05.02.2005 18:30 Uhr

Jubel statt Aufstand: BVB-Fans feiern Ricken

Hannover (dpa) - Jubel statt Aufstand gegen Niebaum und Meier, Europapokal-Träume statt Abstiegskampf. Die Fans von Borussia Dortmund durften beim 3:1-Sieg bei Hannover 96 für 90 Minuten die harte wirtschaftliche Realität vergessen und feierten vor allem Lars Ricken.

Der schon abgeschriebene «Wunderknabe» aus besseren BVB-Tagen krönte sein überraschendes Comeback mit zwei herrlichen Treffern. Trotzig tat der Stürmer kund: «Ich bin als Abzocker und Stinkstiefel bezeichnet worden. Da war es mir immens wichtig, auf dem Platz zu zeigen, wie lächerlich solche Titulierungen sind.»

Fast jeden Tag müssen die leid-geprüften Anhänger des BVB neue Schreckensmeldungen über ihren Lieblings-Verein lesen. Doch die angekündigten Proteste beschränkten sich auf wenige Spruchbänder und zaghafte Gesänge, und nach der Führung durch Jan Koller (6.) verstummten auch die wenigen Schmährufe auf die Vereinsführung. Rickens Treffer (30., 56.) schienen der willkommene Anlass, um die Probleme vollkommen zu verdrängen und stattdessen zu feiern. «So ein Tag, so wunderschön wie heute», schallte es lautstark aus dem Fanblock der Borussen.

Die Mannschaft scheint angesichts der Turbulenzen außerhalb des Rasens eine Trotzreaktion zu zeigen und bleibt in der Rückrunde weiter ungeschlagen. Der 28-jährige Ricken, nach einer Hinrunde zwischen Auswechselbank und Tribüne fast schon abgeschrieben, scheint dabei wie ein Symbol. Trainer Bert van Marwijk durfte mit Genugtuung verkünden: «Lars hat jetzt verstanden, was ich von ihm will.» Der lange vom Coach verschmähte Stürmer, der sich in der Winterpause wieder einen Stammplatz erkämpft hat, sagte dazu: «Das ist im Zweifel nichts anderes, als ich von mir selbst verlange.»

Die Ansprüche in Dortmund wachsen schnell. So redete Dede, neben Ricken und Sebastian Kehl in Hannover einer der Leistungsträger, nach dem Sieg bereits von einem Platz im UEFA-Cup. Zumindest in dieser Hinsicht blieb Ricken auf dem Boden. «Uns ist klar, dass es darum geht, möglichst viele Punkte zu holen, um von den Abstiegrängen weg zu kommen», versicherte der Stürmer: «Danach können wir schauen, was noch möglich ist.»

Auch Trainer Van Marwijk warnte trotz des sicher herausgespielten Sieges: «Es sind noch immer schwierige Zeiten.» Angesichts des souveränen Auftretens durfte er aber zufrieden sein: «Die Mannschaft hat die richtige Antwort gegeben.» Der Niederländer, der in der schwachen Hinrunde ebenfalls in die Kritik geraten war, darf sich wie Ricken als Gewinner der Krise fühlen. «Sie verstehen das, was ich will, jetzt alle», behauptete er.

Bei Hannover 96 ist hingegen Ernüchterung eingetreten. Das Überraschungsteam der Hinrunde tut sich im neuen Jahr weiter schwer. Nebojsa Krupnikovic (72.) erzielte per Foulelfmeter lediglich den Ehrentreffer. «Das ist natürlich sehr unbefriedigend», sagte Torwart Robert Enke. Trainer Ewald Lienen kam zu der bitteren Ekenntnis: «Wir haben gegen solche Mannschaften nur eine Chance, wenn wir unser Tor sauber halten und wenn alle an ihre Leistungsgrenze gehen.» Nach den Träumen vom Platz im internationalen Geschäft hat bei 96 die Realität Einzug gehalten. Schon wenn zwei Stammspieler wie Silvio Schröter und Michael Tarnat ausfallen, reicht es bei den Niedersachsen nicht mehr für höhere Ansprüche.

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