04.08.2020 11:50 Uhr

Süle oder Boateng: (K)eine einfache Frage

Jérôme Boateng (l.) ist Niklas Süle derzeit wohl ein Stück enteilt
Jérôme Boateng (l.) ist Niklas Süle derzeit wohl ein Stück enteilt

Als unumstrittener Platzhirsch in der Innenverteidigung des FC Bayern in die Saison 2019/20 gestartet, bremste der zweite Kreuzbandriss seiner jungen Karriere Niklas Süle Mitte Oktober 2019 unsanft aus. Inzwischen steht der 24-Jährige wieder auf dem Rasen und unmittelbar vor seinem Pflichtspiel-Comeback. Dumm nur, dass in München inzwischen ein anderer Abwehrchef das Zepter übernommen hat.

Bayern-Urgestein David Alaba wurde während Süles Auszeit in die Abwehrmitte beordert, überzeugte mit beeindruckenden Leistungen und ist inzwischen der Mann, auf den die Defensive hört. "Er ist derjenige, der das Spiel eröffnet und dirigiert, der die Kommandos gibt. David ist der Chef der Abwehr - und da hatten wir zuvor eine Lücke", zementierte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge zuletzt die unantastbare Rolle des Österreichers.

Doch damit nicht genug: An Alabas Seite fand ein eigentlich bereits ausgemusterter und teils lustlos wirkender Ex-Weltmeister seine Freude am Spiel zurück: Jérôme Boateng. Die Zeit des 31-Jährigen in München dürfte zwar spätestens im Sommer 2021 enden, aktuell spricht allerdings viel dafür, dass Boateng seinen Stammplatz vorerst behält. Im Achtelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Chelsea führt am Routinier zumindest kein Weg vorbei - oder doch? Wir haben uns angeschaut, wer gegen die Blues die besten Karten auf den Platz an Alabas Seite hat.

Das spricht für Jérôme Boateng:

Eigentlich hat Bayern-Coach Hansi Flick keinen Grund, sein Erfolgsduo zu trennen. Zu souverän präsentierten sich Boateng und Alaba in den vergangenen Monaten, zu viel steht gegen Chelsea auf dem Spiel. Klar, den 3:0-Erfolg aus dem Hinspiel im Rücken, darf die Qualifikation für das Finalturnier der Königsklasse (12. bis 23. August in Lissabon) nicht mehr schiefgehen, sollte Bayern allerdings doch noch in Bedrängnis kommen, würde Flick einen Großteil seiner in den letzten neuneinhalb Monaten erarbeiteten Lorbeeren verlieren und sein Team massiv an Selbstvertrauen für den angestrebten Triple-Gewinn einbüßen.

Mehr als ein Fingerzeig dürfte zudem sein, dass Flick auch in der Generalprobe, dem 1:0-Sieg im Testspiel gegen Olympique Marseille, unlängst Alaba und Boateng starten ließ. Ebenso, dass Boateng wie die anderen gesetzten Akteure nach 61. Minuten unter die Dusche geschickt wurde. Für den Ex-Nationalspieler kam Süle und feierte nach 286 Tagen sein Comeback. Ein ähnliches Szenario böte sich wohl auch gegen die Blues an.

  • Aufstellung des FC Bayern beim 1:0-Testspielsieg gegen Olympique Marseille: Neuer (61. Ulreich) - Kimmich (61. Odriozola), Boateng (61. Süle), Alaba (46. Hernández), Davies (61. Arrey-Mbi) - Goretzka (46. Tolisso), Thiago (61. Cuisance), Müller (46. Coutinho) - Perisic (46. Coman), Lewandowski (71. Zirkzee), Gnabry (61. Martínez)

Gegen einen Startelfeinsatz von Boateng sprechen wohl nur die erneuten Schlagzeilen um den Verteidiger, der unlängst in einen Auffahrunfall verwickelt war. Vor allem, dass es anschließend zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein soll, dürfte der Führungsriege an der Isar weniger gefallen. 

Das spricht für Niklas Süle:

"Er hat mit unseren Rehatrainern und unseren Physios gut gearbeitet [...], ich denke schon, dass er bei 100 Prozent ist", äußerte sich Flick vor dem Marseille-Test zur Personalie Süle, gab aber auch zu: "Klar fehlt ihm die Spielpraxis." Nach dem Vergleich wolle man bewerten, wie es weitergeht. Und genau da liegt die Chance Süles. Auch wenn der DFB-Star defensiv gegen die Franzosen kaum gefordert wurde, konnte Süle überzeugen. In knapp 30 Minuten spielte er satte 41 Pässe, 40 (!) brachte er an den Mann. 

Vieles deutet allerdings daraufhin, dass Süle erst nach der erwarteten Quali für das Finalturnier eine ernsthafte Option für die erste Elf wird. Für dieses Turnier habe er "unheimlich viel investiert", erklärte der Abwehrhüne unlängst gegenüber "Magenta Sport", wo seine Prioritäten liegen und gab zu, dass nach der langen Pause "noch nicht alle Abläufe stimmen und die Spritzigkeit noch nicht so da ist."

So oder so, die Rückkehr von Süle dürfte die Triple-Hoffnungen in München weiter befeuern. Flick betonte, dass mit Süle eine "weitere Option" zur Verfügung stünde und schob nach dem Testspiel-Sieg am vergangenen Freitag hinterher: "Der ganze Verein hat aufgeatmet." Süle habe es sich "mehr als verdient, dass er jetzt wieder auf dem Platz steht."

Fazit:

Dass Süle gegen die Blues sein Pflichtspiel-Comeback gibt und Spielpraxis unter Wettkampfbedingungen sammelt, ist zwar wahrscheinlich, in der Startformation wird Flick allerdings auf Boateng setzen. Sollte die Qualifikation gelingen, dürfte der Coach die Situation allerdings bereits neu bewerten.

Marc Affeldt

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