18.03.2021 16:51 Uhr

Keine Eigenwerbung: Nübels bitterer Abend

Alexander Nübel erhielt im Tor des FC Bayern eine Bewährungschance
Alexander Nübel erhielt im Tor des FC Bayern eine Bewährungschance

Mangels Spielpraxis strebt Alexander Nübel angeblich einen (vorübergehenden) Abschied vom FC Bayern an. Am Mittwochabend durfte sich der ehemalige Schlussmann des FC Schalke 04 dann doch einmal beweisen - nutzen konnte er die Bewährungschance in der Champions League nicht.

Es lief die 82. Minute des Achtelfinal-Rückspiels zwischen dem FC Bayern und Lazio Rom, als Alexander Nübel endlich in den Blickpunkt rückte. Zuvor hatte der Stellvertreter des erkrankten Manuel Neuer einen überaus ruhigen Abend verlebt. Seine Vordermänner ließen die Gäste aus Italien nie ins Spiel kommen, führten souverän mit 2:0.

Als Lazios Andreas Pereira in der Schlussphase einen Freistoß aus dem linken Halbfeld in den Sechzehner brachte, schlug Nübels große Stunde - oder besser gesagt, sie hätte schlagen sollen. Denn dem 24-Jährigen versagten die Nerven.

Zwei Schritte vor, ein kurzes Zögern, wieder zwei zurück - und plötzlich stand Marco Parolo vollkommen frei im Fünfmeterraum vor Nübel, der regungslos mitansah, wie Lazios Mittelfeldmann zum sportlich unbedeutenden, aber dennoch ärgerlichen Anschlusstreffer einköpfte - zu allem Überfluss durch die Beine des Torwarts.

Auch wenn ihn in dieser Szene nur eine Teilschuld traf, schließlich hatte die komplette Bayern-Abwehr gepennt - irgendwie passten die Geschehnisse in dieser 82. Minute doch ins Bild. Bislang ist der so ambitionierte Nübel in München nicht glücklich geworden.

FC Bayern: Weitere Nübel-Einsätze unwahrscheinlich

Freilich enttäuschte Nübel gegen Lazio nicht total, mit dem Ball am Fuß schwang sich der ehemalige U21-Nationaltorhüter immer wieder zum ersten Aufbauspieler auf. 

Echte Eigenwerbung konnte Nübel allerdings auch nicht betreiben. Zu selten war der unzufriedene Ersatzmann gefordert. Und dann war da ja noch die Szene in der 82. Minute.

Dass im Saisonendspurt weitere Einsätze für Nübel hinzukommen, ist unwahrscheinlich. In der Bundesliga wie in der Champions League stehen dem FC Bayern wegweisende Wochen bevor.

Dass Trainer Hansi Flick gegen Kaliber wie RB Leipzig oder den noch nicht bekannten, aber zweifellos starken nächsten Königsklassen-Gegner ohne große Not auf Neuer verzichtet, um Nübel zu fördern, ist ausgeschlossen.

Alexander Nübels Plan beim FC Bayern geht nicht auf

Mehr und mehr verdichten sich die Anzeichen, dass der Schlussmann im Sommer verliehen wird, um andernorts wieder regelmäßig zu spielen. Mit dem Bielefelder Stefan Ortega steht ein möglicher Nachfolger bereits in den Startlöchern.

Ursprünglich wollte und sollte Nübel perspektivisch den immer noch unumstrittenen, aber bald schon 35 Jahre alten Neuer ablösen. Dieser Plan ist vorerst gescheitert. In seinem ersten Jahr in München sollte der Herausforderer erst mal nur lernen. Im zweiten aber hätte er angreifen und sich als Nachfolger positionieren dürfen.

Das war der Plan, ausgeheckt von den Kaderplanern des Rekordmeisters um Sportvorstand Hasan Salihamdzic. Doch der Angriff wird wohl abgeblasen, weil Nübel nicht auf die ihm fest zugesagten zehn Einsätze kommt. "Diese Situation ist unbefriedigend", klagte Nübels Berater Stefan Backs im "kicker". "Wenn Alex nicht mehr zum Spielen kommt", ergänzte er, müsse man "im Sommer über eine Ausleihe nachdenken."

Klappt die Leihe im zweiten Versuch?

Kurios: Nach dem emotional sehr aufgeladenen Wechsel von Schalke 04 zum FC Bayern im vergangenen Sommer hatten Nübel und Backs angeregt, den Torhüter gleich für die ersten zwei der fünf Vertragsjahre bis 2025 zu verleihen - die Bayern aber wollten das Talent lieber bei sich behalten.

Vor allem Salihamidzic hatte den Transfer vorangetrieben und Nübel Einsätze zugesichert. Kapitän Neuer aber will auf kein Spiel verzichten, freiwillig schon gar nicht. Zudem fand der noch bis 2023 gebundene Routinier nach der Verpflichtung des potenziellen Nachfolgers zurück zu seiner Welttorhüter-Form. Für Hansi Flick gab es daher keinen Grund, die Zusagen von Salihamidzic an Nübel einzuhalten. Was dem Sportvorstand erwartungsgemäß missfiel und für Zündstoff sorgte.

Flick ist das egal. "Er wurde vor meiner Zeit geholt. Ich kenne keine Vertragsdetails", betonte der 56-Jährige bei "Sky" in Bezug auf Nübel. Er könne zwar Verein und Spieler verstehen, "aber ich entscheide, wer spielt oder wer nicht. Da lasse ich mir auch nicht reinreden". Es werde sich "zeigen, wie es weitergeht".

Längst sind sich Nübel und der FC Bayern einig: Noch ein Jahr ohne Spielpraxis wäre kontraproduktiv. Die von Niko Kovac trainierte AS Monaco soll an einem Leihgeschäft interessiert sein.  Ein Wechsel von Nübel ins Fürstentum ist nach den Eindrücken des Mittwochabends nicht unwahrscheinlicher geworden.

Heiko Lütkehus (mit Material vom SID)

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