07.05.2005 18:30 Uhr

Bochum gibt auf - Nürnberg feiert

Nürnberg (dpa) - Beim «Club» flossen Weißbier und Champagner, bei Bochum die Tränen. Der 1. FC Nürnberg hat die Nervenprobe bestanden und erstmals seit 13 Jahren bereits zwei Spieltage vor Saisonende den Klassenerhalt geschafft, der Verlierer dagegen hat sich mit dem fünften Abstieg aus der Fußball-Bundesliga seit 1993 abgefunden.

«Das ist mein bitterster Abstieg mit dem VfL», sagte der tief enttäuschte Dariusz Wosz nach der 1:2 (0:1)-Niederlage im Frankenstadion. An das «große Wunder» wollte weder der Kapitän noch seine Mitspieler glauben. «Ich denke, das war's», meinte Marcel Maltritz.

Ein Paar Tränen habe es gegeben, berichtete Wosz. Bei Martin Meichelbeck sogar einen «kleinen inneren Zusammenbruch». Der VfL kann für die Zweite Liga planen. Ohne Trainer Peter Neururer, der bei einem Neuanfang «dem Verein nicht im Wege stehen will» und deshalb eine Klasse tiefer nicht mehr zur Verfügung steht. Nach dem «deprimierenden und frustrierenden Ergebnis» hatte er noch eine «Resthoffnung», wenn Mönchengladbach beim Hamburger verlieren sollte, «doch Rechnereien sind sinnlos. Wir haben unser Schicksal in andere Hände gegeben. Wenn hier jemand Optimismus verbreitet, den schicke ich zum Psychiater.»

In Nürnberg spielte der VfL wie ein Absteiger, auch wenn Neururer das anders sah. «Die Mannschaft hat von der ersten bis zur letzten Minute gezeigt, dass sie ihre allerletzte Chance unbedingt wahrnehmen wollte», behauptete der 50-Jährige. Außer Wosz, der nach elf VfL-Dienstjahren seine Karriere vielleicht beenden wird, wurde jedoch keiner dieser Feststellung gerecht. Erst in der Schlussphase spielten die Bochumer mit Feuer, Leidenschaft und Risiko.

Das Anschlusstor von Meichelbeck in der Nachspielzeit kam viel zu spät. Tor-«Phantom» Marek Mintal (85.) erlöste mit seinem 23. Saisontreffer den «Club», obwohl die Führung durch Markus Daun (21.) selten in Gefahr war. Beim Fast-Eigentor von Tomasz Hajto (29.), dessen Kopfball an den Pfosten knallte, hatte der VfL Pech. Das Unvermögen von Edu (72.), der zwei Meter vor dem Tor versagte, war bezeichnend für den von Neururer als «fußballerischer Fatalismus» bezeichneten Saisonverlauf. Wolfgang Wolf hingegen frohlockte: «Wir haben nach vielen Wellentälern heute einen schönen Tag, auf den wir lange hingearbeitet haben.» Spontan gab Nürnbergs Trainer drei Tage frei, «denn aller Druck ist weg».

Die «Club»-Profis nahmen es erfreut zur Kenntnis. «Jetzt gehen wir auf die Piste», kündigte Stürmer Stefan Kießling eine feucht-fröhliche Nacht an. Derweil machten sich Wolf, der stolz auf «zwei bewegende, aber wunderschöne und erfolgreiche Jahre» zurückblickte, und Präsident Michael A. Roth schon Gedanken über die neue Saison. «Ich bin heilfroh, dass wir durch sind und nicht bis zum letzten Spieltag bangen müssen. Heute gönne ich mir ein schönes Glas Champagner», sagte der «Club»-Chef, «aber wir müssen an Morgen denken. Auf einigen Positionen besteht Bedarf, denn die neue Spielzeit soll lockerer werden.»

Sechs Neue sollen an den Valznerweiher kommen. Absolute Priorität hat jedoch die Personalie Mintal, bei dem die Bewerber Schlange stehen. Angeblich liegt eine Offerte des türkischen Spitzenclubs Besiktas Istanbul vor, «aber wir wollen Mintal nicht verkaufen, auch wenn es zehn Millionen wären». Trainer Wolf will um den Top-Torjäger kämpfen, «denn er ist Teil der Mannschaft und des Vereins». Mehr am Herzen lag Wolf zunächst aber das Los von Neururer, der ein trauriges Doppel-Jubiläum (100. Spiel beim VfL, 500. Spiel als Profitrainer) feierte. «Das hat mir als Kollege sehr weh getan, aber der Peter kommt wieder», betonte Wolf, der nach dem Schlusspfiff Neururer tröstend in die Arme nahm und hinter den fränkischen Feiertag einen sportlich bemerkenswerten Schlusspunkt setzte.

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