22.10.2015 14:00 Uhr

Van Persie: Sorgenkind unter Druck

Robin van Persie steht bei Fenerbahçe unter Druck
Robin van Persie steht bei Fenerbahçe unter Druck

Aufgrund seiner durchwachsenen Leistungen in den letzten Jahren zählt Robin van Persie längst nicht mehr zur Riege der internationalen Top-Stürmer. In seiner niederländischen Heimat gilt er sogar als so etwas wie das Gesicht der großen Fußball-Krise. Vor dem Europa-League-Duell mit Ajax Amsterdam (am Donnerstag um 21:05 Uhr im weltfussball-Liveticker) steht der Torjäger auch bei seinem aktuellen Arbeitgeber Fenerbahçe unter Druck.

Es war eines der ikonischen Bilder der Weltmeisterschaft 2014: Robin van Persie, wie er bei seinem Flugkopfballtor für Oranje im ersten Gruppenspiel gegen die Spanier quer in der Luft liegt. Der spektakuläre Treffer ebnete den Weg zum sensationellen 5:1-Erfolg der Elftal, die das Turnier schließlich auf Platz drei abschloss. In den sozialen Netzwerken ließ sich eine Welle von Nachahmern in der gleichen Pose wie der Traumtorschütze ablichten, um dem "fliegenden Holländer" zu huldigen.

Knapp anderthalb Jahre später steht van Persie in diesen Tagen wieder symbolisch für das Abschneiden seiner Nationalmannschaft. Diesmal jedoch im negativen Sinne. Bei der entscheidenden 2:3-Qualifikationsschlappe gegen Tschechien, die das EM-Aus der Niederländer besiegelte, erzielte der Angreifer ein bitteres Eigentor.

Dass er später auch noch einen Treffer auf der richtigen Seite markierte: geschenkt. Das Bild vom nach seinem Fauxpas am Boden zerstörten van Persie ging um die Welt. Es illustrierte bestens den historischen Tiefpunkt, den der stolze niederländische Fußball gerade erlebt.

Schleichender Abstieg

Für van Persie persönlich war der unglückliche Auftritt gegen die Tschechen letztlich nur ein weiteres Glied in einer Kette von Rückschlägen in der jüngeren Vergangenheit. Noch vor nicht allzu langer Zeit galt der Offensivspieler als einer der besten Stürmer Europas. Jahrelang schoss er die Premier League kurz und klein. Alleine in den Spielzeiten 2011/2012 und 2012/2013 erzielte er insgesamt 56 Treffer für Arsenal und – nach seinem kontroversen Wechsel nach Manchester – für United.

Doch im Anschluss an die überragende Premierensaison für die Red Devils begann der schleichende Abstieg des Goalgetters. Immer wieder ausgebremst durch größere Verletzungen und kleinere Wehwehchen, konnte van Persie nicht mehr an seine Topleistungen anknüpfen.

Ausgerechnet unter seinem Landsmann und Ex-Nationaltrainer Louis van Gaal geriet er im Jahr nach der Endrunde in Brasilien endgültig aufs Abstellgleis. "Mir wurde klar gemacht, dass es für mich keine Option gebe, mich ins Team zurückkämpfen zu dürfen", erzählte er später frustriert der "Sunday Times".

Flucht in die SüperLig

Im vergangenen Sommer sah van Persie deswegen nur noch einen Ausweg: die Flucht. Doch ein echter Spitzenklub war offenbar nicht mehr interessiert am inzwischen 32-Jährigen, der Weg in die europäischen Top-Ligen damit verbaut. Stattdessen zog es ihn in die international zweitklassige türkische SüperLig.

Fenerbahçe lockte seinen neuen Hoffnungsträger mit einem fürstlichen Gehalt und zahlte immerhin noch 15 Millionen Euro Ablöse an United. Bei seinem Eintreffen in Istanbul wurde ein gelöst wirkender van Persie von Hunderten Anhängern Feners mit frenetischem Jubel empfangen.

Schwieriges Verhältnis zum neuen Trainer

Nach wenigen Monaten in der Türkei ist diese Euphorie allerdings verflogen. In 15 Pflichtspieleinsätzen gelangen dem Mann mit dem brillanten linken Fuß nur fünf Treffer. Der prominente Neuzugang ist weit davon entfernt, unumstritten zu sein. Trainer Vítor Pereira bringt den ursprünglich als Schlüsselspieler eingeplanten Offensivmann aufgrund mangelnder Fitness häufig nur als Joker.

Im Internet kursieren Videos, die einen völlig lustlosen und offenbar hochgradig unmotivierten van Persie beim Warmmachen zeigen. Torerfolge von Teamkollegen nahm der im Mannschaftskreis anscheinend isolierte Star auf der Ersatzbank ohne jede Regung zur Kenntnis. Englische Boulevardmedien berichteten ausführlich darüber, wie unglücklich die ehemalige Insel-Ikone nach ihrem Weggang sei.

Auch ein widerwilliger Handschlag van Persies mit Pereira nach der Derby-Niederlage gegen Beşiktaş Ende September wurde von den Fernsehkameras festgehalten. "Ja, wir hatten Konflikte", gab der portugiesische Coach nach dem goldenem Tor des Sorgenkinds beim 1:0 im Ligaspiel gegen Kayserispor zuletzt freimütig zu und schob schnell hinterher: "Aber Robin hat sich auf dem Platz bewiesen. Wir haben keine Probleme miteinander." Wirkliche Zuneigung scheint in der unterkühlten Beziehung zwischen dem Trainer und seinem prominentesten Schützling dennoch nahezu ausgeschlossen.

Durchbeißen oder weiterziehen?

So könnten die kommenden Wochen bereits über das Wohl oder Wehe von van Persies Engagement am Bosporus entscheiden. Binnen 14 Tagen stehen für Fenerbahçe die beiden Europapokalspiele gegen Ajax und das Stadtduell gegen Galatasaray an. In diesen wichtigen Partien muss der Routinier liefern, wenn er sein Standing verbessern will – egal, ob er von der Bank kommt oder in der Startelf steht.

Natürlich hat vor allem das Aufeinandertreffen mit dem Erzrivalen seines früheren Klubs Feyenoord für den gebürtigen Rotterdamer "eine besondere Note", wie er im Gespräch mit dem "Telegraaf" bekannte. Zu einem anderen Thema hielt sich van Persie im selben Interview jedoch bedeckt. Das aus Spanien stammende Gerücht, im Winter könnte ihn der FC Barcelona als zusätzliche Option für seine dünn besetzte Offensivabteilung nach Katalonien locken, kommentierte er mit dem vielsagenden Satz: "Dazu gibt es nichts zu sagen."

Mehr dazu:
>> Baggert Barça an van Persie?
>> zur Einsatzstatistik von van Persie

Tobias Knoop

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