Sommermärchen-Prozess: Das Hoffen auf ein Abschiedsfoto

Nach über einem Jahr steht der Sommermärchen-Prozess vor dem Ende. Ob es am Donnerstag tatsächlich so kommt, ist aber nicht sicher.
Zuletzt schlug Theo Zwanziger bereits ein Gruppenbild mit den mittlerweile bestens bekannten Prozessbeobachtern vor. Am Donnerstag könnte ein Schnappschuss vor Saal 9 im Gebäude E tatsächlich als Abschiedsfoto vom Sommermärchen-Verfahren dienen.
Doch ob der Prozess um die dubiosen Zahlungsflüsse rund um die Fußball-WM 2006 nach über einem Jahr wirklich endet, erscheint offen. Eine Einigung ist ebenso möglich wie die Weiterführung der Auseinandersetzung. Nur eines ist bereits klar: Abgeschlossen ist der Fall so oder so noch lange nicht.
Erst einmal bringen sich die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung des einzig verbliebenen Angeklagten Zwanziger mit Blick auf den womöglich finalen Verhandlungstag vor dem Landgericht Frankfurt/Main (ab 10:00 Uhr) in Stellung.
Nach "SID"-Informationen ist ein Ende des Prozesses nur dann sicher, wenn sich die Anklage vollumfänglich auf den Vorschlag der Kammer unter dem Vorsitz der Richterin Eva-Marie Distler einlässt.
6,7 Millionen Euro stehen im Fokus
Sollte die Staatsanwaltschaft aber eine höhere Geldbuße für Zwanziger als die unterbreiteten 5000 Euro fordern, droht eine Fortsetzung des Verfahrens. Dann ist davon auszugehen, dass die Seite des früheren DFB-Präsidenten ihre Zustimmung zur Einstellung verweigert.
Unrealistisch ist dieses Szenario nicht. Schließlich geht es für die Ankläger darum, nach 25 Verhandlungstagen ihr Gesicht zu wahren. Auf "SID"-Anfrage bittet die Staatsanwaltschaft "um Verständnis", dass vor Donnerstag "nichts vorweggenommen werden kann".
Immerhin sind die Fronten seit dem Verhandlungstag am Montag vergangener Woche geklärt. Für das Gericht steht fest, wofür die ominösen 6,7 Millionen Euro, die vom Deutschen Fußball-Bund als Betriebsausgabe für eine nie stattgefundene WM-Gala deklariert wurden, verwendet worden sind.
Demnach handelt es sich um eine vom WM-Chef Franz Beckenbauer im Dienste des DFB veranlasste Schmiergeldzahlung an einen oder mehrere Mitglieder der damaligen FIFA-Finanzkommission um Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam.
Schmiergeldzahlung nach Katar?
So wollten sich die damaligen Spitzenfunktionäre des DFB den am Ende tatsächlich gewährten WM-Zuschuss des Weltverbands in Höhe von 170 Millionen Euro sichern. Einen nachträglich geleistete Zahlung zum Stimmenkauf für die WM-Vergabe im Jahr 2000 sieht das Gericht dagegen als unwahrscheinlich.
Das Geld wurde 2005 vom WM-Organisationskomitee über den Weltverband FIFA an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Louis-Dreyfus an bin Hammam nach Katar geflossen.
Nach Ansicht des Gerichts war der ganze Ablauf ein "Scheingeschäft" zwischen der FIFA und dem deutschen Organisationskomitee, um die "Schmiergeldzahlung nach Katar zu verschleiern".
Der DFB verbuchte dies im Jahr 2006 unter dem damaligen Präsidenten Zwanziger als Betriebsausgabe. Die Staatsanwaltschaft wertet dies als Steuerhinterziehung in Höhe von 13,7 Millionen Euro. In der Folge wurde dem Verband rückwirkend die Gemeinnützigkeit aberkannt, 22 Millionen Euro musste der DFB an Steuern nachzahlen.
Nur noch Zwanziger auf der Anklagebank
Mit Blick darauf wird der juristische Streit ohnehin weitergehen. Der Verband will nach "SID"-Informationen vor dem Finanzgericht Kassel um die Rückerstattung seiner Steuernachzahlung kämpfen.
Zur Sicherheit hat der DFB auch Zwanziger verklagt, was wiederum zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Ex-Präsidenten führen könnte.
Die Schuld Zwanzigers sieht die Kammer beim aktuellen Verfahren als gering an. Für den 79-Jährigen spreche zudem sein Alter und die hohe Belastung durch die "überlange" Verfahrensdauer, Zwanziger habe sich auch nicht persönlich bereichert. Auch Kosten und Nutzen durch eine Fortsetzung des Verfahrens seien unverhältnismäßig.
Ohnehin sitzt nur noch Zwanziger auf der Anklagebank. Ursprünglich mussten sich auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und der ehemalige Generalsekretär Horst R. Schmidt verantworten.
Das Verfahren gegen Niersbach war gegen eine Zahlung von 25.000 Euro eingestellt worden, Schmidt schied wegen gesundheitlicher Probleme aus dem Verfahren aus.