04.07.2014 09:37 Uhr

"The Explosive One": Pinto rockt die WM

Jorge Luis Pinto ist der Urheber des costa-ricanischen WM-Märchens. "The Explosive One", der als erster kolumbianischer Trainer überhaupt in einem WM-Viertelfinale steht, gilt als südamerikanische Antwort auf José Mourinho.

Sie rümpften die Nase, rollten mit den Augen - ja sogar ungeniertes Gelächter war zu vernehmen, als Jorge Luis Pinto mit seiner frechen Kampfansage mitten in der WM-Vorrunde für Furore sorgte. "Wir sind noch nicht fertig", hatte der charismatische Trainer des Fußball-Zwergs Costa Ricas den Journalisten nach dem Sensationserfolg gegen Italien (1:0) zugerufen, "wir werden hier noch drei, vier Matches haben. Ihr werdet sehen!"

Jetzt, anderthalb Wochen und zwei glanzvolle Auftritte später, ist die anfängliche Skepsis längst Bewunderung gewichen. WM-Debütant Pinto hat nicht bloß Wort gehalten. Nach dem wundersamen Triumphzug bis ins Viertelfinale wird den karibischen Underdogs am Samstag (22.00 Uhr/MESZ) sogar ein Coup gegen die Oranje-Stars der Niederlande zugetraut. Selbst Bundestrainer Joachim Löw ist von der No-Name-Truppe beeindruckt.

Favoritenschreck Costa Rica

"Die Süd- und Mittelamerikaner wollen auf ihrem Kontinent zeigen, wie gut sie sind. Sie werden alles dafür tun, um ihre Fans und ihre Nation zufriedenzustellen", sagte Löw, "die Mannschaften sind extrem stark."

Im Fall des kleinen Karibik-Staates trägt der überraschende Erfolg vor allem die Handschrift Pintos. Mit viel Geduld impfte der 61 Jahre alte Kolumbianer seinen Mittelklasse-Kickern in den vergangenen drei Jahren eine Taktik ein, die selbst die größten Rivalen bei dieser WM vor unlösbare Probleme stellte.

Ob Italien, Uruguay (3:1), England (0:0) oder Griechenland (5:3 i.E.) - sie alle verzweifelten am äußerst flexiblen 5:4:1-System Costa Ricas. Und wenn dann doch mal etwas aufs Tor kam, konnten sich die Ticos ja noch auf Teufelskerl Keylor Navas im Tor verlassen.

Italienischer Fußball als Vorbild

"Unsere Taktik mit einer stabilen Defensive scheint die Gegner zu überraschen", sagt Pinto. Er habe den italienischen Fußball jahrelang beobachtet und sich bei den Azzurri einige Dinge abgeschaut. "Ich habe viele Turniere von ihnen studiert, und die Erkenntnisse daraus wenden wir nun an."

Dies soll auch gegen Arjen Robben und Co. zum Erfolg führen. "Wir freuen uns auf dieses Spiel", sagte Pinto. Seine Mannschaft sei "voller Zuversicht", noch einen weiteren Schritt zu machen. "Wir respektieren die Niederlande, haben aber den absoluten Willen und den Wunsch zu gewinnen."

In der Heimat wird Pinto nicht erst seit der WM als südamerikanischer José Mourinho verehrt. Wie der portugiesische Startrainer vom FC Chelsea hat auch er nie höherklassig gespielt. Pinto schlug stattdessen die akademische Laufbahn ein, bildete sich in Kolumbien, Brasilien und Deutschland weiter. "Ich habe die ganze Welt des Fußballs bereist, um die großen Trainer bei der Arbeit zu beobachten," sagt Pinto.

"The Explosive One"

Auf der Bühne des Weltfußballs ist Pinto nicht gänzlich unbekannt. Das 165 Zentimeter kleine Energiebündel arbeitete schon als Nationaltrainer in seiner Heimat Kolumbien und gewann nationale Meisterschaften in vier verschiedenen Ländern (Peru, Costa Rica, Venezuela, Kolumbien). Auf seiner Internetseite diskutiert er regelmäßig über Spielsysteme und taktische Varianten.

Doch auch als Hitzkopf machte sich Pinto einen Namen, bekam in der Heimat wegen seiner Aussetzer in Anlehnung an sein Vorbild Mourinho ("The Special One") den Spitznamen "The Explosive One" verpasst. So war Pinto wegen wüster Schlägereien mit anderen Trainern und übler Beschimpfungen von Offiziellen schon mehrfach über Wochen gesperrt. "Fußball ist mein Leben, meine Leidenschaft, mein Beruf und meine Ablenkung", sagt er.

Auch in Brasilien wären Pinto am vergangenen Sonntag beinahe die Sicherungen durchgebrannt. Im Achtelfinale gegen Griechenland lief gerade die Nachspielzeit, als der Trainer beim Stand von 1:0 versuchte, dem griechischen Spieler Sokratis an der Seitenlinie ein Bein zu stellen. Im letzten Moment zog Pinto zurück - und vermied noch gerade so eben einen beispiellosen Eklat.

sid

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