23.09.2015 17:00 Uhr

London Derby: Ein bisschen Hass muss sein

Vor dem North London Derby spielen nicht nur die Arsenal-Fans verrückt
Vor dem North London Derby spielen nicht nur die Arsenal-Fans verrückt

Das North London derby zwischen Tottenham und Arsenal gilt nicht umsonst als "Hass-Duell". Nachdem ein Geschäftsmann den Stein vor 96 Jahren ins Rollen brachte, hat sich eine der größten Rivalitäten des englischen Fußballs entwickelt.

Auf dem Papier trennen die beiden Vereine aus dem Norden Londons nur neun Kilometer. In der Realität liegen zwischen den Tottenham Hotspur und dem Arsenal Football Club Welten. Nicht unbedingt auf, dafür abseits des Platzes. Die Klubs und deren Anhänger pflegen eine Rivalität, die im Königreich ihresgleichen sucht. Der Ursprung dieser Fehde liegt dabei fast ein Jahrhundert zurück.

Was mit dem Umzug der Gunners aus dem Süden der Stadt in den Norden - dem "Hoheitsgebiet" der Spurs - begann, setzte sich mit den dubiosen Ereignissen im Sommer 1919 fort. Die erste Liga sollte damals von 20 auf 22 Klubs aufgestockt werden. Tottenham meldete als 20. der abgelaufenen Erstligasaison Ansprüche an. Ebenso Barnsley, das als Dritter der zweiten Liga als möglicher "Nachrücker" galt.

Den Zuschlag erhielt letztlich aber Arsenal. Wie und mit welchen Mitteln der damalige AFC-Chairman Norris die FA-Spitze davon überzeugte, den sportlich schwächeren Zweitligisten in die erste Liga zu befördern, ist bis heute nicht geklärt. Als sicher gilt, dass Norris sein Ziel durch Erpressung und/oder Bestechung erreichte - allein die Beweise fehlen. Dass sich die FA und die Gunners daraufhin den Zorn der Spurs-Fans zuzogen, überrascht nicht. Das Ende vom Lied: Eine der größten Fehden im britischen Fußball war geschaffen.

Arsenal feiert an der White Hart Lane

In den folgenden Jahren entwickelten sich die Klubs sportlich in entgegengesetzte Richtungen. Während aus den Spurs eine Mannschaft wurde, die sich erst mit dem Aufstieg 1950 in der ersten Liga etablierte, feierte Arsenal bis zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Meistertitel. Der Rivalität und Abneigung tat die oftmals unterschiedliche Ligazugehörigkeit aber keinen Abbruch.

Interessante, kuriose, wichtige und brisante Spiele und Randgeschichten lieferte das North London derby in den letzten 65 Jahren zuhauf. Die Siege gegen den Erzrivalen schmeckten dabei besonders süß.

Einen der bedeutendsten Triumphe feierten die Gunners am letzten Spieltag der Saison 1971/72. Arsenal musste an der White Hart Lane gewinnen oder 0:0 spielen, um sich den Titel zu sichern. In der 87. Minute erlöste Ray Kennedy die rot-weiße Anhängerschaft mit seinem Tor zum 1:0 und stürzte die Spurs ins Tal der Tränen.

Spurs schlagen zurück

Zwei Jahrzehnte später, am 14. April 1991, drehten die Spurs den Spieß um und bezwangen Arsenal im FA-Cup-Halbfinale. Die Gunners jagten in jener Spielzeit das Double, hatten die Rechnung aber ohne die Nachbarn gemacht. Paul Gascoigne und zweimal Gary Lineker schossen Tottenham überraschend in das Endspiel. Seitdem wird der 14. April an der White Hart Lane nur noch als "St. Hotspur Day" bezeichnet.

Die nächste Retourkutsche folgte im Jahr 2001. Sol Campbell, einer der besten Spieler der Spurs, wechselte ausgerechnet zum AFC. Mehr als eine Ohrfeige für die Fans aus Tottenham. "Er ist hier, um Titel zu gewinnen", ließ sich Arsène Wenger eine verbale Spitze in Richtung des chronisch erfolglosen Erzrivalen nicht entgehen. Fortan galt Campbell bei den Spurs-Supportern als "Judas" und wurde mit entsprechenden Plakaten bei jedem Spiel begrüßt.

Walcotts großer Auftritt

Auch in der jüngsten Vergangenheit gab es immer wieder Aufreger, die das North London derby prägten. Als Theo Walcott 2014 im FA-Cup-Spiel an der White Hart Lane verletzt vom Platz getragen wurde, bedachten ihn die Tottenham-Fans mit hämischen Rufen. Walcott zeigte den Supportern daraufhin den aktuellen Spielstand mit seinen Händen an (Arsenal führte mit 2:0) und grinste schelmisch über beide Backen.

Auch wenn die Rivalität heute andere Züge als damals angenommen hat, lässt keine der beiden Seiten eine Chance aus, dem Nachbarn eins auszuwischen. So wurde Neuzugang Heung-min Son bei seiner Ankunft in Tottenham direkt mitgeteilt, er dürfe sich noch nicht mal ein rotes Auto kaufen, verriet er der koreanischen Zeitung "JoongAng Ilbo". Wer sich im Vorfeld des Derbys an der White Hart Lane aufhält, kann sich zudem mit Toilettenpapier eindecken - bedruckt mit dem Vereinslogo des Arsenal FC.

Die ein oder andere Spitze wird sicher auch am Mittwoch vor dem Duell im League Cup fliegen (ab 20:45 Uhr im Liveticker). Zum achten Mal treffen beide Klubs im Ligapokal aufeinander. Sportlich läuft es sowohl für die Gunners als auch für die Spurs derzeit durchwachsen - ein Sieg gegen den Erzrivalen und die Fans können den schlechten Saisonstart zumindest für einen Abend vergessen.

Mehr dazu:
>> alle Spiele zwischen Tottenham und Arsenal in der Übersicht

Christian Schenzel

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