28.01.2017 11:02 Uhr

Pfiffe auf Schalke: Europa in weiter Ferne

Höwedes und Co. mussten die Wut der Fans über sich ergehen lassen
Höwedes und Co. mussten die Wut der Fans über sich ergehen lassen

Die Geduld ist aufgebraucht. Nach dem miserablen Spiel gegen Eintracht Frankfurt pfiffen sich die Fans von Schalke 04 den Frust von der Seele - erstmals unter der neuen sportlichen Leitung mit Manager Christian Heidel und Trainer Markus Weinzierl.

Heidel brauchte fast eine Stunde im Zimmer des Mannschaftsarztes, um sich zu sammeln. "Aber er musste nicht tätig werden, das war das einzig Positive", sagte der Sportvorstand von Schalke 04 mit Galgenhumor. Auch wenn der Manager selbst nach dem maßlos enttäuschenden 0:1 (0:1) gegen Eintracht Frankfurt keine medizinische Hilfe benötigte, ist der königsblaue Patient schwer krank.

Nach sieben Monaten unter der neuen Führung mit Heidel und dessen Wunschtrainer Markus Weinzierl ist der Europapokal-Stammgast so tief gefallen wie seit über 20 Jahren nicht mehr - und spürt erstmals den Unmut der zuvor ungewöhnlich geduldigen Fans. Gellende Pfiffe schallten den Spielern nach der erneut miserablen Vorstellung entgegen, nach nur vier Punkten aus den letzten sechs Bundesligaspielen und vier Partien in Folge mit erschreckend schwachen Leistungen ist die Schonfrist für die Neuen abgelaufen.

Deftige Analyse: "Wir spielen einen Scheiß"

"Wir sind vollkommen hinter den Erwartungen zurück", bilanzierte Benedikt Höwedes und gab zu: "Wir spielen einen Scheiß." Zwei Torchancen in 94 Minuten, eine Passqualität, die Heidel "unterirdisch" nannte, eine spielerische Armut, die Angst machte - Schalke ist Ende Januar 2017 fußballerisch an einem neuen Tiefpunkt angelangt.

Und auch die Zahlen sind so schlecht wie noch nie in diesem Jahrtausend: Neun Niederlagen in den ersten 18 Spielen hatte es zuletzt 1993/94 gegeben, als die Gelsenkirchener am Ende nur um einen Punkt den Abstieg vermieden.

Die erste Saison ohne internationalen Fußball seit sieben Jahren wird immer wahrscheinlicher; die Europapokalplätze sind so weit weg, dass Heidel und Weinzierl gar nicht mehr darüber reden wollen. "Wir wollen uns nicht lächerlich machen", sagte der Manager, der im Sommer als "Heilsbringer" empfangen worden war und den Klub dauerhaft in der Spitze etablieren wollte.

Weinzierl, der bei seinem Amtsantritt mutigen Offensivfußball versprochen und auf eine "positive Explosion" gehofft hatte, wollte sich "jetzt keine Gedanken machen, was am letzten Spieltag ist".

Heidel stimmt die Schalker Spielweise "nachdenklich"

Der 42-Jährige spürt, dass es - anders als beim total verpatzten Saisonstart - diesmal auch für ihn ungemütlich wird. Als er Fragen zu seiner Aufstellung und seinen Wechseln beantworten musste, sprang ihm Frankfurts Trainer Niko Kovač zur Seite. "Es ist leicht, nach der Schlacht der General zu sein", merkte der Kroate an, "nach dem Spiel weiß jeder alles besser."

Nicht leugnen konnte aber auch der Eintracht-Coach, dass Weinzierls Handschrift auf Schalke unleserlich geworden ist. "Ich kann mich nicht an viele Schalker Chancen erinnern", so Kovač. Und sein Matchwinner Alexander Meier, der mit seinem 92. Bundesligator (33.) Frankfurt vom Europapokal träumen lässt, fasste treffend zusammen: "Es war kein schönes Spiel, der Ball war fast nur in der Luft."

Heidel stimmte die Schalker Spielweise "nachdenklich". Er wehrte sich aber vehement gegen den Eindruck, der von ihm zusammengestellten Mannschaft fehle die Qualität: "Jeder kann wesentlich besser Fußball spielen." Seine Bilanz als Manager in Gelsenkirchen ist ausbaufähig: Von zehn Neuzugängen für mehr als 40 Millionen Euro haben sich bislang - auch wegen langwieriger Verletzungen - lediglich zwei als Verstärkungen entpuppt.

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