09.12.2017 19:18 Uhr

Bosz zählt sich selbst an: "Kann man nicht erklären"

Peter Bosz steht nach der 1:2-Pleite gegen Werder Bremen vor dem Aus beim BVB
Peter Bosz steht nach der 1:2-Pleite gegen Werder Bremen vor dem Aus beim BVB

Peter Bosz stand entsetzt über das kollektive Versagen wie eine Salzsäule im Schneefall - doch die Bosse handelten.

Umgehend hasteten Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc nach dem 90-minütigen Offenbarungseid gegen Werder Bremen in die Kabine von Borussia Dortmund. Es war höchstwahrscheinlich das letzte Mal, dass sie dort neben der erneut desolaten Mannschaft noch Bosz als Trainer ins Gebet nahmen: Der Niederländer steht unmittelbar vor der Entlassung.

"Ein paar Spieler haben vor sich hingeflucht, sonst wurde in der Kabine nicht allzu viel geredet", berichtete BVB-Kapitän Marcel Schmelzer, der nach dem dramatisch schwachen 1:2 (0:1) gnadenlos mit seiner Mannschaft abrechnete: "Das kotzt mich an, das geht mir tierisch auf den Sack. Das war eine absolute Frechheit. Der Wahnsinn."

Das fasste das Spiel bestens zusammen. Konzeptlos, ratlos, hilflos gar war der BVB in das "Endspiel" für seinen Trainer gegangen. Schon zur Halbzeit pfiffen die Fans in höchster Lautstärke.

Schmelzer: "Der Trainer ist die ärmste Sau"

"Seit Wochen sage ich, wir sollen nicht nur reden, sondern endlich Taten folgen lassen. Dann treten wir hier so auf. Wahnsinn!", schimpfte Schmelzer am "Sky"-Mikrofon, er war kaum zu bremsen: "Ich verstehe nicht, wie solch eine Leistung in so einem Spiel passieren kann. Das war richtig kacke. Der Trainer ist die ärmste Sau!"

Der Kampfgeist des Trainers glimmt noch, stark ist er nicht mehr. Beinahe servierte Bosz der Vereinsspitze seinen Kopf auf dem Silbertablett. "Die Enttäuschung sitzt sehr tief", berichtete er resignierend, "das war sehr schlecht, und ich bin der Verantwortliche dafür."

Es sei schwer, sagte Bosz, noch Hoffnung zu haben. Die haben wohl auch Watzke und Zorc vor dem Ligaspiel beim FSV Mainz 05 am Dienstag verloren. Sie haben Bosz lange verzweifelt gestützt, vor Wochen noch das vermeintlich übertriebene Krisengerede "schizophren" und "krank" genannt. Den richtigen Zeitpunkt für eine Entlassung haben sie mehrfach verpasst: nach dem Champions-League-Heimspiel gegen Tottenham Hotspur (1:2), nach dem verrückten 4:4 trotz 4:0-Führung im Derby gegen Schalke 04. Nun erscheint die Trennung vom Nachfolger Thomas Tuchels unausweichlich.

Bosz zählt sich selbst an: "Das kann man alles nicht erklären"

Jeder Satz von Peter Bosz klang passenderweise wie eine Selbstanklage. "Das kann man alles nicht erklären. Ich stimme Marcel Schmelzer auch zu", sagte der 54-Jährige, "die erste Halbzeit war die schlechteste, seit ich hier bin. Wir haben keinen Druck auf den Gegner gemacht, nur der Gegner auf uns."

Dies war wohlgemerkt die Analyse eines Heimspiels von Borussia Dortmund, im September noch klarer Tabellenführer der Bundesliga, gegen den Tabellenvorletzten. In acht Liga-Spielen ohne Sieg sind aus einstmals fünf Punkten Vorsprung auf Bayern München 13 Punkte Rückstand geworden. Die Qualifikation zur Champions League gerät in Gefahr, was für Watzke und Zorc stets der erklärte Maßstab war.

"Wir haben es versucht, aber die Qualität hat gefehlt", sagte Bosz. Er senkte den Kopf. Er hat es nicht geschafft, der Mannschaft ein taktisches Stützkorsett zu geben, ihr zumindest die richtige Einstellung zu vermitteln. Das war es wohl.

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