09.09.2019 09:12 Uhr

Netzer spricht über Rückzug von Hoeneß

Uli Hoeneß wird nicht mehr als Präsident des FC Bayern München kandidieren
Uli Hoeneß wird nicht mehr als Präsident des FC Bayern München kandidieren

Günter Netzer hat über den Rückzug von Uli Hoeneß als Präsident des Fußball-Bundesligisten FC Bayern München gesprochen. So richtig nimmt der ehemalige Weltklasse-Fußballer und langjährige TV-Experte seinem früheren Mitstreiter in der Nationalmannschaft den Abschied nicht ab.

"Es ist natürlich schwer zu glauben, dass er von 100 auf 0 zurückdreht. Das macht er sowieso nicht, in seinem Leben wird immer etwas los sein", sagte Netzer gegenüber dem "kicker", fügte jedoch hinzu: "Der FC Bayern wird da jedoch nicht mehr die Hauptrolle spielen."

Außerdem sei Hoeneß ja "noch ein wenig dabei. Die Funktion im Aufsichtsrat lässt ihn weiter den Klub erleben. Dass es so bleibt, ist absolut richtig", bilanzierte Netzer, der am Wochenende seinen 75. Geburtstag feiert. 

Um Rat gefragt habe Hoeneß ihn nicht, so der ehemalige Gladbacher. "Nein. Das musste er ganz allein entscheiden. Er ist ein kluger Mann, der genau weiß, was ihm fehlen und welchen Einfluss das auf sein Leben haben wird", sagte der frühere Mittelfeldspieler. 

Ob die Entscheidung richtig gewesen und vor allem zum richtigen Zeitpunkt gefallen sei, könne ohnehin nur Hoeneß selbst beurteilen, so Netzer abschließend. 

Netzer: Da habe ich "anscheinend die Krankenschwester in die Ecke gekickt"

Der 74-Jährige hat sich nach einer intensiven Herzoperation im Mai 2016, bei dem ihm sechs Bypässe gelegt wurden, noch etwas mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Mit einer Anekdote aus der OP-Zeit sorgte Netzer nun jedoch für Schmunzeln:

Auf der Intensivstation habe er ein "fürchterliches Erlebnis" gehabt: "Eine ganze Nacht starrte ich, schlaflos, auf eine Uhr an der Wand, wie sie sich im Minutentakt bewegte. Sonst kann ich mich an nichts mehr erinnern. Ich habe - im Narkoserausch - die Kabel vom Körper gerissen und in alter Fußballermanier anscheinend die Krankenschwester in die Ecke gekickt."

Der Vorfall habe ihm unglaublich Leid getan: "Um Gottes willen, Herr Professor, Herr Doktor, Champagner und Blumen für die Schwester, rief ich, als mir der Vorfall erzählt wurde." Inzwischen könne er "mit der Herzgeschichte" gut leben. 

Netzer: "Es gab viele Aufs und Abs

Fußball sei in seinem Leben heute nicht mehr die Nummer eins, so Netzer weiter.

"Ich gebe zu, die ganz große Begeisterung für den Fußball ist nicht mehr vorhanden", sagte er. Früher habe er sich nicht vorstellen können, jemals ein Spiel im Fernsehen zu verpassen oder große Spiele nicht zu besuchen: "Ich konnte mir allerdings auch nicht vorstellen, dass ich einen Tag ohne Diskotheken auskomme", sagte Netzer lachend.

Vor seinem 75. Geburtstag blickte er zudem auf ein "rundum zufriedenes Leben" zurück. Netzer, dessen Herzensklub Borussia Mönchengladbach ihn unlängst mit einer eigenen Ausstellung ehrte, zog vor allem aus Rückschlägen viel Kraft. "Es gab viele Aufs und Abs, Gott sei Dank, immer wieder Phasen, in denen ich auf die Schnauze gefallen bin. Daraus habe ich gelernt und den nächsten Entwicklungsschritt gemacht", blickte Deutschlands Fußballer des Jahres 1972 und 1973 zurück.

Netzer gilt bis heute als einer der besten Mittelfeldspieler der Bundesliga-Geschichte. Sportlich am meisten zu verdanken habe er Trainer Hennes Weisweiler, auch wenn es zwischen den beiden immer wieder zu Reibereien kam: "Bei allen Streitereien mit Weisweiler: Er hat mich gemacht und Borussia Mönchengladbach."

Legendär war nicht zuletzt sein Tor zum 2:1 im DFB-Pokalfinale 1973 gegen den 1. FC Köln. Weisweiler ließ seinen Star zunächst auf der Bank. Nachdem er in der Pause seine Einwechslung verweigerte, wechselte sich Netzer beim Stand von 1:1 selbst ein und erzielte wenigen Minuten später den Siegtreffer.

Dieser Spieler ist für Netzer der beste der Welt

Netzer wurde mit den Borussen 1970 und 1971 deutscher Meister und 1973 Pokalsieger, eher er dann zu Real Madrid wechselte und dort zweimal spanischer Meister sowie Pokalsieger wurde. In der Zeit wurde Netzer auch zum "Fußball-Popstar". "Ich habe die Öffentlichkeit nicht geliebt, obwohl es manchmal so schien. Ich machte es mit, schlitzohrigerweise, das musste man, weil es den Wert gesteigert und die Kasse voll gemacht hat", bekannte der 37-malige Nationalspieler.

Wie sich Fußballer heute in den sozialen Medien präsentieren, kann er nicht nachvollziehen: "Die Öffentlichkeit derart an meinem ganzen Leben teilhaben zu lassen, wäre bei mir nicht infrage gekommen." Die Spieler würden zwar stärker beansprucht als früher: "Dafür kann ich sie nicht bemitleiden, weil sie sich diesen Druck gewünscht haben. Sie werden hofiert und gut bezahlt, deshalb dürfen sie sich nicht beschweren."

Für Netzer ist der Argentinier Lionel Messi das Nonplusultra. "Messi ist ein Wunderwerk des Fußballs. Vielleicht war Maradona technisch noch eine Spur besser, aber er ist nicht zu vergleichen mit Messi", sagte der langjährige TV-Experte.

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