11.12.2004 18:30 Uhr

Kahn patzt, Guerrero trifft: Bayern zu 84,6 Prozent Meister

München (dpa) - Oliver Kahn patzte schon wieder, doch Bayern Münchens Entdeckung der Hinrunde rettete dem Rekordchampion die 14. Herbstmeisterschaft und die gute Stimmung bei der Weihnachtsfeier.

Mit seinem fünften Tor im sechsten Spiel bescherte Super-Joker Paolo Guerrero den Bayern beim 2:2 (0:1) gegen einen bärenstarken VfB Stuttgart einen überaus glücklichen «Last-Minute-Zähler», der dank unverhoffter Freiburger Schützenhilfe gegen Schalke das Überwintern auf Platz eins ermöglichte. «An Effektivität ist Paolo von keinem anderen zu übertreffen», lobte Felix Magath den 20-jährigen Peruaner.

Auch wenn Magath nach dem dramatischen Happy End der Hinrunde seiner ersten Herbstmeisterschaft als Trainer keine besondere Bedeutung beimessen wollte, sind die Bayern statistisch gesehen zu 84,6 Prozent Meister. Denn in 11 der vorangegangenen 13 Fälle stand der 18-malige Titelträger auch am Saisonende oben; nur Borussia Mönchengladbach (1971) und Werder Bremen (1993) fingen die Bayern noch ab. Darum sieht Manager Uli Hoeneß seinen Club psychologisch in der besten Ausgangsposition: «Es ist ein Riesenvorteil, die Nummer eins zu sein. Es kostet Kraft, immer hinterherzuhecheln.»

Das Hinrunden-Finale war typisch für die Dusel-Bayern: Wie beim Titelgewinn 2001 verdrängten sie die Schalker wieder fast in letzter Sekunde vom ersten Platz. Obwohl die sogar laut Hoeneß «meisterlich» aufspielenden Stuttgarter vor 63 000 Zuschauern im Olympiastadion ohne Kapitän Zvonimir Soldo, aber mit einem neuen Spielsystem nach Toren von Silvio Meißner (29.) und Kevin Kuranyi (65.) bereits wie der sichere Sieger aussahen, jubelte am Ende der Rekordmeister.

Claudio Pizarro (67.) leitete die erfolgreiche Aufholjagd ein, sein junger Landsmann Guerrero vollendete sie. Nach Ansicht von Karl- Heinz Rummenigge war das nicht nur Glück, sondern auch ein Verdienst der Trainingsarbeit von Magath. «Die Mannschaft ist körperlich in der Lage, ein Spiel noch zu biegen. Das war oft in der Vergangenheit nicht der Fall», betonte der Bayern-Chef.

Michael Ballack hatte in den hektischen Schlussminuten sogar noch Kraft für eine Auseinandersetzung mit Nationalmannschafts-Kollege Kuranyi, der seinem Kapitän sogar selbstbewusst an den Kragen ging. «Kevin ist ein junger Spieler und sollte sich zurückhalten. Es steht ihm nicht zu, einem anderen Spieler an die Gurgel zu gehen», schimpfte Ballack. Beide sahen «Gelb», weshalb Ballack am 21. Januar 2005 beim Rückrundenstart gegen den Hamburger SV gesperrt ist.

Beim Großangriff auf drei Titel könnte aber ausgerechnet Kahn zum Bayern-Risiko werden. Beim achten Saisontor von Kuranyi lieferte der Nationaltorhüter die «Vorlage», als er einen Schuss von Cacau von der Brust abprallen ließ. Kahn suchte wie schon nach seinem Patzer in der Champions League beim 0:1 gegen Juventus Turin wortlos das Weite. Dafür überraschte Magath mit der Auskunft, sein Kapitän habe den Patzer «ganz ruhig und gelassen» hingenommen. Während «Oldie» Kahn schwächelt, trumpft Youngster Guerrero auf: 172 Bundesliga-Minuten benötigte er für seine fünf Treffer - im Schnitt schlägt er alle 34 Minuten zu: «Das Tor war sehr wichtig. Ich stand genau richtig.»

Alles richtig gemacht hatten lange Zeit auch der VfB und Trainer Matthias Sammer. Seine Taktik, nach dem Ausfall von Soldo und Fernando Meira in der Abwehr eine Dreierkette aufzubieten und das Mittelfeld personell zu verstärken, erwies sich als kluger Schachzug. «Wir haben das System geändert. Die Mannschaft hat das gut gemacht. Wenn wir gewonnen hätten, wäre es super gewesen», meinte Sammer.

Anders als einen Monat zuvor beim desaströsen 0:3 im DFB-Pokal, ging sein Team vor dem letzten UEFA-Cup-Gruppenspiel am Mittwoch gegen Dinamo Zagreb sehr aggressiv und zielstrebig zur Sache. Knackpunkt für die zwei verlorenen Punkte war für Sammer die verletzungsbedingte Auswechslung des starken Alexander Hleb nach einem Foul von Owen Hargreaves, das seiner Ansicht nach «dunkelgelb bis hellrot» war (77.). Die Bayern-Jagd will der VfB-Coach aber nach der Winterpause fortsetzen: «Es ist nicht so weit nach ganz oben.»

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