29.05.2009 23:30 Uhr

Alles, Nichts, oder: zwei ganz normale Endspiele

Nach knapp zwei Jahrzehnten ist sie wieder da: die Relegation. Eine Premiere feiert sie in diesem Jahr jedoch als Entscheidung über Auf- und Abstieg zwischen der 2. Bundesliga und der neuen 3. Liga. Premierengäste sind der SC Paderborn und der VfL Osnabrück. In der Stadt des Zweitligisten wundert sich dabei eigentlich kaum jemand ernsthaft, dass der VfL dabei ist. Osnabrücker Spötter behaupten gar, dies galt seit Beschluss der neuen Regelung als abgemachte Sache. Doch der Zynismus scheint sogar wohl begründet. Denn immerhin darf sich ihr VfL in dem zweifelhaften Ruhme sonnen, dass es in ganz Deutschland nicht einen anderen Verein zwischen Liga eins und drei gibt, der seine Anhänger in eben jenen letzten zwei Jahrzehnten derart oft bis zum allerletzten Akt einer Saison marterte. Zum sage und schreibe 13. Mal in gut 20 Liga-Jahren müssen die Lila-Weißen nun ganz bis zum Schluss bangen. Anderswo steht VfL für Verein für Leibesübungen, in der Hasestadt spricht man dagegen nicht ganz zu Unrecht gern von Leidensübungen.

Und etwas mehr als eine Autostunde weiter südöstlich am Teutoburger Wald, in Paderborn? Dort ist man nach einer recht durchwachsenen Rückrunde zunächst einmal froh, sich überhaupt in die Relegation gerettet zu haben, demonstriert fleißig Zuversicht und Selbstbewusstsein und fürchtet höchstens nur eines: Die Fans des VfL.


“Wir werden uns nicht verstecken“


Viel wird in diesen Tagen über Qualitäten, Befindlichkeiten und Stärken und Schwächen der beiden Mannschaften diskutiert, doch auch in Paderborn erkennen die meisten an, dass in Sachen Unterstützung der VfL wohl die Nase vorn haben wird. In dem Wissen, dass an der Bremer Brücke bzw. osnatel Arena für nur ganz wenige Mannschaften in den letzten Jahren etwas zu holen war, stützt sich die Hoffnung der Ostwestfalen vor allem auf dieses Hinspiel vor eigenem Publikum. Und auch hier mangelt es sicher nicht an Zuspruch. Zum ersten Mal in einem Pflichtspiel wird die paragon arena mit 15.000 Zuschauern ausverkauft sein.

Paderborns Trainer Andre Schubert baut darauf, dass sein Team in den jüngsten beiden Spielen, in denen es gegen die Absteiger Burghausen und Stuttgarter Kickers 9:0 Tore erzielte, die in den Wochen zuvor allzu oft verschollenen Qualitäten wieder gefunden hat. Dementsprechend warnt er zwar davor, dass der VfL "zweikampfstärker, athletischer und schneller als unsere bisherigen Gegner" sei, will aber alles andere als ganz klar verteilte Rollen erkennen. Das Kaninchen vor der Schlange wird, wenn es nach ihm geht, der SCP keinesfalls mimen: "Wir werden unsere Chance suchen und uns nicht verstecken", kündigte Schubert an. Dabei kann der Paderborner Coach personell aus dem Vollen schöpfen. Mit Daniel Brückner (Knie) und Enis Alushi (Knöchel) sind nur zwei Spieler leicht angeschlagen, allein David Krecidlo fällt mit Leistenproblemen aus, für ihn wird der zuletzt gelbgesperrte Kapitän Markus Krösche zurückkehren.


Schock durch de Wits Kreuzbandriss


Als Pierre De Wit beim 1:4 in Duisburg am vergangenen Sonntag nach etwas mehr als einer Stunde vom Platz mit einer Knieverletzung vom Platz ging, ahnte er schon, was die Untersuchung ergeben würde. Schließlich kennt der Mittelfeldmotor des VfL die Diagnose Kreuzbandrisses bereits, ist es doch schon sein zweiter binnen zwei Jahren. Zu ersetzen ist der 21-Jährige für den VfL sicher in keiner Hinsicht, doch ohne weiteren Einfluss will er auch nicht bleiben. "Kein Klagen und kein Jammern, sondern den Blick schon vorausschauend in die Zukunft", kündigte die Leverkusener Leihgabe umgehend kämpferisch sein Comeback an. Die Worte des an der Bremer Brücke aufgrund seiner Spielweise und für einen Leihspieler außergewöhnlich hohen Identifikation hoch geschätzten de Wit sollte sich die Elf von Trainer Pele Wollitz nun für die beiden anstehenden Endspiele auf die Fahnen schreiben, muss jedoch noch mindestens einen weiteren wichtigen Ausfall verschmerzen. Denn auch Außenverteidiger Paul Thomik (Knochenabsplitterung im Sprunggelenk) fällt aus. Und weil es, wenn es einmal schlecht läuft, gerne richtig dicke zu pflegen kommt, droht nun auch der in den vergangenen Wochen formstarke Konstantin Engel in der Abwehr des VfL mit einer Muskelverletzung auszufallen.

Die Unruhe, die diese erneute Verletzungsmisere in die Mannschaft und die Vorbereitung auf die beiden Spiele bringen könnte, versucht Wollitz effektiv zu begegnen, indem er "einen normalen Wochenablauf wie vor jedem anderen Spiel auch" durchführt. Wie nah der Osnabrücker Trainer damit bei der Wahrheit bleibt, weiß er vielleicht nicht einmal selber. Denn beim VfL haben sie eben Tradition, diese fast alljährlichen, ganz normalen Endspiele um Alles oder Nichts.

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