14.11.2019 16:30 Uhr

Vor 85 Jahren: Das brutalste Spiel der Geschichte

Gewohntes Bild: Ein verletzter Engländer am Boden
Gewohntes Bild: Ein verletzter Engländer am Boden

Das legendäre Duell zwischen England und Weltmeister Italien im Londoner Highbury Stadium am 14. November 1934 galt als das "echte" WM-Finale dieses Jahres – und ging als eins der brutalsten Spiele überhaupt in die Geschichte des Fußballs ein.

Im Vorfeld der Partie gaben sich die englischen Medien großspurig. "England sollte gewinnen und zwar deutlich", schrieb der "Daily Express" und der "Daily Mirror" tönte: "Ein Sieg mit zehn Toren Unterschied sollte das Ziel sein."

Das Mutterland des Fußballs stellte nach eigenem Selbstverständnis zu dieser Zeit das beste Team der Welt. Die Endrunde in Italien wenige Monate zuvor hatten die Engländer allerdings boykottiert.

Das Duell mit dem Titelträger wurde auf der Insel deswegen als das wahre Finale um die globale Fußballvorherrschaft angesehen

Knapper Sieg für England

Weil auch Italiens Diktator Benito Mussolini seine Spieler im Vorfeld ordentlich heiß gemacht und zu Botschaftern des Faschismus ernannt hatte, war von Anfang an Feuer in der Partie.

Bereits in der zehnten Minute brach sich Italiens Mittelfeldmann Luis Monti in einem Zweikampf den Fuß. Seine Mannschaft musste in Unterzahl weiterspielen.

Und zunächst schienen Englands Zeitungen mit ihren Vorhersagen Recht zu behalten: Nach nicht einmal einer Viertelstunde führten die Gastgeber bereits mit 3:0.

Doch die Italiener gingen nun immer mehr an die Grenzen des Erlaubten - und häufig auch darüber hinaus. Damit kauften die "Löwen von London", wie die Mannschaft in der Heimat genannt wurde, den unerfahrenen Gastgebern – bei denen kein Spieler mehr als zehn Länderspiele vorzuweisen hatte – den Schneid ab.

Nach einem Doppelschlag von Torjäger Guiseppe Meazza in der 59. und 62. Minute schnupperten die Gäste noch am Unentschieden. Es blieb jedoch beim knappen 3:2-Erfolg für England.

"Kein Fußballspiel, sondern eine Schlacht"

Die Three Lions mussten ihren Sieg allerdings teuer bezahlen. Kaum ein Spieler war verschont geblieben: Kapitän Hapgood hatte einen Nasenbeinbruch erlitten, Bowden sich den Knöchel verstaucht. Brooks Arm war gebrochen und eins von Drakes Beinen, laut einem englischen Offiziellen, "fast bis auf den Knochen eingeschnitten". Auch Barker und Copping waren an verschiedenenen Körperteilen dick bandagiert.

Der damals erst 19-jährige Stan Matthews blieb in seinem dritten Einsatz im Nationaltrikot zwar selbst unverletzt, erinnerte sich später aber immer mit Schrecken an eine der härtesten Partien seiner langen Karriere zurück.

"Das war kein Fußballspiel, sondern eine Schlacht", zitierte der "Guardian" einen nicht genannten Nationalspieler. Eine andere Zeitung unterschrieb ihren Spielbericht mit der Zeile "von unserem Kriegskorrespondenten". Der Mythos von der "Schlacht von Highbury" war geboren.

Englischer vs. kontinentaler Fußball

Die Eindrücke des Spiels führten in England zu einer Grundsatzdiskussion über sportliche Vergleiche mit Mannschaften vom europäischen Kontinent.

Nicht nur die knüppelharte Gangart der Squadra Azzurra auf dem Platz mit vielen verstecken Fouls und Nickligkeiten stieß den Erfindern des modernen Fußballs sauer auf.

Empört reagierten sie auch auf die politische Instrumentalisierung der Partie durch das italienische Regime, gipfelnd im faschistischen Gruß der Spieler in Richtung Tribüne nach Spielende.

"Nie wieder soll England gegen ein Team vom Kontinent antreten", forderte Clem Stephenson, Manager des Erstligisten Huddersfield Town und fand damit breite Zustimmung in der britischen Medienlandschaft.

Tatsächlich dauerte es aber nur ein halbes Jahr, bis eine englische Auswahl wieder gegen einen Gegner von der anderen Seite des Kanals antrat. Im Mai 1935 reisten die Fußballer von der Insel in die Niederlande.

Tobias Knoop

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