Ist im DFB-Zentrum kein Platz für Kimmich und Gündogan?
Ilkay Gündogan mit Joshua Kimmich - das passt nicht. Ein Dilemma für den Bundestrainer.
Joshua Kimmich kennt das Spiel. Sein früherer Münchner Musterschüler, sagte Hansi Flick bei der WM in Katar, sei "einer der besten Sechser, die es gibt". Wenige Tage später fand sich Kimmich trotzdem auf der Position des Rechtsverteidigers wieder.
Flicks Nachfolger hat sich ebenfalls festgelegt: "Ich sehe ihn als Sechser", sagte Julian Nagelsmann am vergangenen Freitag über Kimmich. Doch vor dem Gastspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Wien gegen Österreich am Dienstag (20:45 Uhr/ZDF) ist die Diskussion um Kimmichs Rolle neu entflammt.
Kimmich und Kapitän Ilkay Gündogan, sagte RTL-Experte Lothar Matthäus nach der bitteren Niederlage gegen die Türkei (2:3), "passen auf der Doppelsechs nicht zusammen, weil sie sich zu ähnlich sind". Der Rekordnationalspieler bescheinigt beiden Weltklasse, "aber die tun sich nicht gut, wenn sie zusammenspielen". Und so steckt Nagelsmann in der Mittelfeld-Falle.
Gündogan, von Nagelsmann noch vor dessen öffentlicher Vorstellung im persönlichen Gespräch als Kapitän bestätigt, ist dort gesetzt. Und Nagelsmann scheint zumindest zu ahnen, dass der kaum weniger wichtige Kimmich - je nach Gegner - nicht der ideale Partner für den Spielführer ist: "Beide sind vom Profil her nicht die klassischen Spieler, die es lieben, auf zweite Bälle zu gehen."
Matthäus: DFB-Team braucht einen Sechser, "der aufräumt"
Das heißt: Wenn es emotional wird, wie gegen die Türkei oder wie von Nagelsmann erwartet in Wien, wenn es auf Biss und Zweikampfhärte, aber weniger auf Ballbesitz ankommt, braucht es einen Defensivarbeiter. Ein Sechser aber, "der vor der Abwehr aufräumt", weiß Matthäus, "das ist weder Gündogan noch Kimmich". Aber Pascal Groß, der auf der USA-Reise sofort gut mit Gündogan harmonierte.
Schon Flick wich deshalb bei der WM im Gruppen-Finale gegen Costa Rica und in seinem letzten Länderspiel gegen Japan von seinem Kimmich-Dogma ab, zog ihn nach hinten und stellte Gündogan andere Partner zur Seite. Für Matthäus nur logisch. Nagelsmann, sagte er schon Mitte Oktober, sollte dieser Idee folgen. "Wir haben keinen gelernten Top-Rechtsverteidiger, und Kimmich spielt auch dort spitze."
Was das für Wien und die EM bedeutet? Nagelsmann lässt sich ein Hintertürchen offen. Er halte grundsätzlich "extrem viel" von Gündogan und Kimmich, sagte er, "aber natürlich müssen wir immer auch gucken, was der Gegner uns anbietet und was das Spiel verlangt".
Matthäus sieht allerdings auch noch einen anderen Ausweg aus dem Sechser-Dilemma. Unter gewissen Umständen, meinte er, könnten Gündogan und Kimmich vielleicht doch zusammen funktionieren. "Es muss ganz klar sein: Der eine ist die Sechs, der andere die Acht", schrieb er in seiner Sky-Kolumne. Wenn Gündogan und Kimmich "das beherzigen, ist es ein Traumpaar". Aber nur dann.