02.07.2021 20:50 Uhr

Spanien gewinnt Elfmeter-Drama gegen tapfere Schweizer

Spanien steht im EM-Halbfinale
Spanien steht im EM-Halbfinale

Ruben Vargas weinte bitterlich im Arm seiner Teamkollegen, Yann Sommer fiel völlig fassungslos auf die Knie. Bis zum letzten Schweißtropfen hatten sich die Schweizer heroisch gegen das Ende ihres EM-Märchens gewehrt - Eigentor, Rückstand, Unterzahl zum Trotz. Doch es half nichts: Die sensationelle Schweizer Heldenreise endete mit einem 1:3 im Elfmeter-Thriller gegen Spanien. "Nein, das darf nicht sein!", titelte der "Blick".

Ruben Estephan Vargas Martinez, 22 Jahre alt und Linksaußen beim FC Augsburg in der Bundesliga, hatte im ersten Viertelfinale einen von drei Schweizer Fehlschüssen abgeliefert - den letzten. Er schoss im Roulette vom Punkt über das Tor, Mikel Oyarzabal führte Spanien mit dem letzten Schuss ins vierte Halbfinale der Verbandsgeschichte. Nach 90 und 120 Minuten hatte es 1:1 gestanden.

Torhüter Unai Simon fischte dann die Elfmeter von Fabian Schär und Manuel Akanji aus dem Eck: "Großartig, Unai!", twitterte die Torhüterlegende Iker Casillas. Dass Sergio Busquets und Rodri auch vergeben hatten, war vergessen: Die Spanier spielen am Dienstag in London gegen Belgien oder Italien um einen Platz im Finale.

Die Schweiz fährt nach Hause und muss sich nicht grämen. "Ich bin so stolz auf diese Mannschaft", sagte der Gladbacher Torhüter Sommer, "darauf, was wir erreicht haben, mit einem ganzen Land im Rücken." Xherdan Shaqiri betonte, es habe "nur ein bisschen Glück" gefehlt.

Nach der Achtelfinal-Sensation gegen Frankreich brauchte die Schweiz lange, um sich von einem Missgeschick von Denis Zakaria zu erholen. Der Profi von Borussia Mönchengladbach verursachte das zehnte Eigentor des Turniers (8.). Spanien kontrollierte das Spiel, doch die Schweiz schlug in Person von Shaqiri (68.) zurück. Remo Freuler sah wegen groben Foulspiels Rot (77.).

Gladbachs Zakaria wird zum Pechvogel

Zakaria lief im russischen Corona-Hotspot St. Petersburg nur auf, weil sein Kapitän Granit Xhaka gelbgesperrt war. Vor wenigen Tausend Zuschauern unterlief ihm kein absurdes Eigentor, wie es diese EM auch schon gesehen hat, sondern er hatte gröbstes Pech: Zakaria wollte einen Fernschuss von Jordi Alba blocken, er fälschte unhaltbar für seinen Vereins- und Nationalmannschaftstorhüter Yann Sommer ab (8.).

Damit fielen in diesem Jahr mehr EM-Eigentore als in allen vorherigen Turnieren zusammen (9).

Erst einmal in 22 Duellen hatte die Schweiz das große Spanien geschlagen: 2010 in der WM-Vorrunde. Die Schweiz schied darin dennoch aus - Spanien wurde Weltmeister. Egal: "Wenn man Frankreich eliminiert, kann man auch gegen Spanien weiterkommen", sagte Ex-Nationaltrainer Ottmar Hitzfeld hoffnungsfroh. Sein Nachfolger Vladimir Petkovic stieg am Freitag zum alleinigen Rekordtrainer der Schweizer auf (78 Spiele).

Er hatte die denkbar kniffligste Frage zu beantworten: Wer sollte den überragenden Anführer Xhaka ersetzen? Petkovic entschied sich für noch mehr Bundesliga-Power - Zakaria, einer von nicht weniger als vier Gladbacher Profis, übernahm im Mittelfeld.

Noch mehr Pech für die Schweiz

Spanien spannte sein gewohntes weißes 4-3-3-Netz über den Platz, die Passmaschine lief an. Doch die frühe Führung brachte ein Eckball, der über den Strafraum hinweg segelte: Alba zog ab, der untröstliche Zakaria lenkte den Ball unhaltbar in die kurze Ecke. Spanien hatte bereits gegen die Slowakei (5:0) von zwei Eigentoren profitiert.

Der taktische Plan des Außenseiters war über den Haufen geworfen, mehr Spiel nach vorne gefordert. Die Schweiz streute Pressingphasen ein - doch der nächste Rückschlag folgte: Breel Embolo (23.) musste angeschlagen raus, es kam der Augsburger Stürmer Ruben Vargas. Spanien hatte das Spiel im Griff, doch das hatten die Franzosen im Achtelfinale ja auch gedacht.

Sommer wird beinahe erneut zum Helden

Von Schweizer Chancen war keine Spur, zwei Eckbälle mussten schon als Highlight verbucht werden. Auch die Spanier waren bis auf einen Freistoß von Koke (18.) harmlos. Unterschied: Sie führten und konnten gelassen hin- und herspielen.

Nach der Pause entschieden sich die Spanier, auf die Entscheidung zu drängen. Der Schweiz fehlten Rhythmus und Ideen - Zakaria hatte auch mit einem Kopfball Pech (56.). Die erste Schweizer Chance vergab Steven Zuber gegen Unai Simon (64.).

Ersatzkapitän Shaqiri ließ Spanien mit seinem Tor mächtig zittern, nach Reulers Platzverweis begann ein Geduldsspiel mit vielen Chancen des Favoriten, die beste hatte Marcos Llorente (110.). Yann Sommer aber hielt seinen Kasten dank einer überragenden Leistung sauber und wäre so fast erneut zum Schweizer Helden geworden. 

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