06.05.2015 15:20 Uhr

Die gepfändeten Europacup-Helden

Dnipro Dnipropetrovsk: Das Sensationsteam der Europa League
Dnipro Dnipropetrovsk: Das Sensationsteam der Europa League

Real Madrid, FC Barcelona, Bayern München: Während sich in der Champions League im Semifinale einmal mehr die üblichen Verdächtigen ein Stelldichein geben, hat das Halbfinale der Europa League einen völlig unerwarteten Gast zu bieten: Dnipro Dnipropetrovsk.

Der Futbolni Klub Dnipro Dnipropetrovsk bekommt es am Donnerstag (ab 21:05 Uhr im weltfussball-Liveticker) im Halbfinal-Hinspiel auswärts mit SSC Napoli zu tun. Der Verein hat ebenso wie seine Heimatstadt eine äußerst bewegte Zeit hinter sich, die aktuelle Lage in der Ukraine lässt Europacup-Spiele in Dnipropetrovsk gar nicht zu.

Im Juli 2013 rückte Dnipro zudem auch in Österreich in die Schlagzeilen, als man während des Trainingslagers in Bad Erlach gepfändet wurde. Wegen ausständiger Zahlungen nach dem Stadionbau hatte der deutsche Baukonzern Hochtief zu dieser gravierenden Maßnahme gegriffen. Die Überraschung war groß, als um 7:00 Uhr früh die Gerichtsvollzieher und Anwälte im Mannschaftshotel auftauchten, ausgestattet mit einem Exekutionsbescheid des Bezirksgerichts Wiener Neustadt.

"Es wurden mehrere tausend Dollar und mehrere tausend Euro gepfändet und mitgenommen", erklärte Anwalt Paul Proksch. Hintergrund für die nicht alltägliche Aktion war, dass 2011 in einem Schiedverfahren in Wien festgelegt wurde, dass der ukrainische Klub eine noch ausstehende Summe von elf Millionen Dollar für die Errichtung der Dnipro-Arena an die Baufirma zahlen muss.

"Zahlungen in Millionenhöhe stehen aus"

Ein Konflikt, der nach wie vor andauert. Auch im Jahr 2015 geht es zwischen den beiden Streitparteien um's liebe Geld. Gegenüber weltfussball nahm der deutsche Baukonzern Hochtief dazu am Mittwoch so Stellung: "Wir verfolgen das Thema immer noch und haben bereits Teilerfolge in der Vollstreckung erzielt. Es stehen jedoch derzeit noch Zahlungen in Millionenhöhe aus."

"Wir haben in vielen Ländern Europas vollstreckbare Titel und werden unsere Interessen mit Nachdruck verfolgen", teilte ein Hochtief-Firmensprecher mit.

Kosten von 40 Millionen für die Dnipro-Arena waren dem Verein zu hoch

Hochtief hatte bis zum Jahr 2008 für 40 Millionen Euro die Dnipro-Arena gebaut, ein Preis der dem Verein empfindlich zu hoch war. Anstelle des alten Soviet Metalurh Stadions war die neue moderne Heimstätte mit einer Kapazität für rund 31.000 Besucher aus dem Boden gestampft worden.

Beim Hit in der WM-Qualifikation feierte ein ausverkauftes Haus am 10. Oktober 2009 einen 1:0-Heimsieg der Ukraine gegen England. Für die Europameisterschaft 2012 erfüllte es jedoch knapp nicht die Mindestanforderungen der UEFA von 33.000 Sitzplätzen.

Markevich löste Star-Coach Juande Ramos ab

Das neue Stadion passte zum Verein mit den großen Ambitionen. Star-Coach Juande Ramos kam im Herbst 2010 nach Dnipropetrovsk. Der Spanier hatte zuvor mit Sevilla zwei Mal den UEFA-Cup (Vorgängerbewerb der Europa League), einmal den europäischen Supercup sowie je einmal Copa del Rey und den spanischen Supercup gewonnen.

Anschließend holte er mit Tottenham den englischen League Cup und wurde sogar Trainer von Real Madrid. Nach einer Station bei CSKA in Moskau heuerte er dann in der Ukraine an. Dnipro führte er in der Saison 2013/14 zum Vizemeistertitel hinter dem Starensemble von Shakhtar Donetsk. Wegen der schwierigen politischen Lage in der Ukraine zog sich Ramos aber anschließend zurück und lehnte ein Angebot auf Vertragsverlängerung ab.

Sein Nachfolger ist Miron Markevich. Der ehemalige Erfolgscoach von Metalist Kharkov ist auch bei den heimischen Vereinen durch die Europacup-Duelle mit Sturm Graz, der Wiener Austria, RB Salzburg und Rapid ein bekannter Name. Nun steht der 64-Jährige mit Dnipro sensationell im Semifinale der Europa League. Ein Traingslager in Österreich dürfte in naher Zukunft aber wohl nicht geplant sein.

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Christian Tragschitz

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