14.04.2017 12:02 Uhr

BVB vor SGE-Spiel: Auf der Suche nach Normalität

Borussia Dortmund versucht, den Anschlag zu verarbeiten
Borussia Dortmund versucht, den Anschlag zu verarbeiten

Borussia Dortmund will nach dem Sprengstoffattentat einen weiteren Schritt zurück in die Normalität machen. Am Samstag geht es gegen Eintracht Frankfurt (ab 15:30 Uhr im sport.de-Liveticker) - eine aus psychischer Sicht schwierige Aufgabe für den BVB.

Die Profis von Borussia Dortmund verarbeiten immer noch den "schlimmsten Tag ihres Lebens", doch Schritt für Schritt wollen sie in die Normalität zurückkehren. Der Verein hat seinen Spielern dafür professionelle Hilfe durch Psychologen angeboten.

Trainer Thomas Tuchel geht allerdings von einer längeren Verarbeitungsphase des schockierenden Sprengstoffanschlags auf den Mannschaftsbus aus.

"Wir müssen einen Weg finden, damit klarzukommen. Wir wissen aber noch nicht, wie das passieren wird. Es ist unglaublich schwer, darüber zu sprechen. Wir können das nur untereinander teilen und verstehen", sagte der BVB-Coach vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag (15:30 Uhr. Man müsse aber einen Weg finden, um in die Normalität zurückzukehren, so Tuchel.

Tuchel will Spaß wiederfinden

Der Trainer war daher darum bemüht, den Fokus auf das Sportliche zu lenken. Er arbeitete die 2:3-Niederlage im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen AS Monaco am Donnerstag mit seinen Spielern anhand der statistischen Daten auf und bereitete sie seit Freitagnachmittag auf das Spiel gegen die Hessen vor, bei dem Nationalspieler Marco Reus nach überstandenem Muskelfaserriss im Oberschenkel sein Comeback nach sechswöchiger Verletzungspause in der Startelf geben wird.

"Wir müssen versuchen, mit der Zeit einen Umgang damit zu finden, der es uns erlaubt, wieder mit Spaß an die Sache heranzugehen. Wir wollen am Samstag auf dem bestmöglichen sportlichen Level spielen", sagte Tuchel.

Er weiß aber um die Schwierigkeit dieser Aufgabe. "Du bist der beste Sportler, wenn du dir keine Sorgen machst", sagte der 43-Jährige.

"Niemand wollte spielen"

Frei von Sorgen sind die BVB-Profis noch lange nicht. Dies wurde nach dem Königsklassen-Spiel gegen Monaco keine 24 Stunden nach dem Attentat auf den Teambus mit drei Explosionen deutlich.

Ihr "Therapiezentrum" Signal-Iduna-Park verließen die Spieler mit einer Mischung aus Wut, Enttäuschung und Unverständnis. Niemand konnte verstehen, warum sie nach so kurzer Zeit wieder auf die große Fußball-Bühne geschickt wurden.

"Wir sind keine Tiere, wir sind Menschen, die Familie und Kinder zu Hause haben. Ich fühle mich wie ein Tier, nicht wie ein Mensch. Es war der schlimmste Tag in meinem Leben", sagte Abwehrchef Sokratis.

Seine sichtlich mitgenommenen Mitspieler teilten diese Einschätzung. "Dass man mit Fußball ein Zeichen setzen soll, ist weit entfernt von meinem Verständnis", erklärte Nuri Şahin, während Matthias Ginter betonte, dass "von unserer Seite aus niemand spielen wollte".

Tuchel sauer auf die UEFA

Inzwischen ist eine Diskussion darüber entbrannt, warum das Spiel bereits am Mittwochabend wieder angesetzt wurde. Tuchel kritisierte die Europäische Fußball-Union scharf, diese wies in einer Erklärung darauf hin, dass die Entscheidung "gemeinsam mit allen Beteiligten gefallen" sei. Sie hätte zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Anzeichen bekommen, dass nicht gespielt werden sollte.

Tuchel konnte das nicht beruhigen. "Wir waren in die Entscheidung überhaupt nicht eingebunden. Das hat die UEFA in der Schweiz entschieden. Das ist kein gutes Gefühl, es war ein Gefühl der Ohnmacht. Die Termine werden vorgegeben, und wir haben zu funktionieren", sagte Tuchel und erklärte, dass man behandelt worden sei, "als wäre eine Bierdose an unseren Bus geflogen".

Watzke: "Demokratie auf dem Prüfstand"

Die BVB-Verantwortlichen waren in die Entscheidung unmittelbar nach dem Attentat am Dienstagabend allerdings eingebunden. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bezeichnete sie am Dienstagabend als "alternativlos".

Bei "Sky" erklärte Watzke: "Ich bin der Mannschaft unheimlich dankbar, dass sie sich zur Verfügung gestellt hat. Unsere Demokratie steht auf dem Prüfstand." Präsident Reinhard Rauball sprach zwar von einer "schwierigen Situation" für die Mannschaft, doch er ging davon aus, "dass sie das schafft".

Jetzt muss es die Mannschaft schaffen, die Ereignisse zu verarbeiten. "Jeder hat es komplett unterschiedlich wahrgenommen. Es gibt Spieler, die die Explosion gesehen haben. Daher gibt es sehr viele unterschiedliche Eindrücke und sehr viele unterschiedliche Wege der Verarbeitung", sagte Tuchel, der seine Mannschaft für ihren "tollen Charakter und Mut" lobte.

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