28.01.2021 15:20 Uhr

Warum Klopps Liverpool in der Krise steckt

Jürgen Klopp steckt mit dem FC Liverpool in der Krise
Jürgen Klopp steckt mit dem FC Liverpool in der Krise

Nach zwei rauschhaften Spielzeiten mit den Titeln in Champions League Premier League, steckt der FC Liverpool aktuell in der Krise. Vor dem richtungsweisenden Duell mit José Mourinhos Tottenham Hotspur am Donnerstag (21:00 Uhr im LIVE-Ticker) schrillen bei Teammanager Jürgen Klopp die Alarmglocken. Was läuft schief bei den Reds?

Fünf Ligaspiele in Folge ohne Sieg (drei Unentschieden, zwei Niederlagen), seit vier Partien torlos, sieben Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Manchester City, dazu das bittere Pokal-Aus beim Erzrivalen Manchester United - für den FC Liverpool läuft es derzeit fraglos alles andere als rund.

Allzu oft gibt der auf Platz fünf abgerutschte Kult-Klub von der Mersey momentan ein unglückliches Bild ab. Wie konnte es so weit kommen? Vier Gründe für die Krise drängen sich auf:

  • FC Liverpool in der Krise: Die anhaltende Verletzungsmisere

Auch wenn der FC Liverpool in den vergangenen Jahren nie frei von Verletzungssorgen war, ist die Situation in der laufenden Saison doch eine gänzlich andere.

Mit Virgil van Dijk (Kreuzbandanriss) und Joe Gomez (Patellasehnenprobleme) fallen die beiden Stamm-Innenverteidiger der Reds seit Monaten aus, ihre Rückkehr ist weiterhin nicht absehbar. Das Herzstück der Abwehr ersetzen zu müssen, war auch für Klopp neu.

Zur Wahrheit gehört freilich, dass van Dijk vor seiner folgenschweren Blessur im Derby gegen Everton am 5. Spieltag noch nicht in Top-Form war. Die Hälfte (!) der bisherigen 22 Gegentore kassierte Liverpool in den wenigen Begegnungen, in denen der Niederländer mitwirken konnte. Dennoch fehlt er als Führungsspieler an allen Ecken und Enden.

Kaum weniger dürften sich die Reds über den Ausfall von Sommer-Neuzugang Diogo Jota geärgert haben. Bis zu seiner Knieprellung Anfang Dezember war der für 45 Millionen Euro aus Wolverhampton gekommene Portugiese DIE Entdeckung beim amtierenden Meister. Ohne ihn kam der Konkurrenzkampf in der Offensive quasi zum Erliegen.

  • FC Liverpool in der Krise: Die enttäuschenden Neuzugänge

Dass manch ein Liverpool-Star trotz Formschwäche zuletzt einen Freifahrtschein zu besitzen schien, hängt unmittelbar mit einem weiteren Problem des Klubs zusammen: der allenfalls durchwachsenen Transferpolitik.

Nach dem Triumph in der Königsklasse 2019 auf teure Neuzugänge zu verzichten, erwies sich zunächst noch als gute Entscheidung. Das Team war harmonisch und titelhungrig, auch die zweite Reihe zog vorbildlich mit.

Ein Jahr später sollten dann doch frische Impulse her, weshalb mit Thiago, der für rund 22 Millionen Euro vom FC Bayern losgeeist wurde, und Diogo Jota zwei namhafte Profis an der Anfield Road aufschlugen.

Während Jota zu überzeugen wusste, blieb Thiago bislang weit hinter den hohen Erwartungen zurück. Erst steckte sich der Spanier mit dem Coronavirus an, dann verletzte er sich am Knie und fehlte fast zwei Monate.

Kurz vor Silvester kehrte der Ballverteiler schließlich zurück, sucht seither aber noch seinen Rhythmus. Kritische Stimmen mehren sich. "Thiago liebt Ballbesitz, doch der LFC war am besten, als er schnell gespielt hat", stellte der frühere Reds-Antreiber Dietmar Hamann kürzlich fest.


Mehr dazu: Thiago in der Kritik: "Der absolut falsche Mann für Liverpool"


Komplett enttäuscht haben bisher auch die für die Kaderbreite verpflichteten Takumi Minamino, der im vorigen Winter für 8,5 Millionen aus Salzburg geholt worden war, und Konstantinos Tsimikas (Olympiakos Piräus, 13 Mio. Euro).

Während Linksaußen Minamino mit der englischen Härte nicht zurechtkommt, wirkt Linksverteidiger Tsimikas vom Tempo auf der Insel überfordert. Zudem schlägt sich der Grieche immer wieder mit kleineren Blessuren herum.

  • FC Liverpool in der Krise: Das knallharte Programm

Seit Jahren kämpft Jürgen Klopp verzweifelt für einen entzerrten Terminkalender, im Zuge der Corona-Pandemie sind seine Erfolgschancen jedoch äußerst gering.

Fakt ist: Schon jetzt hat der FC Liverpool 30 Pflichtspiele in fünf verschiedenen Wettbewerben auf dem Buckel. Besserung ist nicht in Sicht, schließlich muss die Saison im Schatten der umstrittenen EM 2021 bis Ende Mai durchgeprügelt werden.

Bei den Reds hinterlässt das Mammutprogramm der Spieler, die auch noch Länderspielreisen bewältigen müssen, deutlich sichtbare Spuren.

Bis zum Achtelfinal-Hinspiel in der Champions League gegen RB Leipzig am 16. Februar sind noch fünf (!) Liga-Spiele zu absolvieren, darunter gegen Tottenham, Spitzenreiter Manchester City sowie die formstarken Europacup-Anwärter Leicester City und West Ham United.

Der enge Zeitplan, gepaart mit ungeliebten Anstoßzeiten am Mittag, frustriert Klopp zusehends. "Was immer ich auch sage: Es hilft nichts. Also höre ich auf zu reden. Es ist reine Zeitverschwendung", klagte der FIFA-Welttrainer im November und legte sich mit einem TV-Reporter an.

Dass Liverpool aus den beiden nationalen Pokalwettbewerben bereits ausgeschieden ist, dürfte dem Deutschen daher insgeheim nicht ungelegen kommen. Priorität besitzen ohnehin Premier League und Königsklasse.

  • FC Liverpool in der Krise: Nicht mehr genug Hunger?

So groß der Hunger auf große Titel an der Mersey gewesen sein mag, so gestillt wirkt das Verlangen heute. Den Liga-Titel nach 30 Jahren wieder zu gewinnen, hat die größte Sehnsucht aller Fans befriedigt und die beteiligten Spieler zu Helden gemacht.

Allein: Weiter nach oben geht's nicht mehr. Und das ist bei dem einen oder anderen Star zu spüren. Speziell die anhaltende Torflaute der Weltklasse-Sturmreihe Mohamed Salah, Sadio Mané und Roberto Firmino stimmt bedenklich, Klopp sprach unlängst von einer "offensiven Krise".

Der erfahrene Coach muss einen Weg finden, seine Sorgenkinder wieder in den Vollgas-Modus zu bringen. Bislang tun sie sich mit der Rolle des Gejagten schwer. Im Vorjahr war beim damaligen Titelverteidiger in der Champions League ein Spannungsabfall zu erkennen, der sich in der Meisterschaft nun zu wiederholen scheint.

Klopp weiß um die Gefahren der augenblicklichen Situation. Nach der extrem schmerzhaften 0:1-Niederlage gegen Kellerkind FC Burnley, die eine Serie von 68 ungeschlagenen Heimspielen beendete, redete der frühere BVB-Trainer Klartext.

"Du kannst dir vorstellen, dass das Titelrennen derzeit nicht wirklich mein Problem ist. Das wäre sehr lustig, wenn wir jetzt darüber reden. Wir sollten zuerst etwas ändern", entgegnete er einem neugierigen Reporter.

Ein sportliches Ausrufezeichen gegen die Spurs wäre ein guter Anfang.

Heiko Lütkehus

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