14.07.2018 11:26 Uhr

Didier Deschamps: General, Glückspilz, Gewinner

Didier Deschamps will mit Frankreich den Titel holen
Didier Deschamps will mit Frankreich den Titel holen

Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps gilt als ultimativer Pragmatiker. Der Erfolg gibt seinem Spiel- und Führungsstil recht.

Schon als Fußballer war Didier Deschamps durch und durch Anti-Romantiker. "Ich habe den Fußball nie des Spielens wegen gespielt, sondern immer des Gewinnens wegen", lautete sein Credo. Mit dem führte er Frankreich als Kapitän 1998 zum erstmaligen WM-Triumph, zwei Jahre später zum EM-Titel.

Seit 2012 ist dieser kompromisslose "General" von einst nun Selectionneur, ultimativer Pragmatiker ist er geblieben. Auf diese Weise gelang dem Rekord-Nationaltrainer (82 Spiele) der nächste Final-Doppelpack. Zwei Jahre nach dem verlorenen Endspiel der Heim-EM 2016 greift seine Auswahl am Sonntag (17:00 Uhr) in Moskau nach dem zweiten Stern. Der würde die Deschamps-Kritiker in der Heimat wohl endlich verstummen lassen.

Kein Konzept, zu viele Regeln, kein Händchen für schwierigere Charaktere - irgendetwas hatte immer irgendjemand an dem Basken auszusetzen. Variierte er sein System, um die vielen Ausnahmekönner besser zur Geltung kommen zu lassen, wurde es ihm nicht als taktische Raffinesse, sondern als Ratlosigkeit ausgelegt.

Ließ er Karim Benzema nach der Sex-Video-Affäre zu Hause, warf man ihm Rassismus vor. Sortierte er nach und nach die Rebellen von 2010 aus, die mit ihrem Trainingsstreik in Südafrika den Ex-Weltmeister der Lächerlichkeit preisgegeben hatten, wurde er als Disziplinfanatiker verspottet.

Image als Glückspilz? "Kümmert mich nicht"

Seit dem Heimturnier 2016 verfolgt ihn der Ruf, in erster Linie ein großer Glückspilz zu sein. Symbolisch dafür steht eine dicke, blaue Katze, die ein Karikaturist der L'Equipe erschuf ("La chatte a Deschamps"). "Ich bin sicher oftmals zur richtigen Zeit am richtigen Ort", sagte Deschamps kürzlich dazu, "aber dass das mein Image sein soll, kümmert mich nicht."

Und auch während dieser WM in Russland wurde schon wieder gelästert. Da kolportierten die Medien, dass Ex-Real-Trainer Zinédine Zidane seinen früheren Teamkollegen (Vertrag bis 2020) vorzeitig ablösen werde, falls "DD" scheitert. Tat er aber nicht.

Stück für Stück hat Deschamps ein Team nach seinem Abbild geformt. Das nüchterne 1:0 im Halbfinale am Dienstag gegen Belgien war der beste Beleg. Der Erfolg basiert jedoch auch auf der Entscheidung, nicht die 23 größten Talente nach Russland mitzunehmen, sondern einen Kader, der zusammenpasst und hundertprozentig hinter seiner Idee vom pragmatischen Fußball steht.

In einer Liga mit Beckenbauer und Zagallo?

Deschamps versteht es zudem, seine schillernden Stars wie Paul Pogba, Kylian Mbappé und Antoine Griezmann so zu führen, dass sie ihre Brillanz nicht für die Galerie, sondern im Sinne des Teamgedanken ausspielen. "Er weiß, wie man mit Spielern spricht, wie er seine Botschaften vermittelt", versicherte Pogba.

Den Teamgedanken verschärfte Deschamps noch durch seinen Jugendstil. Erfahrene Spieler wie Benzema oder Mamadou Sakho sortierte er für die WM aus, ein Shootingstar wie der Stuttgarter Benjamin Pavard avancierte zur Stammkraft auf der rechten Abwehrseite.

Deschamps kann nun selbst in einen elitären Zirkel aufsteigen. Bislang haben nur Franz Beckenbauer und Mario Zagallo den WM-Pokal als Spieler und Trainer gewonnen. Für seine Spieler ist der Stern, der dank Deschamps und den Helden von 1998 auf dem französischen Trikot prangt, Antrieb genug. "Ich habe diesen Stern nicht gewonnen. Ich will meinen eigenen", sagte Pogba.

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