07.07.2016 22:53 Uhr

Neu-Dortmunder im Rampenlicht angekommen

Raphaël Guerreiro steht mit Portugal im EM-Finale
Raphaël Guerreiro steht mit Portugal im EM-Finale

Die Orientierung verlor Raphaël Guerreiro erst nach dem Einzug ins Endspiel. Etwas hilflos eilte der Portugiese kurz vor Mitternacht durch die Katakomben des Stade de Lyon. Auf dem Weg zum Mannschaftsbus machte er plötzlich kehrt, um noch einmal in die Kabine zurückzukehren. Sagen wollte der Neuzugang von Borussia Dortmunds nichts. Er genoss den 2:0-Erfolg im Halbfinale gegen Wales still.

Guerreiro ist kein Selbstdarsteller, er lässt lieber Taten auf dem Platz sprechen. Den Führungstreffer von Cristano Ronaldo bereitete der 22 Jahre alte Linksverteidiger mit einer präzisen Flanke mustergültig vor. In Dortmund werden sie das mit Genugtuung registriert haben. Aber nicht nur aufgrund dieser Aktion ist die Vorfreude beim deutschen Vizemeister auf den Neuzugang vom französischen Erstligisten FC Lorient groß.

"Raphael Guerreiro ist ein technisch versierter Spieler, der sich auf mehreren Positionen zu Hause fühlt. Wir sind sehr froh, dass er sich für Borussia Dortmund entschieden hat", hatte Sportdirektor Michael Zorc betont. Der BVB stattete Guerreiro mit einem Vierjahresvertrag bis Juni 2020 aus. Der Wechsel zum Champions-League-Teilnehmer ist der nächste Schritt in einer Karriere, die auch ganz anders hätte verlaufen können.

"Ich habe Portugal in meinem Herzen"

Guerreiro, Sohn eines portugiesischen Vaters und einer französischen Mutter, zog im Alter von zwölf Jahren zusammen mit Paul Pogba (Juventus Turin) und Raphaël Varane (Real Madrid) in die berühmte Akademie des französischen Fußball-Verbandes in Clairefontaine. Doch während sich Pogba und Varane für die Equipe tricolore entschieden, folgte Guerreiro seinem Herzen.

"Schon als ich klein war, habe ich immer mit den Portugiesen mitgefiebert und nicht so sehr mit den Franzosen. Ich habe Portugal in meinem Herzen", sagte Guerreiro. Hinzu kam eine schwere Verletzung, durch die er aus dem Blickfeld des französischen Verbandes verschwand.

Clever und aufnahmefähig

Vor drei Jahren lief Guerreiro erstmals für Portugals U21 auf, im November 2014 folgte das Debüt in der Nationalmannschaft - obwohl er kaum Portugiesisch sprach. "Nur wenn wir langsam gesprochen haben, konnten wir uns unterhalten. Er hat nur sehr wenig gesagt. Er ist ein eher introvertierter Typ und redet nicht viel", sagte sein U21-Trainer Rui Jorge.

Aufgrund seiner vorbildlichen Einstellung war Guerreiro schon in der Jugend ein Liebling der Trainer. "Wir mussten ihm Dinge nicht acht Tage lang erklären. Er hat immer aufmerksam zugehört und alles schnell aufgenommen", sagte Ex-Coach Patrice Garande.

Rückkehr zu den Wurzeln

Durch sein taktisch kluges Verhalten kompensierte er auch seine körperlichen Nachteile. "Ich war immer kleiner als die anderen in meiner Mannschaft, aber das war nie ein Problem für mich", sagte Guerreiro, "ich habe andere Wege gefunden, um mitzuhalten."

Diese Wege führen ihn am Sonntag nach St. Denis. Es ist fast eine Heimkehr. Geboren und aufgewachsen ist Guerreiro in Le Blanc-Mesnil, einem der Zentren der Unruhen in Frankreich im Oktober und November 2005. Von dort sind es nicht mal zehn Kilometer bis ins Stade de France, dort wartet im Endspiel ausgerechnet Frankreich.

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