30.06.2004 23:45 Uhr

Offensivfeuerwerk in Lissabon?

Heute Abend findet im Alvalade-Stadion zu Lissabon das erste Halbfinale der Europameisterschaft statt, in dem Gastgeber Portugal auf die Niederlande trifft. Doch dies ist nicht nur das Duell zweier technisch starker Mannschaften, sondern auch das Aufeinandertreffen zweier verschiedener Spielsysteme. Während Portugal nur mit einer echten Spitze auftritt, dafür aber gleich drei hängende Angreifer aufbietet, spielen unsere Lieblingsnachbarn mit ihrem angestammten 4-3-3. Beide Aufstellungen sind nicht gerade dazu gedacht, Beton anzurühren, sodass man heute auf einige Tore gespannt sein darf.

„Halbfinalfluch“ macht Portugal keine Angst

In den letzten Tagen drehte sich im portugiesischen Lager alles um die Auswechselung des Superstars Luis Figo im Spiel gegen England. Der „Königliche“ schlich nach 75 Minuten direkt in die Kabine und spielte die „beleidigte Leberwurst“. Auch wenn Trainer Scolari in den letzten Tagen die Bedeutung des Mittelfeldregisseurs heraufbeschwor, scheint das Klima zwischen dem Coach und seinem strategischen Lenker ziemlich eisig zu sein. Nichtsdestotrotz wollen die Portugiesen heute den Finaleinzug perfekt machen und peilen den ersten Titelgewinn überhaupt an. Mit von der Partie wird wahrscheinlich wieder Pauleta sein, der seine Sperre gegen die Engländer abgesessen hat und nun wieder spielberechtigt ist. Für ihn würde in diesem Fall Nuno Gomes zurück auf die Bank rücken. Jorge Andrade ist ebenfalls wieder fit und wird es wohl mit Torjäger Ruud van Nistelrooy zutun bekommen. Der Verteidiger spielt jedoch vor dem Semifinale die Bedeutung des Zweikampfes zwischen ihm und dem Oranje-Goalgetter herunter: „Es wird nicht nur ein Kampf zwischen mir und Ruud. Die ganze Mannschaft muss als Einheit auftreten, um ihn zu stoppen.“
Keine Angst hat der Gastgeber vor dem so genannten „Halbfinalfluch“, der seit dem Titelgewinn der Franzosen 1984 dafür sorgte, dass das ausrichtende Land spätestens im Halbfinale aus dem Turnier flog. Ganz im Gegenteil – die Portugiesen sehen diese schwarze Serie eher als Ansporn, denn als Belastung und wollen heute endlich den großen Coup landen.

Optimismus auch bei Oranje

Voller Tatendrang und Optimismus sind auch die Holländer, deren Trainer Dick Advocaat schon vor dem Halbfinale verkündet: „Wir schlagen im Finale Tschechien!“. Davor steht jedoch erst das Duell gegen Portugal an, übrigens das erste Aufeinandertreffen der beiden Teams auf EM-Ebene. Ungewohnt ruhig lief es in den letzten Tagen bei den Holländern ab, sogar die Kritik am Coach von Seiten der heimischen Presse verstummte, seit das Semifinale erreicht wurde. Überhaupt kann Oranje beruhigt in das anstehende Match gehen. Außer Kapitän Frank de Boer, dessen letzte Partie im Nationaldress aufgrund einer Verletzung wohl das Spiel gegen Schweden gewesen sein dürfte, sind alle Mann an Bord. Im Mittelpunkt steht um ein weiteres „van the man“ Ruud van Nistelrooy, der inner- und außerhalb des Platzes das Erstaunen auf seiner Seite hat. Angeblich bietet Real Madrid über 40 Millionen Euro für den bei der EM bisher viermal erfolgreichen Stürmer von Manchester United. Doch auch auf dem Spielfeld nimmt der Angreifer eine zentrale Rolle ein, soll er doch heute für die nötige Torausbeute seiner Mannschaft sorgen.

Duell der Farben

Die Begeisterung im Land des Gastgebers kennt nach dem Halbfinaleinzug keine Grenzen mehr, der Titelgewinn ist nach den Vorstellungen der Fans nur noch Formsache und die Presse feiert bereits die neue „Goldene Generation“ um Cristiano Ronaldo. Für die richtige Stimmung sollen heute Abend die portugiesischen Fans sorgen, die laut Trainer Scolari „alle rote und grüne Farben“ tragen und so ein Übergewicht gegenüber dem Holland-Orange bilden sollen. Ob es denn nach ARD-Experte Reinhold Beckmann wirklich ein „Spiel des Jahrzehnts“ wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall kann sich der geneigte Fußballfan heute zurücklehnen und ein würdiges Halbfinale vor einer großartigen Kulisse beobachten. Und - am besten man denkt gar nicht daran – auch wir Deutschen hätten heute unserer Nationalmannschaft dem heiligen Rasen des Alvalade-Stadions zujubeln können auf, wenn nicht schon die Vorrunde das Aus bedeutet hätte.

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