22.03.2024 16:51 Uhr

Im Auge des Sturms: Nagelsmann will "nur kicken"

Nagelsmann und die DFB-Elf treffen auf Frankreich
Nagelsmann und die DFB-Elf treffen auf Frankreich

Im Auge des Sturms blieb Julian Nagelsmann seelenruhig. "Wir kicken. Es ist nur Fußball", sagte der Bundestrainer bestimmt. Der riesige Trubel um den Ausrüsterwechsel und die frische Diskussion über seine Zukunft sollen ihn keinesfalls davon abhalten, im Hyper-Stresstest gegen Frankreich das EM-Feuer zu entfachen - und endlich seine Startelf zu finden.

"Alles negativ, schlimm und schlecht - das bringt uns nichts! Wir haben zwei extrem wichtige Spiele", sagte Nagelsmann am Freitag, "da habe ich viele Kapazitäten, die ich aber allein für den Fußball brauchen werde. Das ist meine Baustelle."

Und die ist groß genug. Nagelsmanns radikaler Umbruch kommt im sonnigen Lyon auf Europas härtesten Prüfstand - und der Bundestrainer geht es an wie ein Brettspiel. "Wenn man irgendwo teilnimmt, sollte man gewinnen wollen, selbst beim 'Mensch ärgere Dich nicht'", sagte er vor dem Klassiker gegen Kylian Mbappe und die anderen Vize-Weltmeister am Samstag (21.00 Uhr/ZDF): "Ich will immer gewinnen, deswegen habe ich viel Streit mit meiner Mama."

Nagelsmann: Kroos "kein Heilsbringer"

Wolle seine Mannschaft vor 56.000 Fans im Groupama Stadium nicht gewinnen, betonte Nagelsmann, "machen wir lieber Urlaub". Keine drei Monate vor der Heim-EM war der kurze Flug aber eine Dienstreise mit höchster Priorität, bei der sich der Bundestrainer "Rocky-Balboa-Videos" oder ähnlichen Schnickschnack zur Motivation sparte.

Ein Teil seines Plans ist ohnehin bereits durchkreuzt. In seinen Einzelgesprächen zur Rollenverteilung hatte der Bundestrainer Manuel Neuer eröffnet, dass dieser nach 15 Monaten Zwangspause wieder die Nummer 1 sein würde - doch der Bayern-Torwart musste wegen eines Muskelfaserrisses abreisen; Neuer behalte seinen Status, betonte Nagelsmann, in Lyon wird er aber wieder von Marc-Andre ter Stegen ersetzt. Auch Jan-Niklas Beste und Aleksandar Pavlovic stehen nicht zur Verfügung.

Dafür gibt es im deutschen Spiel einen neuen, alten Fixstern. Toni Kroos ist nach drei Jahren Auszeit zurückgekehrt und wird gleich wieder einer der Chefs sein. Er sei sicherlich "kein Heilsbringer", sagte der Weltmeister von 2014, er sehe seine Aufgabe darin, die "Jungs" wie Florian Wirtz oder die neue Nummer 10 Jamal Musiala "in Positionen zu bringen, in denen sie uns Spaß machen". Der aufgerückte Kapitän Ilkay Gündogan betonte, es sei "toll, den Toni auf dem Platz hinter sich zu haben".

"Wenn wir keinen Mut haben, ..."

Nagelsmann hat kräftig durchgewürfelt. Sechs Neulinge hatte er berufen, vier sind übrig: Der Stuttgarter Block aus Deniz Undav, Maximilian Mittelstädt, der neben der neuen Stamm-Innenverteidigung aus Jonathan Tah und Antonio Rüdiger links starten wird, und Waldemar Anton, dazu Maximilian Beier aus Hoffenheim.

Weniger als drei Monate vor dem EM-Auftakt gegen Schottland (14. Juni) ist das erstaunlich viel "frischer Wind", wie Nagelsmann es nennt. "Irgendeiner muss der erste sein, der dir etwas zutraut", sagte er, "wenn wir keinen Mut haben, wird immer alles bleiben, wie es ist."

Und der Bundestrainer selbst? Bleibt er, wo er ist? Es scheint sich ein Türchen geöffnet zu haben, der Deutsche Fußball-Bund wirbt intensiv um eine Vertragsverlängerung. Nagelsmann wollte aber auch am Freitag keine "Karten auf den Tisch legen". Wichtig ist ihm das Einspielen einer ersten Elf, auch wenn Sportdirektor Rudi Völler ihm als Mahner in den Ohren liegt: "Rudi sagt, es kann sich immer noch jemand in den Fokus spielen."

Welche Positionen sind in der DFB-Elf umkämpft?

Umkämpft erscheinen drei Positionen: Im Angriff erhält gegen Frankreich Kai Havertz den Vorzug vor Niclas Füllkrug. Den "Worker" neben Kroos wird entweder Pascal Groß oder Robert Andrich geben. Hinten links könnte perspektivisch auch David Raum agieren. Rechts verteidigt der zwangsversetzte Joshua Kimmich.

In Lyon stellt sich ohnehin ein beinahe unlösbares Problem: ein Wirbelwind namens Mbappe. "Der ist zwei km/h schneller als alle anderen", sagte Nagelsmann. "Wenn man einen findet, der so schnell ist, kann den auch einer aus der Kreisliga verteidigen." Bisher hat sich niemand gefunden.

Ein Reizthema der vergangenen Tage wird übrigens (noch) keines sein: Ihr pink-lila Auswärtstrikot trägt die deutsche Mannschaft erst am Dienstag gegen die Niederlande in Frankfurt.

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