16.09.2013 08:46 Uhr

Auch Austrias "Kleine" im Konzert der Großen

Aus Akademie-Leiter Ralf Muhr spricht jahrelange Erfahrung in der Nachwuchsarbeit
Aus Akademie-Leiter Ralf Muhr spricht jahrelange Erfahrung in der Nachwuchsarbeit

Österreichs Meister Austria Wien feiert am Mittwoch (ab 20.45 Uhr im weltfussball-Liveticker) gegen den FC Porto die Premiere in der Gruppenphase der Champions League. Bereits am Vormittag (11 Uhr) werden sich in der Generali Arena die A-Junioren der beiden Klubs im Rahmen der UEFA Youth League gegenüberstehen. Weltfussball hat mit Austria-Akademie-Leiter Ralf Muhr über die Königsklasse für Nachwuchsspieler gesprochen.

"Ich habe unsere Spieler erst zu Pfingsten erstmals über den Bewerb informiert", erinnerte sich Ralf Muhr zurück. In Frankreich sei das gewesen, passenderweise bei einem internationalen Turnier. Die Wiener Austria stand damals nach der 34. Runde unmittelbar vor der Fixierung der Meisterschaft. Die Champions League Gruppenphase lag freilich noch in weiter Ferne.

Der Anschlusstreffer von Roman Kienast zum 2:3 im Rückspiel gegen Dinamo Zagreb ermöglichte der Wiener Austria aber im August den erstmaligen Einzug in die Königsklasse. Der Lichtkegel der Champions League wird den gesamten Verein und somit auch die Jungveilchen ins Rampenlicht rücken.

Im Rahmen der Auslosung in Monaco trafen sich die Nachwuchsleiter der 32 CL-Teilnehmer und besprachen den neuen U19-Bewerb (Stichtag 1. Jänner 1995). "Die UEFA möchte den jeweiligen A-Junioren die Möglichkeit geben, sich sportlich zu messen und auch die Champions League-Spiele live vor Ort zu erleben", erklärte Muhr.

Gekoppelt sind die Teams nur bei der Teilnahme und während der Gruppenphase. Danach geht jeder seinen eigenen Weg. Ab der K.o.-Runde wird der Aufsteiger in nur einer Partie ermittelt. Die letzten vier Klubs küren den Sieger in einem Turnier beim UEFA-Verbandssitz in Nyon (Schweiz).

Der europäische Fußballverband lässt sich das vorerst auf zwei Jahre angelegte Projekt einiges kosten. "Die UEFA bezahlt die Reise für achtzehn Spieler und sechs Offizielle", so der 43-Jährige. Einige organisatorische Kosten blieben zwar, etwa für den Ordnerdienst im Stadion und dergleichen. "Aber die UEFA subventioniert den Bewerb sehr großzügig. Das muss man festhalten." Diese Gelder sind im knapp 10 Millionen Euro hohen Startgeld übrigens nicht enthalten und werden extra zur Verfügung gestellt.

"Für unsere Spieler ist es ein Traum sich hier präsentieren zu können und es ist ein Erlebnis vor allem auswärts im Flieger dabei zu sein. Das stärkt die Identifikation und den Zusammenhalt innerhalb des Klubs", sagte Muhr.

Akademie-Leiter sind skeptisch

Obwohl alle Nachwuchsleiter ihre Teilnahme zusagten, gehen sie mit gemischten Gefühlen in die Premierensaison. "Weniger wegen der sportlichen Geschichte, denn da sagt eh jeder 'leiwand'. Aber wegen der Frage der Belastung, was Schule, Freistellung von der Schule, Überschneidungen mit dem Nationalteam und zusätzliche Spiele betrifft."

Der langjährige Chef der Austria-Akademie (vormals Frank Stronach-Akademie) teilt diese Bedenken. "Die Burschen haben nebenbei eine Schulausbildung, sind von der Persönlichkeit her keine fertigen Erwachsenen und haben auch noch andere Sorgen, Ängste und Wünsche. Das muss man sich genau anschauen." Zumindest für das Schulische hat Muhr eine Lösung: "Im Zeitalter von Laptops und E-Learning ist es nicht unmöglich auch in St. Petersburg oder Porto etwas zu machen. Uns ist aber bewusst, dass es in der Praxis etwas anders ausschaut."

Der Austria öffnet sich noch ein Problemfeld. "Wir haben einen Wettbewerbsnachteil, weil es in Österreich leider keine U19 gibt. In Österreich spielen wir eine U18-Meisterschaft. Für den geforderten Jahrgang 1995 haben wir wenig Spieler bei uns. Da sind wir von der Breite her nicht gut aufgestellt", bedauerte Muhr. Dafür kommen einige Spieler bereits bei den Amateuren in der Regionalliga Ost zum Einsatz und bringen Erfahrung aus dem Erwachsenen-Fußball mit.

Probleme durch Abstellungen für U17-WM

Betreut wird das eigens zusammengestellte Team von Amateure-Trainer Herbert Gager. "Er kennt alle Spieler, weil er auch von der Akademie kommt." Zehn Jahre verbrachte der Inhaber der UEFA-Pro-Lizenz als Nachwuchstrainer bei der Austria.

Im Oktober droht der Austria-U19 noch ein weiterer Aderlass. Dann reist nämlich Österreichs U17-Nationalteam zur Weltmeisterschaft in die Vereinigten Arabischen Emirate. "Es tut uns für den Bewerb brutal weh", gestand Muhr. Horvath, Gluhakovic, Endlicher, Vukovic, Kvasina und Zivotic seien Teamkandidaten.

"Von drei gehe ich fix aus. Im besten-schlechtesten Fall könnten es sechs sein." Die WM gehe aber eindeutig vor. Zudem gibt es eine Abstellpflicht. Teamchef Hermann Stadler hätte eine starke Mannschaft zur Verfügung, laut Muhr ist sogar mehr als nur das Überstehen der Gruppenphase möglich: "Es wird trotzdem eine enge Kiste."

UEFA reißt sich den Nachwuchs unter den Nagel

Kein Thema war in Monaco der geistige Vorläufer der Youth League: "Die UEFA spricht es zwar nicht aus, aber ich glaube, dass mit der Youth League diese Next-Gen-Series auch eingestellt worden ist", vermutet Muhr. Offiziell fällt der erst 2011 von privater Seite initiierte Bewerb wegen Problemen bei der Finanzierung vorerst nur für die aktuelle Saison aus.

Der neue Bewerb untersteht nun der UEFA. Das ist kein Nachteil. Schon gar nicht für die Austria, die zur Teilnahme an der "elitären" Next-Gen-Series nie eingeladen wurde. "Von der Organisation her ist es nun auch für andere Bewerbe und Turniere einfacher. Es wird nicht mehr wild, ohne zu wissen wann, ein Spiel ausgetragen. Mit der Youth League hat man das nun in geregelte Bahnen gebracht", ist sich Muhr sicher, dass der Bewerb längerfristig bestehen wird.

Schließlich ist die Youth League eine Steigerung zu den vielen internationalen Turnieren: "Die sind zeitlich auf eine kürzere Spielzeit und nur ein, zwei Tage beschränkt." Der aktuell letzte Next-Gen-Series Sieger Aston Villa bleibt angesichts der Koppelung an die Champions League in naher Zukunft wohl ausgeschlossen. Andere Länder sind trotz traditionell guter Nachwuchsarbeit unterrepräsentiert und werden es wohl bleiben.

Die falschen Klubs sind nach Ansicht von Muhr dennoch nicht dabei. "Die Champions League-Teilnehmer leisten hervorragende Entwicklungs- und Ausbildungsarbeit." Genauso wenig fürchtet er eine Zweiklassengesellschaft in der europäischen Nachwuchsarbeit, denn die besten Talente kämen ohnehin zu den Topklubs.

Hammer-Gruppe G

"Gerade wir haben mit einem Portugiesen, einem Spanier und einer russischen Eliteakademie ordentlich zu tun, um uns sportlich zu behaupten", weiß Muhr. Wie der Zufall will, hat er sich von der Arbeit beim FC Porto, Atlético Madrid und Zenit St. Petersburg noch nicht vor Ort überzeugen können. Eines ist neben der hochinteressanten Bildungsreise aber gewiss: "Sportlich ist die Gruppe noch einmal um eins schwerer. Ich hätte zum Beispiel lieber Milan gehabt. Toller Name, aber bessere Aussichten als gegen einen Portugiesen oder Spanier."

Verstecken brauchen sich die Jungveilchen aber keineswegs: "Das sehen wir auch bei internationalen Turnieren. Wir werden immer wieder gerne eingeladen, weil alle wissen, da kommt ein Topteam", sagte Muhr stolz. Durch den Umzug der Kampfmannschaft in das Ernst Happel-Stadion kann die Austria in der Youth League sogar mit dem Ambiente der Generali-Arena glänzen.

An Resultaten wollte der Akademie-Leiter die Zielsetzung in der Youth League nicht festmachen: "Wir bereiten uns zu hundert Prozent professionell vor. Dafür steht Trainer Herbert Gager ein. Er wird mit der Mannschaft zeigen, dass wir nicht nur wegen der Kampfmannschaft dabei sind, sondern weil wir gut sind. Die Spieler sollen sich, die Austria und letztendlich den österreichischen Fußball gut repräsentieren."

Sebastian Kelterer

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