18.12.2019 13:52 Uhr

Verlässt Boateng den FC Bayern? Zweckehe vor der Scheidung

Jérôme Boateng ist beim FC Bayern kein Stammspieler mehr
Jérôme Boateng ist beim FC Bayern kein Stammspieler mehr

Obwohl beim FC Bayern München zwischenzeitlich drei Innenverteidiger-Konkurrenten ausfielen, hat Jérôme Boateng seinen Status in dieser Saison nicht verbessern können. Im Gegenteil: Zuletzt enttäuschte der 31-Jährige auf ganzer Linie. Kommt es im Winter zur längst überfälligen Trennung?

Selten stand eine Spielszene so sinnbildlich für den Zustand eines Profis wie der Bremer Führungstreffer beim letzten Heimauftritt des FC Bayern.

Nach einem Ballverlust des Rekordmeisters am gegnerischen Sechzehner schaltet Werder blitzschnell um. Der Ball erreicht Milot Rashica am Mittelkreis. Mit dem ersten Kontakt legt sich der flinke Angreifer den Ball selbst vor und nimmt Gegenspieler Jérôme Boateng im Sprint gut und gerne zwei Meter ab.

Der Ex-Nationalspieler hechelt verzweifelt hinterher, kann das 0:1 aber nicht verhindern. Boateng wendet sich gefrustet ab. Mit Teamkollege Joshua Kimmich kommt es nach der unglücklichen Szene zum Streit.

Bekanntlich drehen die Hausherren die Partie, im zweiten Abschnitt erlebt die Allianz Arena eine spektakuläre Tor-Party.

Der zur Pause ausgewechselte Boateng ist zu diesem Zeitpunkt nur noch Zuschauer. Ein weiterer Tiefschlag für den Routinier, dessen Beziehung zum FC Bayern längst in die Kategorie Zweckehe fällt.

Jérôme Boateng in der internen Hierarchie des FC Bayern abgerutscht

Seit eineinhalb Jahren will Boateng aus München weg. Ein Wechsel zu Paris Saint-Germain scheiterte im Sommer 2018 auf der Zielgeraden, später auch ein Transfer zu Juventus Turin.

Die Folge: Im Dezember 2019 spielt Boateng, dessen Vertrag 2021 endet, weiterhin beim FC Bayern. Ein Zustand, mit dem weder Verein noch Spieler glücklich sein können.

Schon im Mai hatte Boatengs Verhalten während der Meister-Feierlichkeiten für Irritationen gesorgt. Als seine Teamkollegen den siebten Titel in Folge ausgelassen zelebrierten, zog sich der Innenverteidiger zurück und spielte lieber mit seinen Kindern. Deutlicher kann man sich kaum abschotten.

Für Boateng, der sieben Meisterschaften, vier Pokalsiege, den Champions-League-Triumph 2013 und den WM-Titel 2014 in seiner Vita stehen hat, ist es keine Option, sich mit einer Rolle als Backup zufrieden zu geben. Der gebürtige Berliner sieht sich selbst als Führungsspieler.

In der internen Hierarchie des FC Bayern ist Boateng jedoch abgerutscht. Niklas Süle und Rekord-Neuzugang Lucas Hernández stehen klar vor ihm. Dass beide in der Hinrunde mit schweren Verletzungen ausfielen, hat Boatengs Einsatzzeiten zwar erhöht, seinen generellen Status aber nicht verbessert.

Zu oft wirkte der 31-Jährige unkonzentriert, langsam, zuweilen fast lethargisch. Bezeichnend sein früher Feldverweis nach Notbremse gegen Eintracht Frankfurt, der die derbe 1:5-Klatsche und das anschließende Aus von Trainer Niko Kovac einleitete.

Boateng, einst ein Vorbild an Konstanz und Zweikampfstärke, war zuletzt kaum noch wiederzuerkennen, gewann nur 59,55 Prozent seiner direkten Duelle.

Im Umfeld des FC Bayern kommt Boateng nicht bei jedem gut an

Auch abseits des Rasens soll Boatengs Verhalten für Unmut gesorgt haben. Laut "Bild" zeigten sich die Bayern-Bosse verärgert über einen Wochenend-Trip des Defensivspielers nach New York. Boateng war an einem seiner freien Tage zu einer Buchpräsentation von Popstar Rihanna geflogen.

"Jérôme war immer ein Mensch, der sich nicht nur exklusiv um Fußball, sondern auch um Lifestyle gekümmert hat", sagte Karl-Heinz Rummenigge einmal.

Was der Vorstandsboss meint: Boateng trägt seine Liebe für Mode und Musik über die Sozialen Medien gerne nach außen.

Im konservativen Umfeld des FC Bayern kam und kommt das nicht bei jedem gut an. Vor allem, wenn die Leistung auf dem Platz nicht stimmt.

So verwundert es kaum, dass der Rekordmeister längst keinen Hehl mehr aus Boatengs Verzichtbarkeit macht. Dieser sei "kein Spieler für die Bank. Das verträgt er nicht. Deswegen sollte er gehen", polterte der damalige Präsident Uli Hoeneß Ende Mai. Boatengs Wechselwunsch habe man "schon lange akzeptiert".

Verlässt Jérôme Boateng im Winter den FC Bayern?

Ob es in der anstehenden Winter-Transferphase zur ersehnten Trennung kommt, steht aktuell in den Sternen. Eigentlich kann der personell gebeutelte FC Bayern keinen Abwehrspieler entbehren. Zugleich stellt sich die Frage, ob ein augenscheinlich verbitterter und dadurch zum Risikofaktor gewordener Spieler tatsächlich gegen seinen Willen gehalten werden sollte.

Die Medien sind sich uneins: Während der "kicker" unlängst noch von einem Wechsel-Verbot sprach, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" vom unmittelbar bevorstehenden Ende der Zusammenarbeit zwischen Bayern und Boateng. Dessen Berater Fali Ramadani und der Münchner Sportdirektor Hasan Salihamidzic sollen sich bereits zu Gesprächen getroffen haben.

Wie auch immer die Geschichte ausgeht - sonderlich herzlich dürfte der Abschied nicht ausfallen. Zu groß ist die Unzufriedenheit auf beiden Seiten.

Ein neuer Tiefpunkt könnte beim Auswärtsspiel in Freiburg folgen. Dort wird Trainer Hansi Flick wohl den gelernten Linksverteidiger David Alaba innen aufbieten und Boateng nach seiner schwachen Performance gegen Bremen auf die Bank setzen.

Die Scheidung der Zweckehe rückt näher.

Heiko Lütkehus

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