04.04.2017 11:33 Uhr

Delaney: Werders neuer Micoud?

Voll eingeschlagen: Thomas Delaney (r.)
Voll eingeschlagen: Thomas Delaney (r.)

Vor dem Dienstagabend-Spiel gegen den FC Schalke 04 plagen Werder-Trainer Alexander Nouri Personalsorgen. Wie gut, dass er auf eine formstarke Konstante bauen kann: Winter-Neuzugang Thomas Delaney.

"Das Bezirksamt Hamburg-Altona hat meinem Antrag stattgegeben. Ich heiße jetzt 'Jan Delaney'", witzelte Musiker Jan Delay auf Twitter nach dem fulminanten Spiel am vergangenen Samstag. Der Werder-Fan durfte gleich drei Treffer des dänischen Mittelfeldspielers beim 5:2-Auswärtssieg in Freiburg bejubeln – ein Novum für Thomas Delaney: "Ob ich schon einmal drei Tore geschossen habe? Nein - noch nicht einmal zwei", sagte der Matchwinner grinsend, nachdem er mit Sprechchören von den eigenen Anhängern gefeiert wurde.

Tore schießen kann er also auch, der Bremer Königstransfer. Im Winter kam Delaney vom FC Kopenhagen an die Weser und spielt sich seitdem in die Herzen der Fans. Werder-Ehrenpräsident Klaus-Dieter Fischer fasst zusammen: "Delaney kann alles: Er ist schnell, er geht in die Zweikämpfe, er ist ein Kopfballspieler, er schießt Tore, er hat große, große Laufwege. Er muss gar nicht gefragt werden, ob er eine Leaderrolle hat. Er ist einfach der Leader." Nicht umsonst werden bei den heimischen Fans Erinnerungen an einen anderen Anführer aus glorreichen Zeiten wach: Johan Micoud.

Kopf der Mannschaft

Tatsächlich hat der Sohn eines US-Amerikaners und einer Dänin wie damals der Franzose seit seinem ersten Spiel für den SVW die Fäden in der Hand. Seine Kollegen in der Zentrale Clemens Fritz oder Zlatko Junuzović sind zwar sehr kampfstark, agieren mit dem Ball am Fuß aber oft zu hastig. Thomas Delaney hingegen hat den Kopf stets oben. Wie einst Micoud hat er den grün-weißen Taktstab sicher in der Hand, entscheidet auf dem Platz wo es lang geht. Der dänische Nationalspieler bringt ein beruhigendes Element ins Werder-Spiel, das den Hanseaten momentan offensichtlich richtig gut tut.

Im zentralen Mittelfeld fehlte den Bremern seit Jahren ein spielstarker und ballsicherer Akteur. Philipp Bargfrede ist dauerhaft verletzt und zudem eher ein klassischer Abräumer als ein Stratege. Mehmet Ekici, Ludovic Obraniak und Cédric Makiadi sind gnadenlos gescheitert. Florian Grillitsch und Eigengewächs Maximilian Eggestein sind durchaus spielstark, aber auch noch zu unerfahren.

Thomas Delaney hingegen fordert die Bälle, übernimmt Verantwortung und gibt seinen Mitspielern dadurch enorme Sicherheit, so wie es auch Micoud unmittelbar nach seinem Einstand im Jahr 2002 tat. Mitspieler Max Kruse resümiert: "Er hat vom ersten Tag an gezeigt, dass auf ihn Verlass ist. Er lebt es vor, immer 100 Prozent geben zu müssen. Solche Typen brauchen wir."

Lob von Mitspielern und Trainern

Das spiegelt sich auch in der Gegentorquote wider: In 18 Spielen ohne den 25-Jährigen kassierte Werder im Schnitt 1,9 Treffer pro Spiel – ein unterirdischer Wert. Seitdem Delaney im Zentrum agiert, werden wesentlich weniger Fehlpässe und Ballverluste im Spielaufbau produziert. Die Folge: In den acht Partien mit Delaney-Beteiligung mussten die Grün-Weißen nur noch durchschnittlich 1,1 Gegentore hinnehmen.

"Die Stabilität kommt aus der ganzen Mannschaft", sagt der Däne demütig. Abwehrchef Lamine Sané weist aber auf die deutliche Steigerung hin: "Thomas ist dieser feste Sechser, der erste Filter, der die Arbeit in der Abwehr erleichtert." Delaney selbst sieht seine Stärken dabei sogar eher weiter vorne.

"Wir wissen, dass er offensiv gute Laufwege und eine hohe Qualität im Abschluss hat. Dass er drei Tore in einem Spiel macht, wird aber trotzdem nicht so häufig vorkommen", sagt Manager Frank Baumann. "Viel wichtiger ist er für uns im Mittelfeld. Durch seine Aggressivität, seine Laufbereitschaft."

Premier League? - Irgendwann!

Klar ist aber, dass die starken Leistungen anderen Klubs nicht verborgen bleiben. Schon im Winter, bevor Delaney überhaupt eine Minute für Werder auf dem Feld stand, wollte der FC Everton den Antreiber verpflichten. Im Sommer werden wohl noch mehr Vereine anklopfen. "Ich denke schon, dass ich irgendwann reif für die Premier League bin", kommentiert der Däne das Interesse von der Insel. "Aber für meine persönliche Entwicklung war es die beste Entscheidung, hier nach Bremen zu wechseln."

Schon nach einem halben Jahr wieder zu verschwinden, dass passt ohnehin nicht zu dem Mann, der über zehn Jahre für seinen Ex-Klub Kopenhagen spielte. Die Frage, wie er auf Angebote im Sommer reagieren würde, konterte er lässig: "Ich habe gerade erst teure Sofas bekommen. Und einen Stuhl", sagte er. "Ich glaube, ich sollte noch ein bisschen bleiben." Vor allem die norddeutschen Bezirksämter sollten sich also schon einmal vorbereiten: Macht Thomas Delaney so weiter, werden noch ein paar Namensänderungsanträge eingehen.

Benedikt Strickmann

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