16.06.2008 23:45 Uhr

1:0 gegen Österreich: DFB-Elf im Viertelfinale

Wien (dpa) - Fußball-Deutschland atmet auf - die Schmach von Cordoba hat sich nicht wiederholt. Mit einem Freistoß-Kracher hat Kapitän Michael Ballack die Hoffnungen der Österreicher auf das «Wunder von Wien» zerstört und die DFB-Elf beim 1:0 (0:0)-Sieg ins EM-Viertelfinale geschossen.

Beim kümmerlichen 1:0-Erfolg gegen den limitierten EM-Gastgeber agierte das Team von Bundestrainer Joachim Löw aber trotz großen Engagements erneut nicht wie ein Titelanwärter und konnte vor 51 428 Zuschauern im Wiener Ernst-Happel-Stadion nur wenig Mut schöpfen für das K.o.-Spiel am Donnerstag in Basel gegen die spielstarken Portugiesen. Ballacks Tor in der 49. Minute wirkte wie eine Erlösung. Im zweiten Spiel der Vorrundengruppe B besiegten die bereits für das Viertelfinale qualifizierten Kroaten Polen mit 1:0 (0:0).

Sein 25. Länderspiel ging vor allem Löw an die Nerven, der nach einem gemeinsamen Platzverweis mit seinem österreichischen Kollegen Josef Hickersberger wegen eines heftigen Disputs 50 Minuten lang auf der Tribüne leiden musste. Nach Angaben eines Offiziellen der Europäischen Fußball-Union muss der Bundestrainer für die nächste Partie mit Sanktionen, eventuell sogar einer Banksperre rechnen.

«Ich bin mit dem Sieg zufrieden, denn es war schon eine enorme Drucksituation», gestand Löw. «Unser Spiel nach vorne war nicht so, wie wir es schon gesehen haben. Die Mannschaft hat sich zu 100 Prozent dem Teamgedanken verschrieben. Es ist klar, dass wir uns für das Viertelfinal-Spiel enorm steigern müssen.» «Erleichtert» war auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf der Tribüne mitgefiebert hatte. Die Mannschaft habe effizient gespielt. «Das gibt Kraft und Mut gegen Portugal», so Merkel. «Es stand für uns heute viel auf dem Spiel, wir könnten nur verlieren. Die Mannschaft hat einen großen Fight geliefert. Wir hätten früh in Führung gehen müssen und mussten dann bis zum Schluss bangen», ließ Ballack das Spiel Revue passieren.

Vier Tage nach der Pleite gegen Kroatien bot die deutsche Elf im Endspiel um den Viertelfinal-Einzug eine Leistung, bei der sich Licht und Schatten abwechselten. Die DFB-Auswahl offenbarte dabei auch Defizite, die nicht darauf hindeuten, dass das große Ziel der «Bergtour 2008» mit dem Titelgewinn erreicht werden kann, und strahlte bisweilen nur wenig Souveränität aus. Löw hatte den Verlierern von Klagenfurt mit Ausnahme des verletzt zuschauenden Marcell Jansen die Möglichkeit zur Wiedergutmachung gegeben. Doch längst nicht alle konnten ihre Chance nutzen.

Der Deckungsverbund mit Arne Friedrich auf der rechten Seite und Philipp Lahm auf links stand recht sicher. Doch ein Schwachpunkt in der Defensive war erneut Christoph Metzelder, der oft zu zaghaft in die Zweikämpfe ging und gegen Österreichs Ein-Mann-Sturm Erwin Hoffer nicht immer gut aussah. Der 31-Jährige aus Klagenfurt vergab in der 83. Minute mit einem Schuss aus der Drehung die große Ausgleichschance für das Austria-Team.

Die größte Möglichkeit, das Spiel für die deutsche Mannschaft in ruhige Bahnen zu lenken, verpasste bereits in der Startphase Mario Gomez, als ihm der Ball zwei Meter vor dem leeren Tor vom Fuß sprang. Der Stuttgarter wirkte danach noch verkrampfter und muss nun wohl um seinen Platz im Sturm neben Miroslav Klose bangen. Nach einer Stunde Spielzeit wurde Gomez durch Thomas Hitzlsperger ersetzt.

Selbst Ballack war auch beim dritten Turnier-Auftritt lange Zeit nicht der erhoffte Kopf in der Schaltzentrale. Doch als es darauf ankam, übernahm der Kapitän Verantwortung und schoss die DFB-Auswahl mit seinem 37. Tor im 84. Länderspiel zum Sieg. Auffälligster Akteur in Reihen des dreimaligen Europameisters war einmal mehr Lukas Podolski. Der Münchner war stets anspielbar und suchte selbst den Abschluss. Nach Gomez' Auswechslung rückte er zu Klose in den Sturm.

Das proppenvolle Stadion war ganz in das leuchtende Rot der österreichischen Fans getaucht, doch auf dem Rasen setzte die traditionell in Weiß und Schwarz gekleidete deutsche Elf den ersten Akzent. In der 5. Minute setzte sich Klose im Strafraum energisch gegen Martin Hiden und Emanuel Pogatetz durch, doch Gomez konnte die flache Hereingabe des Münchners aus zwei Metern Entfernung nicht über die Linie drücken, weil ihm der Ball vom Fuß sprang. Ein frühes Tor hätte für die deutsche Elf vieles leichter gemacht, denn allmählich wurden die Gastgeber mutiger. So musste Jens Lehmann gegen Österreichs einzige Spitze Erwin Hoffer auf der Hut sein (19.).

Erst Podolski machte die 8000 bis 10 000 deutschen Anhänger auf den Rängen wieder munter. Mit einer tollen Parade verhinderte Österreichs Keeper Jürgen Macho das vierte Turniertor des Münchners, der aus gut 20 Metern flach abgezogen hatte (24.). Vier Minuten nach Wiederbeginn sorgte Ballacks Freistoß für die Entscheidung. Nach Foul von Andreas Ivanschitz jagte der Kapitän den Ball aus knapp 25 Metern mit Wucht in den Torwinkel. Danach entlud sich die ganze aufgestaute Aggression auf dem Rasen in befreitem Jubel. Doch in der Schlussphase musste noch einmal gebangt werden, als sich die Österreicher gegen die drohende Niederlage stemmten. Am Ende vergaben Klose und der eingewechselte Oliver Neuville auch noch das mögliche 2:0.

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