26.09.2016 13:50 Uhr

Büskens ist schlechter als Barišić

Der neue Rapid-Coach Mike Büskens kann nach Punkten nicht mit Ex-Trainer Zoran Barišić mithalten
Der neue Rapid-Coach Mike Büskens kann nach Punkten nicht mit Ex-Trainer Zoran Barišić mithalten

Das erste Viertel der Bundesliga-Saison 2016/17 ist vorbei. Beim SK Rapid ist dabei eines deutlich ersichtlich: Neo-Coach Mike Büskens liegt beim Punkteschnitt klar hinter seinem Vorgänger Zoran Barišić. Der Trainerwechsel hat beim Rekordmeister offensichtlich nicht die sportlichen Probleme gelöst.

Sechs Zähler weniger als Tabellenführer Sturm, trotz dem Abgang einiger Schlüsselspieler des Meisters erneut hinter RB Salzburg, gleich viele Punkte wie Altach und von neun Meisterschaftsspielen nur vier gewonnen: Die Rapid-Bilanz Ende September 2016 schaut ganz und gar nicht nach den Geschmack der Verantwortlichen bei den Grün-Weißen aus. Noch vor einem Jahr hatte man unter Zoran Barišić drei Zähler mehr auf dem Konto und stand auf Platz eins.
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Unter Nachfolger Mike Büskens wurde trotz des spürbar größeren Heimvorteils im neuen Stadion in Wien-Hütteldorf sowie den Neuzugängen Ivan Močinić, Arnór Ingvi Traustason, Joelinton, Christoph Schösswendter oder Giorgi Kvilitaia weniger gepunktet. weltfussball begibt sich auf Spurensuche für die Rapid-Probleme.

Geschmacklose Ablöse mit Nachwirkung

Als am 6. Juni völlig überraschend die "einvernehmliche Trennung" von Zoran Barišić bekanntgegeben wurde, lief bei Rapid einiges schief. Der Trainerwechsel wurde so verkauft, dass man "in sehr freundschaftlicher Atmosphäre zu dem gemeinsamen Entschluss kam, die Zusammenarbeit einvernehmlich zu beenden."

Noch viel schlimmer: Man ließ durchklingen, dass Barišić selbst um die Vertragsauflösung gebeten hat. "Er hat in den letzten drei Jahren unsere Mannschaft hervorragend weiterentwickelt.  Andererseits ist klar, dass diese Zeit sehr herausfordernd und kräfteraubend war. Daher kommen wir dem Wunsch von unserem sehr verdienten Trainer nach einer einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses nach", wurde Rapid-Sportchef Andreas Müller zitiert.

Es wurde versucht eine Wirklichkeit zu konstruieren, die es so nie gab. Barišić wollte unbedingt bei seinem Lieblingsverein als Trainer weiter arbeiten. Das neue Stadion lockte. Rapid entschied sich anders. Man traute "Zoki" den lang ersehnten Titel nicht zu. Weder Sportboss Müller noch Vereinspräsident Michael Krammer hatten jedoch den Mut dies klar auszusprechen.

Die sportlichen Ziele mit einem Titelgewinn nicht erreicht. Dreimal in Folge Vizemeister hinter dem erklärten Klassenfeind RB Salzburg und im ÖFB-Cup jeweils vorzeitig gescheitert: Zu wenig für Rapid. Eine Aussage, die gegenüber Barišić hart, aber zumindest fair gewesen wäre. Stattdessen flüchtete man sich in die "einvernehmliche Trennung", die darüberhinaus durch eine langfristige Vertragsverlängerung auch äußerst kostenintensiv war. 

Kampfansagen ohne Substanz

Als Nachfolger wurde mit Mike Büskens ein ehemaliger Mitspieler von Andreas Müller bei Schalke 04 engagiert. Beim ÖFB-Länderspiel gegen die Niederlande kurz vor der Europameisterschaft spürte der neue Rapid-Coach im Prater "die Energie eines vollen Stadions" und traf eine Entscheidung: "Ja, ich will den in mir steckenden Wahnsinn noch einmal auf den Platz bringen."

Müller stellte Kumpel Büskens mit Rekordeinkäufen eine Mannschaft zusammen, die endlich wieder die Schale nach Hütteldorf zurückholen soll. Rapid-Präsident Michael Krammer ging sogar noch einen Schritt weiter. "Wir werden das im nächsten Jahr richten!", lehnte sich der Vereinsboss verbal weit aus dem Fenster, als er auf das erneute Salzburger Scheitern in der Qualifikation der Champions League angesprochen wurde.

"Das wurde geschnitten, aus dem Zusammenhang gerissen, war auch etwas im Scherz gemeint", ruderte Krammer später zurück. Es wurde weder geschnitten, noch aus dem Zusammenhang gerissen. Ob es im Scherz gemeint war, weiß nur der Rapid-Präsident. Vielleicht traut er ja seiner Mannschaft den Meistertitel selbst nicht zu.

Immerhin gab Krammer noch eine klare Devise aus: "Jeder im Verein ist gefordert, für den Titel alles zu tun."

Sportchef Müller steht im Blickpunkt

Jeder. Nicht nur Trainer Mike Büskens, der die Liga noch nicht kannte. Nun weiß er, wie es ist wenn man in Altach verliert. Oder in Wofsberg und St. Pölten nur einen Punkt holt.

Sportdirektor Andreas Müller kannte diese grün-weißen Schwierigkeiten schon länger. Er hatte dies auch immer wieder klar angesprochen. "Es kann sein, dass wir untereinander nicht die Härte haben, die manchmal nötig ist, um Konflikte auszutragen. Wir müssen als Verein härter zu uns selbst sein. So können wir dann auch Hürden überwinden", beschrieb Müller die zahlreichen Punkteverluste in der Meisterschaft unter Zoran Barišić.

"Wir sehen jetzt, auf welche Spieler wir uns verlassen können und mit wem wir planen. Man sieht wer dem Druck, den man bei Rapid hat, gewachsen ist. Wir werden auch schauen, was von unserer Seite versäumt worden ist, um eine Chance zu nutzen, die zum Greifen nah war", meinte der Rapid-Sportchef im Frühjahr nach der verpassten Meisterschaft.

Transfer-Flops und abgeschobene Führungsspieler

Vielleicht kommt bei Rapid ja auch mal wer auf die Idee und beschäftigt sich genauer mit der Arbeit des Sportchefs selbst. Der im Sommer 2015 mit Philipp Huspek, Stefan Nutz und Tomi einen Transfer-Hattrick in Grödig gelandet hatte. Mit großen Hoffnungen für die Zukunft. Nur wo? Huspek ist aktuell Flügelflitzer bei Spitzenreiter Sturm Graz, Nutz wurde nach Vertragsauflösung nach Ried abgeschoben und Tomi spielte bei Rapid trotz der Dreifach-Belastung mit Bundesliga, Europa League und ÖFB-Cup noch keine einzige Minute.

Der Spanier teilt dieses Schicksal mit Ex-Abwehrchef Mario Sonnleitner. Der erhielt - von Müller - einen Vertrag bis 2019. War Führungsspieler, kaufte sich die lebenslange Rapid-Mitgliedschaft und sprach nach Europacup-Glanzlichtern stimmungstechnisch von "europäischer Weltklasse". Jetzt genießt er diese auf der Tribüne. Philipp Malicsek kam vor der Saison von Admira Wacker als große Nachwuchs-Hoffnung und starken Auftritten in Österreichs U19-Nationalteam. Einsatzzeit bei Rapid? Erraten, keine einzige Minute.

Warum können nur die beiden Freunde Andreas Müller und Mike Büskens beantworten. Der Sportchef kündigte ja schon in der vergangenen Saison an. "Eine Meisterschaft ist wie ein 400-Meter-Lauf. Da muss man in den letzten 100 oder 50 Metern Stehvermögen haben und über den inneren Schweinehund hinausgehen. Es geht nicht mehr um schönen Fußball, sondern nur noch um nackte Ergebnisse."

Stimmt. Am Saisonende wird man ja wissen, wie der Vergleich zwischen Zoran Barišić und Mike Büskens nach 36 Runden ausfällt.

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Christian Tragschitz

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