13.09.2013 16:57 Uhr

Inter: Ein Riese im Abwärtsstrudel?

Inter musste zuletzt immer wieder den Blick nach unten richten - das will das neu aufgebaute Team ändern
Inter musste zuletzt immer wieder den Blick nach unten richten - das will das neu aufgebaute Team ändern

Trainerentlassungen, personeller Wandel, sportliche Talfahrt - seit dem Triple 2010 geht es für Inter bergab. Ist der neue Coach Walter Mazzari der richtige Mann, um wieder Kontinuität nach Mailand zu bringen?

Es ist ein kurzer Augenblick, den Fußball-Fans nie vergessen werden: Inter Mailand hat soeben das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern mit 2:0 gewonnen. Mit dem Schlusspfiff bricht es aus Trainer José Mourinho heraus. Der exzentrische Portugiese legt einen denkwürdigen Triumphlauf quer über den Rasen hin. Mit hochgereckter Faust stürmt er zu den mitgereisten Azzurri und lässt sich feiern. Der Jubel kennt keine Grenzen mehr. Sie haben es geschafft. Inter Mailand ist die beste Mannschaft Europas.

Das war im Mai 2010 – im wohl größten Jahr in der Geschichte des Klubs. Mit José Mourinho feierten die Nerazzurri nicht nur den Sieg in der Champions League, sondern setzten sich auch noch in der heimischen Meisterschaft und im Pokal durch. Ein Erfolg mit Ansage.

Schon in den Jahren zuvor hatten die Mailänder die Serie A dominiert. Das Triple war das i-Tüpfelchen. Doch ist der größte Triumph in der Vereinsgeschichte zum Fluch geworden? Seither richtet Inter den Blick steil nach unten.

Die Jahre bis zum Gipfel des Erfolgs

In den Anfängen des neuen Jahrtausends hatte Inter den Ruf eines schlafenden Riesen. Ihnen war es vor allem in den 90ern nie gelungen, das Potenzial voll auszuschöpfen.

1995 trat Massimo Moratti auf die Bildfläche. Der Öl-Mäzen übernahm den Verein und pumpte fortan etliche Millionen in den Klub. Geholfen hat es zunächst nicht.

Besonders die Position des Cheftrainers blieb ein Sorgenkind. Bis zum Amtsantritt von Roberto Mancini (2004) gab es unter Moratti mit Héctor Cúper lediglich einen Trainer, der zwei volle Spielzeiten im Amt blieb. Roy Hodgson und Marcelo Lippi waren nur zwei von insgesamt 13 Fußballlehrern, denen Moratti den Laufpass gab.

Erst Mancini brachte endlich die erhoffte Stabilität, vor allem aber auch den Erfolg. Drei Meistertitel und zwei Pokalsiege konnte er erringen. Trotz des Erfolgs musste Mancini 2008 gehen – zu groß waren die Differenzen zwischen dem Erfolgstrainer und seinen Spielern geworden. Der Weg war frei für José Mourinho. Die Trainer-Diva holte 2009 ebenfalls den Scudetto und gewann 2010 nach dem lang ersehnten Sieg in der Champions League das Triple.

Schleudersitz Mailand

Nur fünf Tage nach diesem historischen Erfolg verkündete „Mou“ seinen Abschied aus Mailand. Die Zeit für Veränderungen war gekommen. Mit seinem Weggang brach im italienischen Traditionsverein erneut das Trainerchaos aus.

Benitez, Leonardo, Ranieri – wer auch immer sein Glück bei den "Nerazzurri" versuchte, er fand es nicht. Kaum einer blieb länger als ein paar Monate. Die Trainerbank der Mailänder war schon wieder zu einem Schleudersitz geworden. Sage und schreibe fünf Fußballlehrer mussten in der Zeit zwischen dem Champions-League-Triumph und dem Amtsantritt von Walter Mazzarri in diesem Sommer den Hut nehmen. Eine entscheidende Ursache für die sportliche Talfahrt.

Die Transferpolitik

Ein anderer Grund ist dieTransferpolitik der letzten Jahre. Vor der Triple-Saison holte man Spieler wie Diego Milito, Wesley Sneijder und Samuel Eto'o. Mit das Beste, was der Transfermarkt zu dieser Zeit hergab. Es sollte aber vorerst das letzte große Lebenszeichen der Mailänder bleiben. In den Folgejahren musste man aufgrund finanzieller Engpässe kleinere Brötchen backen. Der Transferumsatz sank von gut 200 Millionen Euro (2009/10) zur aktuellen Saison auf rund 40 Millionen Euro.

Doch Geld zu investieren und zu generieren ist nur die eine Seite der Medaille. Sportlich müssen sich die Investitionen natürlich auch rechnen. Und genau hier war der Knackpunkt: Teure Transfers wie die von Giampaolo Pazzini (19 Mio.) oder Andrea Ranocchia (12,5 Mio.) floppten. Die Neuzugänge waren über ihrem Zenit oder brauchten zu viel Zeit, um sich im Team zu etablieren. Gleichzeitig verließen arrivierte Kicker wie Sneijder, Balotelli oder Thiago Motta den Verein.

Dass man sich in Sachen Transferinvestitionen in den letzten Jahre etwas zurückgenommen hat bzw. sich zurücknehmen musste, hat aber auch einen positiven Nebeneffekt. Denn im Sinne des von der UEFA eingeforderten Financial Fairplay ist die defensivere Einkaufspolitik ein Schritt in die richtige Richtung. So äußerte sich Karl-Heinz Rummenigge, Vorsitzender der European Club Association, schon in einigen Interviews positiv über den finanziellen Weg, den der Mailänder Klub eingeschlagen hat.

Die neue Saison als Beginn einer Ära?

Sportlich ist Inter gut in die neue Saison gestartet. Nach sechs Punkten aus zwei Spielen keimt in der Stadt wieder Hoffnung auf eine erfolgreiche Saison. Und mit Walter Mazzarri könnte man einen Trainer beschäftigen, der das Amt länger als nur eine halbe Saison bekleiden darf. Schließlich war er es, der den SSC Neapel in den letzten Jahren mit kontinuierlicher Arbeit zurück in die oberen Tabellenregionen führte.

Für einen erfolgsverwöhnten Verein wie Inter ist eine Saison ohne Europapokal-Teilnahme wenig wert. Doch vielleicht liegt genau darin auch eine Chance: Nun ist es an Mazzarri, seine Mannschaft gezielt auf die Meisterschaft und den Pokal zu fokussieren und die schlechteste Saison seit 1993/94 aus dem Gedächtnis verschwinden zu lassen.

Bis zum 19. Scudetto dürfte es allerdings ein harter Weg werden. Vor allem wenn der Schatten von 2010 noch weiter seine Kreise zieht.

 

Nils Marlow / Christian Schenzel

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten