04.12.2004 18:30 Uhr

Gladbach geht gegen Hertha unter

Berlin (dpa) - Hilflos, wehrlos, kraftlos: Ein Debakel wie dieses 0:6 hatte Dick Advocaat als Vereinstrainer noch nie erlebt. «Ich kann mich nicht erinnern», sagte der ehemalige Bondscoach.

Warum die traditionsreiche Borussia aus Mönchengladbach am 16. Bundesliga- Spieltag in Berlin völlig die Orientierung verlor und unterging, das vermochten weder der niederländische Trainer-Routinier (57) noch seine Spieler plausibel zu erklären. «Das darf niemals passieren», wetterte Advocaat. «Das war ein vollkommenes Desaster und die schlimmste Klatsche meiner Karriere», klagte Borussen-Kapitän Christian Ziege. «Eine Katastrophe», fasste Torwart Darius Kampa die Vorstellung der «Fohlen» zusammen, die in dieser Spielzeit auswärts noch keinen einzigen Sieg verbuchten.

Nach der Entlassung von Holger Fach scheint Mönchengladbach noch weit mehr verunsichert als zuvor. Gerade vier Pünktchen sammelte die Borussia in fünf Spielen unter Advocaat, drei Pleiten nacheinander lassen Schlimmes befürchten, zwei Zähler noch trennen den Club von der Abstiegszone. «Die Lage ist sehr ernst und bedrohlich, wenn man sich die Tabelle anschaut», betonte Kampa, der in einer desaströsen Schlussphase sogar noch größeren Torschaden verhinderte. Im Herbst 1998 war Gladbach mit einem 1:7 in Wolfsburg zuletzt so deutlich unter die Räder gekommen - und stieg am Saisonende als abgeschlagener Letzter ab. Nur ein einziges Mal in der Historie verlor der fünfmalige deutsche Meister höher: Im April 1966 mit 0:7 in Bremen.

Sportdirektor Christian Hochstätter verschlug die Offenbarung von Berlin sogar völlig die Sprache, ohne jeden Kommentar verschwand er aus dem Olympiastadion, wo 40 094 Fans eine große Hertha-Show mit Toren von Billy Reina (38.), Nando Rafael (54.), Alexander Madlung (62.), Yildiray Bastürk (71./78.) und Marcelinho (81./Foulelfmeter) gesehen hatten. «Das hat etwas mit Qualität zu tun», erklärte Advocaat, der unter anderem lange den PSV Eindhoven und die Glasgow Rangers betreut hatte. Ob er sich sogar einen ähnlich spektakulären Blitz-Abschied wie etwas zuletzt Rudi Völler in Rom vorstellen könne, wurde der Niederländer nun gefragt. «Ich habe immer gesagt, die Bilanz ziehe ich am Ende der Saison», antwortete Advocaat.

Es passte ins Bild des verpatzten Borussen-Tages, dass ausgerechnet der gebürtige Berliner Ziege zur tragischen Figur wurde. Erst legte das Hertha-Mitglied nach einem Kopfball-Duell mit Nando die Kugel unglücklich Reina vor die Füße. Der Berliner Publikumsliebling stand acht Monate nach einem Kreuzbandriss erstmals wieder in Herthas Startelf - und eröffnete mit seinem 33. Bundesliga- Tor das Wettschießen. Danach verpasste Ziege den möglichen Ausgleich, im direkten Gegenzug zog der Angolaner Nando Borussia endgültig den Nerv. «Wir dürfen uns jetzt nicht selbst bemitleiden, wir müssen selbst die Karre aus dem Dreck ziehen», gab sich Ex-Nationalspieler Ziege trotz des schwarzen Tages kämpferisch.

Für Hertha dagegen, vor genau einem Jahr mit übersteigerter Erwartungshaltung an einer ähnlichen Krankheit leidend wie jetzt Gladbach, stehen nach sechs Spielen ohne Niederlage und Tabellen- Platz sieben alle Zeichen auf Aufbruch. «Jetzt wollen wir uns da oben festsetzen, das schaffen wir auch», zeigte Bastürk nach seinen ersten beiden Bundesliga-Toren für Hertha das Ziel UEFA-Cup auf. Das 6:0 gegen Gladbach reiht sich in die Liste der zweithöchsten Siege ein, nur im April 1970 gegen Borussia Dortmund ließ es die «alte Dame» beim 9:1 noch öfter krachen.

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