19.05.2021 13:22 Uhr

Deschamps über Benzema-Berufung: "Jeder darf Fehler machen"

Didier Deschamps hat seinen EM-Kader zusammengestellt
Didier Deschamps hat seinen EM-Kader zusammengestellt

Karim Benzema kehrt nach dem Sextape-Skandal vor fünfeinhalb Jahren zur EM in die französische Nationalmannschaft zurück. Im Land des Weltmeisters sorgte das Comeback für große Aufregung.

Plötzlich war Karim Benzema wieder da. Kaum jemand rechnete nach dem großen Sextape-Skandal vor fünfeinhalb Jahren damit, dass der Star-Stürmer von Real Madrid noch einmal für Frankreich spielen würde. Bis ihn Nationaltrainer Didier Deschamps am Dienstag überraschend für die EM nominierte. Im Land des Weltmeisters staunten sie nicht schlecht.

"La Surprise du Chef" (Die Überraschung des Chefs), titelte die Sportzeitung "L'Équipe" am Mittwoch. Und Deschamps persönlich versuchte, seine Entscheidung möglichst zufriedenstellend zu erklären. "Ich habe nie etwas Schlechtes über ihn als Menschen gesagt", so der Coach, der seit 2012 im Amt ist: "Von Beginn an war da ein Vertrauensverhältnis. Wir beschäftigen uns nicht mehr mit dem, was war." Und er stellte klar: "Jeder hat das Recht, Fehler zu machen."

Auch bei Benzema, der auf Instagram unter anderem von seinem legitimen Nachfolger Kylian Mbappé beglückwünscht wurde, war von Groll nichts mehr zu spüren. "Ich bin wirklich stolz, dass ich in die französische Mannschaft zurückkehre und Vertrauen in mich gesetzt wurde", schrieb der 33-Jährige bei Twitter. Alles vergessen also?

Senator Ravier: "Wir kämen sehr gut ohne ihn klar"

Sportlich mag das gelten, Benzema wird einer der Hoffnungsträger sein, wenn Frankreich zum EM-Auftakt am 15. Juni in München auf Deutschland und danach in der Todesgruppe F auf Ungarn und Portugal trifft. Aber juristisch ist die Sextape-Affäre keinesfalls abgeschlossen. Benzema wird sich im kommenden Oktober vor Gericht verantworten müssen. Es geht um Mittäterschaft bei einem Erpressungsversuch.

Der 81-malige Nationalspieler (27 Tore) soll seinen früheren Mitspieler Mathieu Valbuena dazu gedrängt haben, Dritte zu bezahlen, die mit der Veröffentlichung eines intimen Videos drohten. Infolgedessen war Benzema seit Oktober 2015 nicht mehr für die Nationalmannschaft in Erwägung gezogen worden. Nach seiner Nichtberücksichtigung für die EM 2016 beklagte der Profi mit algerischen Wurzeln öffentlich, Deschamps habe sich "dem Druck eines rassistischen Teils Frankreichs gebeugt".

Rassistische Äußerungen gab es auch nach dem Bekanntwerden von Benzemas Rückkehr. "Er ist auf dem Papier Franzose, verwaltungstechnisch. Das bestreitet keiner", sagte Senator Stephane Ravier von der rechten Partei Rassemblement National dem Nachrichtensender "FranceInfo": "Frankreich war ohne ihn Weltmeister. Wir kämen sehr gut ohne ihn klar." Von zahlreichen anderen Politikern erhielt Benzema jedoch Zuspruch.

"Traum-Sturm" für Frankreich

Auch Präsident Noel Le Graet vom französischen Fußball-Verband (FFF), der ein Benzema-Comeback immer wieder ausgeschlossen hatte, schlug nun andere Töne an. "Ich denke, es ist eine exzellente Entscheidung, wenn man sein Talent und seine bemerkenswerten Leistungen in den letzten Monaten betrachtet", sagte Le Graet nach der Nominierung. Weltmeister-Coach Deschamps versicherte, die Entscheidung für Benzema sei schon vor längerer Zeit gefallen.

In der Tat erlebt der Vollbluttorjäger in dieser Saison eine Renaissance. 29 Tore in 33 Pflichtspielen für Real Madrid sind absolute Weltklasse, gemeinsam mit Mbappé und Antoine Griezmann bildet er einen furchteinflößenden Angriff, die spanische Zeitung "AS" schrieb gar von einem "Traum-Sturm". Das Real-nahe Blatt "Marca" nannte es "den Paukenschlag dieser Europameisterschaft". Nun muss Benzema das Versprechen, das sein Name gibt, nur noch einlösen.

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