06.05.2009 23:45 Uhr

Barcas Kür soll die Kür folgen

Im Allgemeinen ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass Fußballprofis samstagabends vor dem Fernseher hocken. Es ist jedoch gut vorstellbar, dass sich die Spieler des FC Chelsea am vergangenen Samstag, nach ihrem 3:1-Erfolg über Fulham, zum gemütlichen Beisammensein trafen, um gemeinsam zu schauen, wie sich der FC Barcelona, ihr Kontrahent im Champions League-Halbfinale, denn so im Santiago Bernabéu zu Madrid schlägt. Die epochale Vorstellung der Katalanen aber, die von dort in die Fernsehstuben Londons und der übrigen Welt flimmerte, dürfte den Blues durchaus die eine oder andere Schweißperle auf die Stirn getrieben haben. Demütigung, historisch, Weltklasse - die gängigen Vokabeln scheinen irgendwie nicht ausreichend, um dieses fantastische 6:2 gegen den Erzrivalen zu beschreiben. Seit 35 Jahren, seit dem legendären 0:5 gegen Johan Cruyff & Co ist das stolze Real Madrid nicht mehr derart im eigenen Stadion verprügelt worden.
Doch Chelsea ist nicht Real und dass die Blues der derzeit vielleicht besten aber wohl unbestritten aufregendsten Mannschaft des Planeten durchaus die Stirn bieten können, bewiesen sie im Hinspiel. Beim 0:0 im Camp Nou sorgten John Terry & Co zumindest dafür, dass Barca zum ersten Mal in den 28 Heimspielen dieser Saison ohne eigenen Treffer blieb. Die Ausgangsposition der Engländer für das Rückspiel an der Stamford Bridge könnte sicherlich schlechter sein. Der FC Barcelona hingegen will der Gala gegen die Königlichen nun den Einzug ins Finale der Königsklasse folgen lassen – der Kür soll also die Kür folgen.


Ballack droht Finalsperre


Zum fünften Mal in den vergangenen sechs Jahren steht Chelsea nun im Halbfinale der Champions League. Der große Wurf blieb bisher freilich aus. Am nächsten dran war man im vergangenen Jahr, als das Finale gegen Manchester United erst unglücklich im Elfmeterschießen verloren ging. Ein Lied von fehlenden großen Titeln kann auch Michael Ballack, seit 2006 in Diensten Chelseas, singen. Für ihn persönlich war es nach 2002 (1:2 mit Bayer Leverkusen gegen Real Madrid) schon das zweite verlorene Finale im wichtigsten europäischen Wettbewerb. Den dritten Anlauf gefährdet nun nicht allein der FC Barcelona. Ballack müsste im Falle einer Gelben Karte gegen Barca in einem möglichen Finale zuschauen. Ihm droht also das gleiche Dilemma wie schon während der WM 2002, als er nach einer gelben Karte im Halbfinale beim Endspiel gegen Brasilien zuschauen musste


Zwei Wege zum Erfolg


Chelsea gegen Barca ist auch so etwas wie das Aufeinandertreffen zweier unterschiedlicher Auffassungen von erfolgreichem Fußball. Natürlich geht es letztlich um Erfolge und das Gewinnen, aber beim FC Barcelona ist der Anspruch stets ein besonderer. Mannschaften aus der katalanischen Metropole müssen nicht nur gewinnen, sie müssen das Offensivspiel zelebrieren, sie müssen glänzen, sie müssen die Perfektion anstreben. „Més que un club“ – „mehr als nur ein Verein“ lautet der Wahlspruch der Katalanen nicht ohne Grund. Der FC Barcelona im Jahr 2009 kommt diesen Ansprüchen nahe wie kaum eine Auswahl zuvor. 100 Tore in 34 Ligaspielen ( >> Tabelle der Primera Division) oder Vorstellungen wie beim 4:0 gegen den FC Bayern oder eben jenes 6:2 in Madrid untermauern dies eindrucksvoll.
Auf der anderen Seite steht in den letzten Jahren kaum ein Verein so sehr für ein durch taktische Ausgereiftheit und physische Überlegenheit dominiertes Spiel wie der FC Chelsea. Wer mag, kann da auch geradezu symbolischen Charakter im Aufeinandertreffen der Trainer sehen. Denn mit Guus Hiddink und Josep Guardiola scheint hier Altersweisheit auf jugendlichen Übermut zu treffen. Doch allzu ernst sollte man es mit diesem Bild nicht nehmen, will man die beiden Erfolgstrainer nicht in ein zu enges Korsett pressen.


Ausfälle und Umbauten


Dass der FC Barcelona stets mit drei Angreifern zu spielen hat, ist eines der Naturgesetze im Fußball. Doch ausgerechnet nun droht das zuletzt so imponierende Dreigestirn um Lionel Messsi, Samuel Eto'o und Thierry Henry auseinander zu brechen, weil letzteren Knieprobleme plagen. Zudem muss Guardiola auf die Innenverteidiger Rafa Marquez (verletzt) und Puyol (gesperrt) verzichten. Möglich ist, dass Eric Abidal ins Abwehrzentrum rückt und Sylvinho dessen Platz einnimmt oder aber Martin Caceres und Yaya Touré bewerben sich um den Platz neben Pique. Sollte die Wahl auf Touré fallen, könnten dessen Platz im defensiven Mittelfeld Keita und Busquets einnehmen.
Die größte Frage im Lager der Blues dürfte hingegen nur heißen: Mit oder ohne Anelka? Der Franzose, der beim 3:1 gegen Fulham erstmals seit Ende Februar wieder traf, könnte neben dem natürlich gesetzten Torjäger Drogba als zweite Spitze auflaufen. Möglich wäre aber auch, dass Hiddink ihn als Joker in der Hinterhand behält und Drogba entweder auf den Flügeln von Kalou und Malouda assistiert wird oder aber letzterer eine Art Bindeglied zwischen dem Ivorer und Chelseas Mittelfeldtrio Ballack, Essien und Lampard bildet.

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