21.07.2014 10:42 Uhr

Auf Rapid warten harte Zeiten

Willst Du Rapid vorne sehen, musst Du die Tabelle drehen. Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Aber nicht nur wegen dem 1:6-Debakel im Bundesliga-Auftaktspiel am Samstagnachmittag bei Titelverteidiger RB Salzburg steht der Rekordmeister vor schweren Zeiten.

weltfussball begab sich bei der Saisoneröffnungspartie der tipico Bundesliga 2014/15 auf Spurensuche für die immer größer werdende Kluft zwischen dem reichsten und dem populärsten Verein Österreichs. Um es kurz zu fassen: So groß wie aktuell war der Niveau-Unterschied seit dem Einstieg von Red Bull noch nie.

Rapid-Coach Zoran Barisic war angeschlagen. Nach dem dritten Gegentreffer gab er seine zuvor aktive Rolle in der Coaching-Zone auf und setzte sich auf den Schalensitz der Betreuerbank. Er sah die Hinrichtung kommen und es wirkte fast so, als hätte auch seine Mannschaft sich mit der drohenden Abreibung abgefunden. Hätte Salzburg nach dem 6:0 in der 84. Minute mit voller Konsequenz weitergemacht, dann wäre Grün-Weiß in die höchste Bundesliga-Niederlage der Vereinsgeschichte geschlittert.

So zog man in negativer Hinsicht "nur" gleich: Hinter dem 2:10 am 24. Oktober 1943 gegen die Vienna, einem 1:7 am 14. Februar 1943 gegen den FAC und einem 0:6 am 11. Oktober 1969 gegen die Austria folgen nun drei Schlappen mit dem Bundesliga-Rekordergebnis von 1:6. Am 14. April 1990 gegen den FC Tirol in Innsbruck, am 28. April 2002 im alten Stadion Salzburg-Lehen und nun am 19. Juli 2014 in Wals-Siezenheim.

Nach dem Ehrentreffer in der Nachspielzeit konnte sich selbst der Rapid-Anhang ein höhnisches "Ausgleich" nicht verkneifen. Die mitgereisten Gäste-Fans hatten dem für sie grausamen Geschehen zuvor demonstrativ dem Rücken zugewandt. Wer mit den Hütteldorfern sympathisierte, dem bereitete ein Blick auf das Spielfeld nicht nur seelische, sondern fast schon körperliche Probleme.

Red Bull spielt inzwischen in einer eigenen Liga

Schon am Ende der vergangenen Saison hatte Salzburg gleich 18 Punkte Vorsprung auf Rapid als ersten Verfolger. Die Hütteldorfer waren aber der einzige Gegner, der gegen den souveränen Champion eine positive Bilanz in den direkten Duellen aufweisen konnte.

Schwer vorstellbar, wenn man den Klasseunterschied zwischen diesen beiden Mannschaften sah. Die eingespielte Topelf der Hausherren agierte auch unter Neo-Coach Adolf Hütter im Offensiv- und Gegenpressing wie unter seinem erfolgreichen Vorgänger Roger Schmidt. Zudem gab es erstmals seit der Übernahme durch den Getränkekonzern zum Saisonstart keinen Neuzugang in der Anfangsformation.

Rapid hingegen verlor mit Christopher Trimmel, Guido Burgstaller, Terrence Boyd und Marcel Sabitzer vier ganz wichtige Stammspieler und mit Branko Bošković zusätzlich noch einen wertvollen Routinier. Abgänge, die nicht einmal ansatzweise ersetzt werden konnten. Durch das "Jahrhundertprojekt" neues Stadion und die Altlasten gibt es in Wien-Hütteldorf keinen Raum für große Sprünge.

Mit U21-Teamspieler Florian Kainz, der noch von Sturm Graz geholt werden soll, reicht das Geld gerade noch für einen dringend benötigten Mann für die linke Flanke. Für einen konkurrenzfähigen rechten Verteidiger sind hingegen keine monetären Möglichkeiten mehr gegeben. Rapid-Trainer Barisic, der mit Lukas Grozurek und Maximilian Hofmann auf zwei Spieler vertraute, die mit ihren Aufgaben heillos überfordert waren, nahm bei der Pressekonferenz die Schuld auf sich.

Nicht nur das gescheiterte Experiment mit Innenverteidiger Max Hofmann als Gegenspieler für Sadio Mané ging völlig in die grün-weiße Hose, sondern auch der Matchplan von Ex-Teamspieler Barisic. Ja, Rapid hatte offensiv durch Louis Schaub oder Steffen Hofmann große Möglichkeiten auf ein Tor, als die Partie noch spannend hätte werden können. Aber nein, mit so einer Zweikampfführung ist dieser Salzburger Mannschaft nicht beizukommen.

Den "Bullen" wurde nie weh getan

Woran Ajax noch pompös gescheitert war, hatte der FC Basel kapiert: Gegen so eine Klassetruppe muss man anders spielen. Hart, an der Grenze des Erlaubten. Es muss weh tun, man muss dem Gegner im wahrsten Sinne des Wortes Schmerzen bereiten. Rapid war dazu nie in der Lage.

Fast körperlos wurden die Duelle geführt. Man kam nicht einmal dazu, die viel zu schnellen Gegenspieler mit Fouls zu stoppen. Nur 45 Prozent gewonnene Zweikämpfe, für Barisic ein "Schlüsselfaktor" für das Debakel im Reich der Dose.

weltfussball wollte vom Salzburger und vom Rapid-Coach wissen, ob diese Dominanz des Meisters für die Liga ein Fluch oder Segen ist. Die Antworten fielen so aus: Salzburg-Trainer Hütter sprach davon "tolle Fußballer zur Verfügung zu haben. Es geht darum, dass sie auch als Team toll sind. Aber es gibt Dinge, die noch zu verbessern sind." Eine gefährliche Drohung.

Rapid-Betreuer Barisic begab sich einmal mehr in die Rolle als Gentleman und ging weder auf das reduzierte Budget für die Kampfmannschaft, noch auf das verlorene Tafelsilber (davon mit Boyd und Sabitzer zwei Spieler auf die Gehaltsliste von Red Bull) ein. Dafür sah seine Analyse für den immer größer werdenden Unterschied zwischen Meister und Vizemeister so aus: "Salzburg hat einen Spieler für acht Millionen geholt und der kommt nicht einmal zum Einsatz."

"Aber es ist gut für uns, dass es einen so guten Gegner in der eigenen Liga gibt. Dadurch können auch wir besser werden. Doch dafür müssen wir hart an uns arbeiten, dieses Mal waren wir nicht in der Lage Salzburg zu forden. Vielleicht gelingt es das nächste Mal." Vielleicht. Schon beim ersten Heimspiel gegen Ried im Ausweichquartier Ernst Happel-Stadion wird sich zeigen, ob Rapid zumindest noch den Anspruch stellen kann "best of the rest" zu sein.

Wer auch am Ende der Saison 2014/15 an der Spitze der österreichischen Bundesliga stehen wird, war nach dem Auftaktspiel in Salzburg allen 19.801 Zuschauern auf den Tribünen klar.

Mehr dazu:
>> Bundesliga-Ergebnisse und Tabelle
>> Meister Salzburg führt Rapid vor
>> Hofmann: "Müssen in die Spur finden"
>> Bullen denken schon an Champions League

ct

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten