defensiven Umschaltspiel sehr flexibel zu einer Vierer- oder Fünferkette ergänzt werden. Die klassische Viererreihe entsteht, indem einer der Außenspieler bei gegnerischem Ballbesitz in die letzte Reihe rückt.

Das Spiel mit drei zentralen Abwehrspielern erweist sich auch dann als vorteilhaft, wenn einer der Verteidiger eng an seinem Gegenspieler bleibt und ihn ins Mittelfeld verfolgt.

Zwei absichernde Verteidiger stehen dann bereit, um hinten die Räume zu schließen. Das schnelle vertikale Spiel in die Tiefe und das Einlaufen in freie Räume wird dem Gegner erschwert.

Anfälligkeit der Dreierkette

Die Konzentration auf das Zentrum offenbart zugleich allerdings auch die große Schwachstelle des Systems. Während in Taktiken mit Viererkette die Außenbahnen durch jeweils zwei Spieler besetzt sind, beackert im 3-5-2 nur ein Akteur den gesamten Flügel. Beide Außenspieler müssen extrem laufstark sein, um die schwächere Besetzung der Flügel auszugleichen.

Mit Alessandro Schöpf und Sead Kolašinac stehen gleich zwei Paradebeispiele dieses Spieler-Typs im königsblauen Kader. "Ich kann die Mannschaft in der Defensive unterstützen, indem ich mit einrücke, ich kann ihr aber auch vorn im Strafraum helfen." erläutert der Österreicher seine Spielweise im "kicker".

13,2 Kilometer lief Rechtsaußen Schöpf im Spiel gegen Bremen - Ligabestwert am letzten Spieltag. Die Statistik untermauert den Stellenwert des Winter-Einkaufs auf Schalke. Schöpfs Pendant auf links, der "Bosnische Hulk" Kolašinac, konnte sich in neuer Rolle gar auf die Wunschzettel diverser Premier League Klubs spielen.

Seit der Umstellung auf ein 3-5-2 im Oktober haben die Königsblauen noch kein Spiel verloren. "Das System, das wir aktuell favorisieren, halte ich nicht für besser als andere Systeme, aber es ist das, was für uns aktuell am besten passt", bringt Weinzierl die Erfolgsformel auf den Punkt.

Conte als Vorreiter des 3-5-2

Als weltweit führender Verfechter des 3-5-2 gilt Chelseas Teammanager Antonio Conte. Er praktizierte sein bevorzugtes System bereits jahrelang erfolgreich bei Juve und in der italienischen Nationalmannschaft. "Wir verfolgen jetzt einen anderen Ansatz, ein anderes taktisches System" erläuterte Conte seine Änderungen gegenüber englischen Medien.

Fünf Premier-League-Siege in Serie und 16:0 Tore geben ihm Recht und dürften viele Zweifler auf der Insel überzeugt haben. Die Blues zählen auch dank der Systemumstellung wieder zum Kreis der Titelanwärter.

Auch die deutsche Nationalmannschaft, Borussia Dortmund oder zuletzt Pep Guardiolas Manchester City bestritten schon einzelne Partien im 3-5-2. Bleibt die Frage: Wer stellt als nächstes sein System um?

Fabian Benterbusch und Patrick Senft

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