18.06.2015 13:35 Uhr

Zwischenfazit: WM trotz Kunstrasen ein Erfolg

Die Nachteile des Kunstrasens
Die Nachteile des Kunstrasens

36 Spiele sind gemacht, die längste Vorrunde mit 24 Teams bei einer Frauen-WM ist Geschichte. Insgesamt ist das Kunstrasenturnier in Kanada ein großer Erfolg.

Auch wenn es ein paar Ausreißer gab, ist das Spielniveau der Mannschaften in der Breite gestiegen. Positive Überraschungen lieferten einige WM-Neulinge und Exoten. Doch so richtig los geht die WM nun mit dem Achtelfinale.

Die wichtigsten Aspekte der Vorrunde im Fokus

KUNSTRASEN: Die Vorbehalte gegen die erste Fußball-WM auf Kunstrasen waren groß, die Diskussionen im Vorfeld heftig. Gemessen daran, sind die Spiele auf dem nach wie vor ungeliebten und problematischen Geläuf fast geräuschlos verlaufen. Allerdings gab es viele Beschwerden über eine unzureichende Bewässerung und zu viel Granulat oder Sand auf den Plätzen. In manchen Spielen wurde so das Spieltempo extrem verlangsamt. Schwere Verletzungen gab es kaum, dennoch bleibt es dabei: Ein solches Turnier mit vielen Spielen in kurzer Zeit ist eine extreme Belastung für die Akteurinnen und eine Herausforderung für Trainer und medizinische Abteilungen. Langzeitfolgen sind noch nicht absehbar. Glücklich über den Kunstrasen ist niemand. Weil die FIFA aber keine Alternative zuließ, fand man sich damit ab. Pluspunkte konnte das künstliche Geläufe außer bei der FIFA sicherlich nirgendwo sammeln.

STIMMUNG: Viele Menschen in den sechs Spielorten interessieren sich für die WM. Doch ein Frauenfußball-Hype in Kanada ist nicht auszumachen, auch wenn die WM im TV stark präsent ist und mit vielen Stars geworben wird. Für die bunt bemalten, meist jüngeren weiblichen Fans aus allen Ländern ist die WM ein absolutes Highlight, das sie genießen. Die Stimmung in den gut gefüllten Stadien ist von Fairness und familiärem Miteinander geprägt. Richtig laut wird es aber nur, wenn Gastgeber Kanada oder die USA spielen. Dann gibt es Kreischalarm!

SPIELNIVEAU: Daumen hoch! Das nochmals gestiegene Niveau wäre noch besser, wenn auf gewohntem Naturrasen gespielt würde. Die Umstellung bereitet vielen Spielerinnen noch immer sichtlich Probleme. Gleichwohl sind Tempo, Technik und taktische Verhalten beachtlich. "Die Spiele sind sehr gut", befindet DFB-Managerin Doris Fitschen. Kantersiege wie das 10:0 des Europameisters gegen die Elfenbeinküste oder das 10:1 der Schweiz gegen Ecuador blieben die Ausnahme, was die größere Ausgeglichenheit unterstreicht. Die Spitze im weltweiten Frauenfußball ist in der Breite definitiv nochmals gewachsen.

TORAUSBEUTE: Insgesamt sind bisher 107 Tore in 36 Partien gefallen. Damit hat das Turnier beste Chancen zur torreichsten WM-Endrunde zu werden. Bisher fielen 1999 mit 123 die meisten Tore bei einer Weltmeisterschaft. Dazu brauchte man '99 allerdings auch insgesamt nur 32 Partien, was bis heute mit 3,84 Treffer auch den höchsten Durchschnitt in Sachen Torausbeute pro Partie bedeutet. Dass bei der diesjährigen Endrunde bisher lediglich 2,97 Treffer pro Spiel gefallen sind, ist letztlich auch mit dem gestiegenen Niveau im Frauen-Fußball zu erklären. Im Vergleich zur WM in Deutschland vor vier Jahren dürfen sich die kanadischen Fans bisher jedenfalls über torreichere Begegnungen freuen. 2011 durften die Zuschauer insgesamt nur 86 Tore in 32 Spielen bejubeln. Das entspricht einem Schnitt von lediglich 2,69 Treffern pro Partie und bildet bis heute den schwächsten Wert einer Weltmeisterschaft.

STELLENWERT: Dass der Stellenwert des Frauen-Fußballs global auch durch die Erweiterung des Teilnehmerfeldes weiter steigen kann, beweisen die acht WM-Neulinge höchst selbst. So ist in Thailand durch die Auftritte und den ersten WM-Sieg ihres Teams gegen die Elfenbeinküste der Frauen-Fußball in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und im Ansehen gestiegen. Auch das Weiterkommen der drei WM-Debütanten Niederlande, Schweiz oder Kamerun dürfte dem Prestige der Fußballerinnen im jeweiligen Land zuträglich sein.

Auf dem deutschen TV-Markt scheint sich die Begeisterung für den Frauen-Fußball durch die WM 2011 im eigenen Lande und den Gewinn der Europameisterschaft 2013 auch ungebremst weiterentwickeln zu können. Das Gruppenspiel der DFB-Frauen gegen Vize-Europameister Norwegen verfolgten auf der ARD rund sieben Millionen Fußball-Fans an den TV-Geräten. Das entsprach an dem Abend einem Marktanteil von 33,9 Prozent und zeigt, welchen Stellenwert ein Spiel der Frauen-Nationalmannschaft hierzulande mittlerweile haben kann.

FAVORITEN: Wenn die Vorrunde eines gezeigt hat, dann das: Es gibt keinen klaren Turnierfavoriten, was große Spannung und enge Spiele in der K.o.-Runde verspricht. Das DFB-Team schoss mit 15 die weitaus meisten Tore, hatte aber auch die leichteste Gruppe. Bundestrainerin Neid hat recht, wenn sie acht Teams den Titel zutraut. Mitfavoriten wie Titelverteidiger Japan, USA, Frankreich, Norwegen oder Gastgeber Kanada zeigten Schwächen. Trotz einiger Achtungserfolge von Exoten stehen die üblichen Verdächtigen im Achtelfinale. Was aber auch am Modus und der Größe des Teilnehmerfeldes liegt. Der nächste deutsche Gegner Schweden wäre nach altem Reglement schon auf dem Heimweg. Auch die WM-Neulinge Niederlande und Schweiz sowie Kolumbien rutschten so eben noch als beste Gruppen-Dritte in die nächste Runde.

DEUTSCHLAND: Mit Licht und Schatten. Beim Kantersieg gegen die Elfenbeinküste wie im Rausch, beim 1:1 gegen Norwegen mit einer überragenden ersten und einer deutlich schwächeren zweiten Hälfte. Das 4:0 gegen Thailand, allerdings nicht mit der ersten Elf erspielt, entsprach nicht dem eigenen Anspruch. "Das ist alles nicht mehr wichtig. Denn jetzt geht's erst richtig los", betont Neid. Fehler oder mangelnde Konzentration darf sich das Team ab jetzt nicht mehr erlauben. "Die würden sofort bestraft", sagt Abwehrchefin Annike Krahn. Fazit und Ausblick: Die DFB-Auswahl besitzt großes Potenzial und hat noch einige Reserven.

dpa/wfb

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