30.05.2017 12:43 Uhr

BVB trennt sich von Tuchel - Favre im Anflug

Thomas Tuchel ist kein BVB-Trainer mehr
Thomas Tuchel ist kein BVB-Trainer mehr

Borussia Dortmund hat sich am Dienstag wie erwartet von Trainer Thomas Tuchel getrennt. Der Coach selbst bestätigte das Ende seiner zweijährigen Amtszeit zunächst über seinen offiziellen Twitter-Kanal. Der BVB zog wenig später in einem offiziellen Statement nach. Nachfolger Lucien Favre steht einem Medienbericht zufolge schon in den Startlöchern.

"Ich bin dankbar für zwei schöne, ereignisreiche und aufregende Jahre. Schade, dass es nicht weitergeht", schrieb der 43-Jährige und richtete seinen Dank "an die Fans, an die Mannschaft, an den Staff und an alle, die uns unterstützt haben". Er wünsche dem BVB alles Gute.

Die Entscheidung über die Trennung soll bei einem nur 21-minütigen Treffen zwischen den Parteien gefallen sein. Das berichtet die "Bild". Demnach hätten Tuchel, sein Berater Olaf Meinking und die Vereinsführung im Hotel 'L'Arrivée' zusammengesessen - dem Hotel also, in dem sich das Team auch vor dem Bombenanschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus am 11. April aufhielt.

Einen Nachfolger wird der BVB laut "Ruhrnachrichten" frühestens in der kommenden Woche präsentieren.

Keine Aussage zu den Hintergründen

Der Verein verabschiedete sich von Tuchel und schrieb in einer ersten Stellungnahme: "Wir bedanken uns bei Thomas Tuchel und seinem Trainerstab für die sportlich erfolgreiche Arbeit beim BVB. Für seine berufliche Zukunft wünschen wir Thomas Tuchel nur das Allerbeste."

Zu den Hintergründen werde man sich nicht äußern, heißt es. Darüber hinaus stellte der BVB klar, "dass es sich bei der Ursache der Trennung keinesfalls um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei Personen handelt".

Das Wohl des Vereins Borussia Dortmund werde grundsätzlich immer wichtiger sein als Einzelpersonen und mögliche Differenzen zwischen diesen.

Satte Abfindung in Millionenhöhe

Tuchels Vertrag in Dortmund wäre noch bis 2018 gelaufen. Er erhält eine Abfindung in Höhe von rund drei Millionen Euro. Neben dem Chef-Coach müssen offenbar auch Co-Trainer Arno Michels, Athletik-Trainer Rainer Schrey und Video-Analyst Benjamin Weber die Borussia verlassen.

Wirklich überraschend kommt die Trennung zwischen Tuchel und dem Klub nicht. Der mächtige BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte mit seinem brisanten Interview ("Klarer Dissens") vor dem enorm wichtigen Spiel gegen 1899 Hoffenheim am 6. Mai den letzten Anstoß gegeben.

Beide Seiten hatten in den vergangenen Wochen auf jede erdenkliche Weise versucht, ihre Deutung des tiefen internen Zerwürfnisses zu platzieren - und sie damit öffentlich als Wahrheit zu verankern. Über Berater, lancierte Interviews oder bewusst gestreute Hintergründe.

Bester Punktschnitt der Vereinsgeschichte

Vieles bleibt allerdings auch jetzt unklar. War der Trainer intern derart unerträglich? Lügt er gar, wie Watzke andeutete? Oder liegt die Wahrheit ganz woanders? Konnte Watzke es schlicht nicht ertragen, wie glänzend Tuchel menschlich nach dem Bomben-Attentat vom 11. April dastand? War das Verhältnis zur Mannschaft irreparabel beschädigt? Die Reaktionen auf die Ausbootung von Nuri Şahin für das Pokalfinale am Samstag wies klar darauf hin.

Es ist jedenfalls die Scheidung einer Ehe, die das Potenzial zur Traumbeziehung gehabt hätte. Tuchel verlässt den BVB als Pokalsieger, er führte die Mannschaft direkt in die Champions League, sein Punkteschnitt (2,12 inklusive DFB-Pokal/Europapokal) ist der beste der Vereinsgeschichte. Er hat in zwei Jahren kein Liga-Heimspiel verloren. Sportliche Gründe für eine Trennung existieren nicht.

Tuchel ein "Diktator"?

Doch: Es geht eben auch um das Menschliche. Der 43-Jährige hat sich - wie schon 2014 beim FSV Mainz 05 - zum zweiten Mal innerhalb des Vereins derart isoliert, dass die Trennung als einziger Ausweg blieb. Eine Fortsetzung wäre wohl ein Tanz am Rande des Vulkans gewesen.

Die Erklärung, Tuchel sei kein "Typ Jürgen Klopp", greift zu kurz. Das hätte jeder beim BVB wissen müssen. Der einst von Tuchel in Mainz aus der Profimannschaft verbannte Torhüter Heinz Müller sprach von "Mobbing hoch zehn" und schimpfte Tuchel einen "Diktator".

Das ist sicherlich übertrieben. Eher ist Tuchel ein versessener Detailfresser mit unverrückbaren Vorstellungen, der wohl wahrlich ein Quälgeist sein kann. Dem BVB wunde das zu viel. Präsident Reinhard Rauball und Sportdirektor Michael Zorc stellten sich demonstrativ an Watzkes Seite.

Ist Favre der Richtige?

Tuchel dürfte dennoch keine Probleme haben, einen neuen Verein zu finden. Im Frühjahr war halb Europa verliebt in den jungen, stürmischen, phasenweise berauschenden BVB-Stil. Dies ist in England aufmerksam registriert worden. Aus der Bundesliga soll Bayer Leverkusen lebhaft Interesse zeigen.

Für den BVB stellt sich die Frage, ob Lucien Favre der richtige Nachfolger ist. Der Schweizer war bisher überall erfolgreich, das spricht eindeutig für ihn. Er gilt aber auch als eigenbrötlerisch.

Laut "kicker" sind sich die Dortmunder mit dem früheren Trainer von Borussia Mönchengladbach bereits einig. In den Verhandlungen mit Favres aktuellem Arbeigeber OGC Nizza geht es demnach nur noch um die Ablöse. Dem Vernehmen nach fordert der französischen Erstligist satte fünf Millionen Euro.

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