14.01.2021 19:02 Uhr

Plötzlich eine Macht: Wie ManUnited die Krise(n) überlebte

Zuletzt Matchwinner und
Zuletzt Matchwinner und "endlich" Anführer: Paul Pogba von Manchester United

Plötzlich mischt Manchester United im Titelkampf der Premier League mit. Vor dem Spitzenspiel gegen Verfolger (!) FC Liverpool stellt sich aber die Frage, ob der jüngste Höhenflug der Red Devils wirklich von Dauer sein kann. Trotz der sensationellen Wiederauferstehung der Mannschaft von Teammanager Ole Gunnar Solskjaer schwingt so mancher Zweifel mit.

Rückschläge, Krisen, Kritik. Für Verantwortliche und Spieler von Manchester United gehörten sie in der jüngeren Vergangenheit mitunter zum Tagesgeschäft. Allein die letzten vier Monate hatten es für den Klub aus dem Nordwesten der Insel in sich.

Hier eine kleine Auswahl: Da wäre der mäßige Saisonstart und die heftige 1:6-Pleite gegen Ex-Manager José Mourinho und dessen Spurs. Da wäre die große Kritik an panischen Transfers vor der Deadline im Oktober. Da wäre die blamable Schlappe in der Champions League gegen Istanbul Basaksehir und das letztendliche Aus in der Gruppenphase. Es hatte sich ausgeträumt, im "Theatre of Dreams", der Heimstätte von Manchester United. Nicht einmal, sondern immer wieder stand Solskjaer vor dem Aus.

Und dann wäre da die Gegenwart: Platz eins nach 17 Spielen in der Premier League. Der Vorsprung auf Meister Liverpool beträgt drei Punkte. Seit elf Partien ist man ungeschlagen, neun dieser Spiele wurden gewonnen.

Plötzlich ist United Meisterschaftsanwärter. In der Liga wie im Pokal warten nun Duelle gegen Liverpool, auf Augenhöhe wohlgemerkt. Wie konnte das passieren, bei all den Krisen?

Paul Pogba als Phoenix aus der Asche

Anteil am Aufschwung hat ausgerechnet Paul Pogba, den so mancher United-Fan schon zum Teufel gejagt hatte. Der hochveranlagte Weltmeister galt zu oft als einer jener Superstars, die für ihr Geld zu wenig Leistung zeigen. Mehr Mitläufer als Anführer. Eben jener Paul Pogba ist nun - wie Phoenix aus der Asche - so etwas wie der Mann der Stunde.

Seit Dezember legte der Franzose in zahlreichen Statistiken zu. Pogba kommt laut "Statsbomb" mittlerweile auf 1,2 Schlüsselpässe pro 90 Minuten (in den Spielen bis dato lag der Wert bei nur 0,48). Er kreiert zudem mehr Schuss-Chancen für seine Mitspieler (3,6 zu 1,9 pro 90 Minuten) und ist auch selbst gefährlicher vor dem Tor. Im einstudierten 4-2-3-1 überzeugte er zuletzt im Mittelfeld neben Routinier Nemanja Matic.

"Nun sind wir da, wo wir hinwollen", sagte Siegtorschütze Pogba daher nach dem so mühevollen wie richtungsweisenden 1:0 gegen den FC Burnley am vergangenen Wochenende selbstbewusst. Die Leistung gegen den Tabellen-16. "beweist, dass wir fokussiert sind. So werden wir besser".

Zusammen mit Uniteds Top-Scorer Bruno Fernandes (elf Tore, sieben Vorlagen), dem wohl besten Transfer der letzten Jahre, hält Paul Pogba dieser Tage das Gleichgewicht.

Vier Jahre nach seinem 105-Millionen-Wechsel ist der 27-Jährige "endlich" in Top-Form, unken daher auch die englischen Gazetten. Plötzlich ist die Welt wieder heile, Abschiedsgedanken spricht Pogba längst nicht mehr aus.

Manchester United mutiert zur Auswärtsmacht

Doch nicht nur innerhalb der letzten zweieinhalb Monate - seit Anfang November ging kein Liga-Spiel verloren - hat eine Entwicklung stattgefunden. Ein Blick auf die Tabelle des 17. Spieltags der Vorsaison offenbart den Aufschwung der Solskjaer-Schützlinge: 25 Punkte (und damit satte 24 Zähler weniger als Liverpool), hatte ManUnited damals auf dem Konto. Nun haben die Red Devils schon 36 Punkte gesammelt.

Solskjaer hat aus der Millionentruppe einen eingeschworenen Haufen, aus Einzelkönnern eine Mannschaft geformt. Es sind eher Arbeitssiege, die sein Team Woche für Woche einfährt. Mitunter mischt sich aber auch ein Gala-Auftritt wie der gegen Leeds United (6:2) darunter.

Beeindruckend zudem, wie sich sein Team auf fremdem Platz schlägt. ManUnited reist am Sonntag (17:30 Uhr) als ungeschlagene Auswärtsmacht (sieben Siege, ein Remis) zu den Reds. Noch beeindruckender: Die Spiele gegen Brighton, Newcastle United, Everton, Southampton, West Ham und Sheffield United gewann man trotz Rückstand. Mentalität als Schlüssel des Erfolgs.

Die Zweifel schwingen mit

Der norwegische Teammanager weiß vor dem Duell gegen Jürgen Klopps Meisterschaftsfavoriten aber nur allzu gut, dass zum ersten großen Wurf seit 2013, als Sir Alex Ferguson den 20. Titel der Vereinsgeschichte einfuhr, noch viel fehlt. "Niemand erinnert sich an die Tabelle vom 12. Januar", so ein realistischer Solskjaer.

Da sein Team bislang nur ein wirkliches Top-Spiel in dieser Saison gewann, nämlich gegen den aktuellen Tabellenfünften Everton (3:1), schwingen eben auch weiterhin die Zweifel mit.

Ob Manchester United also bald den 23. Mai 2021 mit Freuden in Erinnerung behalten wird, das Datum des letzten Spieltags, lässt sich trotz der beeindruckenden Serie freilich nicht erahnen. Ein Sechs-Punkte-Vorsprung auf Liverpool würde aber sicher neue Träume im "Theatre of Dreams" zulassen. 

Gerrit Kleiböhmer

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