21.06.2016 10:12 Uhr

Irland: "Rüpel" Keane glaubt ans Achtelfinale

Roy Keane gibt den Einpeitscher für die Iren
Roy Keane gibt den Einpeitscher für die Iren

Vom drohenden Vorrunden-K.o. will der Co-Trainer nichts wissen. Vor dem Gruppenfinale gegen Ex-Weltmeister Italien übernahm Roy Keane mit gewohnt markigen Sprüchen die Rolle des Einpeitschers bei der noch sieglosen irischen Nationalmannschaft.

"Du musst Eier haben, es ist ein Männersport", sagte der 44-Jährige vor der Partie am Mittwoch in Lille. Nur ein Sieg gegen die mutmaßliche B-Elf der bereits als Gruppensieger feststehenden Italiener eröffnet den Iren doch noch die Chance aufs EM-Achtelfinale.

Nach dem braven Auftritt beim 0:3 gegen Belgien forderte der einstige Rüpel-Profi unverblümt zu einem härteren Einsteigen gegen die Italiener auf. Man könne auch mal einen Spieler so foulen, dass er vom Platz müsse, sagte Keane. "Es ist kein Verbrechen. Du könntest eine Gelbe Karte bekommen oder sogar eine Rote, aber vielleicht gewinnt dein Team. Du musst Opfer bringen für deine Mannschaft."

Da war er wieder, der alte Roy Keane. Seit November 2013 arbeitet er an der Seite von Martin O'Neill. Und man tut weder dem besonnenen Chefcoach noch dem alternden Angreifer Robbie Keane Unrecht, wenn man den Assistenztrainer als wahren Star der Boys in Green tituliert. "Keane, wie ein König", schrieb das französische Fachblatt "L'Équipe" zum Auftakt der EM. "France Football" widmete Keane eine ganze Seite in ihrer fast schon poetischen Rubrik "Nachspielzeit".

Prall gefüllte Skandalakte

Im Training steht bei den Iren eine der streitbarsten und charismatischsten Figuren des internationalen Fußballs auf dem Platz. Die Liste der Verfehlungen und Anekdoten aus der Vergangenheit ist wesentlich länger als die Erfolgsbilanz der irischen Nationalmannschaft. Als Profi war Keane ein schlimmer und teilweise böswilliger Rüpel.

Von 1993 bis 2005 spielte er für Manchester United und holte siebenmal die englische Meisterschaft und viermal den Pokal. 1999 zählte er zu der Mannschaft, die das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern München in der Schlussphase noch 2:1 gewann. Nach einem Jahr bei Celtic Glasgow beendete er 2006 seine aktive Karriere wegen diverser Verletzungssorgen.

In seiner Autobiografie "Die zweite Halbzeit" erzählte Keane offen von seiner langjährigen Alkoholsucht. Er schreibt über die Revancheabsichten bei einem Foul an Manchester-City-Profi Alf Inge Haaland im April 2001. Der Norweger hatte sich dabei einen Kreuzbandriss zugezogen und wurde zum Sportinvaliden. "Ich habe ihm richtig einen verpasst. Das ist für Dich, Du Scheißkerl. Ich habe gar nicht auf die Karte des Schiedsrichters gewartet. Ich bin gleich vom Platz gegangen", schilderte Keane die Szene.

"Wir sind nicht hier, um Freundschaften zu schließen"

Der "Guardian" urteilte über diese Passage in dem Buch: "Das hatte mehr mit einem Gangster als mit einem von Millionen verehrten Fußballer zu tun." 2002 flog Keane während der Vorbereitung auf die WM in Japan und Südkorea aus dem Kader der Nationalelf, weil er Trainer Mick McCarthy beleidigte. Vor seinem Abschied bei ManUnited lästerte er in einem durch eine Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangten Interview über Mitspieler und die Vereinsführung.

Rio Ferdinand bezeichnete er als "schwachen Verteidiger. Nur weil er 180 000 Euro pro Woche verdient und mal 20 Minuten gut gegen Tottenham gespielt hat, glaubt er, er sei ein Superstar." Kieran Richardson sei ein "fauler Abwehrspieler, der es verdient, bestraft zu werden." Über seinen Arbeitgeber sagte Englands Fußballer des Jahres 2000: "Jetzt reden sie darüber, im Januar neue Spieler zu verpflichten. Wir sollten das Gegenteil tun und Spieler rausschmeißen." Er selbst kassierte mehr als zehn Platzverweise.

Im EM-Quartier in Versailles erschien Keane regelmäßig zu den Pressekonferenzen. Mal sprach der in Würde Ergraute mit ruhiger Stimme über Taktik und Verletzungssorgen, mal lieferte er sich verbale Scharmützel mit den irischen Reportern, weil diese Details zu seinem Vertrag wissen wollten. Und nun also rechtzeitig zum entscheidenden Match die Rüpel-Rolle. "Gegen Italien musst du gewieft sein. Wir sind nicht hier, um Freundschaften zu schließen", sagte er.

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