17.08.2021 13:22 Uhr

Gnabry in der Krise: Gehemmt, verunsichert, "entschlüsselt"

Ist beim FC Bayern gesetzt: Serge Gnabry
Ist beim FC Bayern gesetzt: Serge Gnabry

Serge Gnabry ist beim FC Bayern längst zu einer festen Größe worden. Der Nationalspieler genießt national wie internationalen einen hervorragenden Ruf. Seine Leistungen aber waren in den letzten Monaten nicht selten enttäuschend. Ein echter "Unterschiedsspieler" ist der Flügelstürmer schon lange nicht mehr. 

Dass Serge Gnabry ein überragender Fußballer ist, bestreitet niemand. Der 26-Jährige vereint Tempo, Technik und Torgefahr und verfügt damit über Waffen, die im modernen Fußball gefragt, auf absolutem Top-Level für einen Flügelstürmer sogar unabdingbar sind. Nicht umsonst ist der gebürtige Stuttgarter im Star-Ensemble des FC Bayern gesetzt.

Nur: Auf den Platz hat Gnabry besagte Qualitäten schon lange nicht mehr gebracht. Sowohl in der letzten Bundesligasaison als auch bei der EM und dem Auftakt in die aktuelle Spielzeit lieferte er nicht das, was er kann - und von ihm erwartet wird.

Wann bekommt der FC Bayern den "alten Gnabry" zurück?

Gnabry selbst sagte noch im Mai gegenüber "Spox" und "Goal": "Ich bin nicht zufrieden mit mir." Eine Aussage, die auch nach der EM noch Bestand hat, denn auch dort sah man nicht den Serge Gnabry, der in der Saison 2019/20 in 46 Pflichtspielen noch 23 Tore und 12 Assists zum Triple beigesteuert hatte. 

In diesem Jahr, das hatte sich der Nationalspieler fest vorgenommen, sollte der "alte Gnabry" endlich wieder auf den Platz zurückkehren.

"Die Pause war jetzt lang, war gut, um den Kopf freizukriegen - auch von der EM. Es war ein langes Jahr gewesen. Jetzt bin ich wieder heiß auf Fußball", sagte der 26-Jährige, nachdem er früher als alle anderen EM-Fahrer ins Training eingestiegen war. Doch es scheint so, als hätte ihm dieser frühe Wiedereinstieg nicht gut getan.

Gnabry gehemmt, verunsichert und "entschlüsselt"

Auch im Spiel gegen Mönchengladbach wirkte Gnabry nur wie ein Schatten des Spielers, der er sein kann. Ein einziger Torschuss, 60 Ballkontakte, eine Passquote von 78 Prozent und 36 Prozent gewonnene Zweikämpfe sind zwar keine Katastrophe - die Werte von Leroy Sané waren noch schlechter -, dennoch wirkte Gnabry gehemmt, verunsichert und "entschlüsselt".

Seine pfeilschnellen Flankenläufe, das Durchsetzungsvermögen in Eins-gegen-Eins-Situationen und der brandgefährliche Torabschluss - alles eine Stufe schwächer als es schon mal war. Von sport.de gab es für seinen Auftritt die Note 4,5, der "kicker" strafte Gnabry für seinen uninspirierten 75-minütigen Auftritt gar mit einer 5,0 ab. Und diese schlechten Bewertungen sind längst kein Einzelfall mehr.

Schon bei der EM sah zum Beispiel TV-Reporter Marcel Reif einen Serge Gnabry, der "wie sein minderbegabter Bruder" aufgetreten ist. Ein sprachlich plumpes, inhaltlich aber nicht falsches Zeugnis für die Endrunde des 26-Jährigen. Aber woran liegt's? Warum befindet sich der Nationalspieler schon seit Monaten auf Formsuche?

Mammutprogramm des FC Bayern hinterlässt Spuren

Außer Frage steht, dass die hohen Belastungen und kurzen Pausen seit Beginn der Corona-Pandemie bei Gnabry Spuren hinterlassen haben. Der Flügelstürmer wirkt überspielt und selten topfit. Allein in der letzten Saison verpasste er aus verschiedensten Gründen (Verletzung, Corona) zwölf Pflichtspiele - mehr als in den beiden Jahren zuvor zusammen.  

Dabei ist Gnabry ein Spieler, der von seiner Dynamik, seinem Antritt, seinem Selbstvertrauen lebt. Spielt der Körper nicht zu einhundert Prozent mit, leidet auch der Rest. Dann wiederum spielt auch der Kopf eine Rolle. Eine schwächere Chancenverwertung und schlechtere Trefferquote sind letztlich nur die Folge. Und das wurmt Gnabry am meisten. "Mein Ziel war, meine Tor- und Vorlagenquote zu verbessern. Das habe ich nicht geschafft. [...] Daran muss ich arbeiten", zeigte er sich nach der letzten Saison selbstkritisch.

Warum dem FC Bayern ein großes Problem droht

Bisher hatte Gnabry als einer der wenigen Profis das Glück, stets das Vertrauen seines Trainers zu genießen. Das war in Hoffenheim unter Julian Nagelsmann so, bei Bayern unter Niko Kovac und Hansi Flick sowie in der Nationalmannschaft unter Jogi Löw. Oft holte Gnabry aus dieser komfortablen Situation das Maximum raus. Seit einigen Monaten aber zahlt er dieses Vertrauen nur noch bedingt zurück.

Für den FC Bayern kann das durchaus noch zu einem großen Problem werden, denn Gnabry ist auf dem offensiven Flügel nicht das einzige Sorgenkind. Auch Leroy Sané ist seinem 45-Mio.-Euro-Preisschild bisher nur selten gerecht geworden. Kingsley Coman ist ebenfalls ein spezieller Fall. Dabei hat die letzte Saison schonungslos gezeigt, dass Robert Lewandowski und Thomas Müller allein - so überragend sie auch waren - nicht reichen, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Dafür ist auch ein Serge Gnabry nötig - der Serge Gnabry, der sich in den letzten Monaten zu selten zeigte.

Christian Schenzel

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