"Einzigartiger" Müller: Auch ohne Tore "Gold wert"

Rückkehrer Thomas Müller wartet bei der EM noch auf seinen großen Moment - und ist doch extrem wichtig.
Thomas Müller gab wie immer den Ton an. "Schnelle Haxen, schneller Kopf", forderte der Münchner beim "Fünf gegen Zwei" im Abschlusstraining vor dem Klassiker gegen England lautstark von seinen Kollegen. Und die gaben Gas, trotz schweißtreibender Temperaturen in der gleißenden Sonne im Adi-Dassler-Stadion.
Rückkehrer Müller mag vor dem Achtelfinale im englischen Fußball-Tempel am Dienstag (18:00 Uhr/ARD und MagentaTV) noch auf seinen magischen EM-Moment warten - sein Wert für das DFB-Team aber ist unbestritten, sein Wort hat Gewicht.
"Thomas ist ein richtiger Anführer auf dem Platz", sagt Abwehrchef Mats Hummels, "er ist lautstark und gestenreich, geht voran, initiiert unser Pressing. So einen Typ gibt es nicht so häufig." Robin Gosens nennt ihn gar "einzigartig - als Mensch und Spieler". Müller sei für die Nationalmannschaft "Gold wert, er hebt uns auf ein höheres Niveau".
Der Blick auf die Statistik gibt so viel überschwängliches Lob nicht her. Müller, der die Kapselverletzung im Knie "ad acta gelegt" hat, wartet auch nach seinem 14. EM-Spiel auf das erste Tor. "Das ist nicht Tagesordnungspunkt Nummer eins", sagt er. Klar bleibe er "weiter auf der Jagd, aber wenn ich weniger Scorerpunkte habe, kann ich trotzdem gut schlafen". Solange die Mannschaft weiterkommt.
"Der dritte Co-Trainer" der DFB-Auswahl
Und dafür gibt er alles - als großer Kommunikator. Müller, sagt Kai Havertz, sei bei der DFB-Auswahl "der dritte Co-Trainer" - aber der einzige, der mitspielen darf. Dabei beherrscht er den perfekten Mix zwischen Spaß und Ernsthaftigkeit.
"Er macht gerne mal Quatsch und erzählt Blödsinn, was geil für die Mannschaft ist", berichtet Gosens, "aber wenn er mehr Seriösität reinbringen muss, macht er das auch."
So soll es auch in Wembley sein. Wie 2010, als der damals 20-Jährige die Three Lions im Achtelfinale auf dem Weg zur Torjägerkrone mit zwei Treffern aus dem WM-Turnier schoss.
"Ich will diese Bedrohung, die die Engländer vielleicht fühlen, wenn ein Müller auf dem Platz steht, bestätigen", sagt er. Müller gibt aber zu bedenken, dass es "mir nichts bringt, wenn ich auf dem Platz meinem Gegenspieler von 2010 erzähle".
Es gehe vielmehr um seine Rolle im deutschen Spiel. Wie beim FC Bayern ist er "viel in den Zwischenräumen unterwegs". Dass er anders als im Verein weniger zum Abschluss kommt, hat zwei Gründe: "Ich bin etwas früher in Ballbesitz, habe mehr die einleitende, initiierende Rolle, bin der Impulsgeber", sagt Müller.
Zudem geht sein erster Pass in München viel häufiger auf den Flügel. Danach hat er Zeit, um mit seinen unnachahmlichen Laufwegen in eine Position zu kommen, aus der er selbst schießen kann.
In der Nationalelf überlässt Müller die "unbequemen Räume" inzwischen Kollegen wie Havertz oder Serge Gnabry. Es ist deshalb nicht unwahrscheinlich, dass er auch nach seinem 106. Länderspiel auf seinen 40. Treffer warten muss.
Wenn es trotzdem fürs Viertelfinale reicht, wird er es verschmerzen. "Ich sehe uns absolut in der Lage, England zu schlagen", sagt Müller, "auch wenn die gut sind."