11.03.2021 14:56 Uhr

Löw über seine Zukunft: "Ich kann nichts ausschließen"

Joachim Löw hat die Beweggründe für seinen Rücktritt erklärt
Joachim Löw hat die Beweggründe für seinen Rücktritt erklärt

Am Dienstag dieser Woche verkündete Joachim Löw seinen Rücktritt als Bundestrainer. Im Zuge dessen schwirren seit Tagen Unmengen an möglichen Nachfolgern durch die Medien. DFB-Direktor Oliver Bierhoff gibt diesbezüglich zwar keine Wasserstandsmeldung ab, skizziert aber schon mal das Profil, über das der Löw-Erbe verfügen soll.

Wieder und wieder betonten es DFB-Direktor Oliver Bierhoff und Verbandspräsident Fritz Keller, die am Donnerstag gemeinsam mit Joachim Löw zu einer Pressekonferenz auf dem Podium Platz nahmen. Der Verband wolle bei der Suche nach einem Nachfolger für das Amt des Bundestrainers nichts überstürzen.

"Wir haben absolut gar keine Zeitnot, es ist eine wichtige Entscheidung, aber nicht dringend. Wir haben einen Bundestrainer noch bis zur EM, insofern werden wir uns all die Zeit nehmen, um alles durch zu denken und  Gespräche zu führen", sagte Bierhoff über die gewiss schon angelaufene Suche nach dem Löw-Erben. Man habe jedenfalls das Glück, in Deutschland gute Trainer zu haben.

Die Kriterien für den Löw-Nachfolger

Als Kriterien für den kommenden Bundestrainer nannte Bierhoff unter anderem die Kompetenz, Spiele zu analysieren. Auch die Kommunikation, sowohl innerhalb der Mannschaft wie in die Öffentlichkeit sei wichtig. "Beim Verbandstrainer geht es darum, aus den vorhandenen Spieler eine Mannschaft zu entwickeln", sagte Bierhoff, der wisse, dass er wohl nicht das Komplettpaket bekommen wird. Man könne nicht alles haben, meinte der DFB-Manager.

Eine zeitliche Vorgabe habe man sich innerhalb des Gremiums nicht gesetzt. Es sei allerdings klar, dass man nicht erst "zwei, drei Tage" vor dem Septemberspielen eine Lösung präsentiere, erläuterte Bierhoff. In bestehende Verträge mit Klubs wolle man nicht eingreifen, versicherte er. "Wenn Gespräche stattfinden, dann nur mit Abstimmung der jeweiligen Vereine."

Das sagte Löw zu Müller und Co.

Das in den letzten Wochen wieder aufschäumende Thema einer möglichen Rückkehr von Thomas Müller und Co. wurde ebenfalls angesprochen. Er habe die Tür weder auf- noch zugemacht, betonte Löw, stellte eine Wiederberufung durch die Blume aber durchaus in Aussicht. "Einen Umbruch sollte man unter normalen Umständen nicht unterbrechen", sagte der scheidende Bundestrainer, fügte aber an. "Man kann vielleicht überlegen, ob man diesen unterbricht."

Seine eigene Zukunft ließ der Noch-Bundestrainer offen. Auf diese Frage antwortete er lediglich mit einem: "Ich kann nichts ausschließen."


Die Aussagen der PK in der Übersicht

+++ Hört das komplette Trainerteam auf? +++

Bierhoff: Es hängt damit zusammen, wer neuer Cheftrainer wird. Marcus Sorg hat einen langfristigen Vertrag. Damit beschäftigen wir uns aber erst mal nicht. Man wir es weiter festlegen, wenn der neue Trainer feststeht.

+++ Joachim Löw über Eigenschaften als Verbandstrainer +++

Es ist ein Unterschied zum Vereinstrainer, die Zeit ist hier ganz anders gesteckt. Man muss alles in wenigen Tagen bündeln. Man muss schauen, dass die Mannschaft insgesamt funktioniert, im Verein hat man mehr Zeit auch individuell zu arbeiten. Es dauert alles ein bisschen länger als im Verein.

+++ Joachim Löw über Reaktionen aus der Mannschaft +++

Ich weiß, dass unsere Spieler intelligent und ehrgeizig sind - das ist unabhängig der Trainerentscheidung. Jeder will gewinnen und Erfolg erzielen. Ich weiß nicht, ob es der Mannschaft einen besonderen Kick gibt, unsere Spieler sind so oder so ehrgeizig genug. Ich habe mit einigen Spielern gesprochen, ich konnte aber nicht alle anrufen. Kapitän, Vizekapitän - Neuer, Kroos, Gündogan. Da war es mir wichtig, dass sie es von mir persönlich erfahren. 

+++ Fritz Keller über schnelle Trainerlösung +++

Nein, hier geht Qualität vor Geschwindigkeit. Wir wollen langfristig denken. Spätestens im September müssen wir aber einen Trainer haben.

+++ Oliver Bierhoff über Durchführung der EM in 12 Ländern +++

Sind im ständigen Austausch mit der UEFA, mit wöchentlich einer Sitzung. Es ist eine Fahrt auf Sicht. Unser aktueller Stand ist, dass die UEFA weiterhin mit 12 Standorten plan. Davon gehen wir auch aus und so planen wir auch. 

+++ Oliver Bierhoff über Ralf Rangnick oder nicht deutschsprachigen Trainer +++

Ich werde nichts über mögliche Kandidaten oder wie ich sie sehe, sagen. Richtung ausländischen Trainer kann man sich natürlich umschauen, sehe die Chancen darin aber gering - auch auf dem Transfermarkt. Wir sollten als deutsche Nationalmannschaft auch einen deutschen Trainer haben.

+++ Ist der DFB bereit, einen "unangenehmen Typen" zu installieren? +++

Keller: Ich kann sagen, dass es keine Denkverbote gibt. Der DFB ist im Umbruch, wir werden ausgliedern und entsprechend auch andere Verantwortung bekommen. Alles ist möglich, und genau so müssen wir an diese Sache (Trainersuche) herangehen).

Bierhoff: Wir haben bei der Nationalmannschaft trotz der letzten Monate immer professionell miteinander gearbeitet. Ist der bequem oder unbequem? Darüber machen wir uns keine Gedanken. Wichtig ist der Erfolg. Wir listen uns alles genau auf und werden dann entsprechend bewerten. 

+++ Oliver Bierhoff über Löw-Entscheidung im Hinblick auf Weltspitze +++

Zurück an die Weltspitze ist ein klar erklärtes Ziel, was größer gedacht ist. Das planen wir auch im Projekt Zukunft. Es soll ein längerer Prozess gestartet werden, vor allem in der Jugend. Mit Löw geht ein unglaublich erfahrener Trainer. Da verlieren wir eine Stärke, auf der anderen Seite haben wir aber auch die Möglichkeit, Dinge anders anzugehen. Ich sehe den Weg nicht gefährdet. Der Weg zurück an die Weltspitze bedeutet aber viele Anstrengungen auf vielen Ebenen.

+++ Oliver Bierhoff über zeitlichen Rahmen der Trainersuche - Übergangslösung? +++

Zeitliche Vorgabe gibt es nicht. Es soll nicht zwei Tage vor den Septemberspielen beschlossen sein. Wir greifen nicht in bestehende Verträge ein. Wenn Gespräche stattfinden, dann nur mit Abstimmung der jeweiligen Vereine.

+++ Joachim Löw über seine Zukunft nach der EM +++

Grundsätzlich kann ich nichts ausschließen. Ich hab mir aber noch keine konkreten Gedanken gemacht. Die EM ist meine Aufgabe, was danach kommen wird, muss ich auch mich zulassen kommen. 

+++ Joachim Löw über Nachfolger Hansi Flick +++

Wie mein Verhältnis zu ihm ist, weiß jeder. Jeder kennt die Qualität von Hansi. Es ist nicht meine Aufgabe, über einen Nachfolger zu sprechen. Ich möchte da in keiner Richtung etwas sagen. Ich glaube, dass die Entscheidung beim DFB in guten Händen liegt. 

+++ Wie sieht das Trainerprofil aus? +++

Löw: Es ist wichtig, dass ein Trainer die Zeit hat, seine Ideen einzubringen. Deswegen finde ich, dass für mich jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Es ist wichtig, mit Blick auf die Heim-EM einen wichtigen Impuls zu setzen.

Keller: Ein Verband hat die Aufgabe, in Generationen zu denken. Wir müssen neu denken, vor allem im Projekt Zukunft. Jahrgänge dürfen uns nicht wegen Corona verlorengehen.

Bierhoff: Kriterien sind die technische Kompetenz, in der Art Spiele zu analysieren. Auch die Kommunikation ist wichtig, innerhalb der Mannschaft und in der Öffentlichkeit. Beim Verbandstrainer geht es darum, aus den vorhandenen Spieler eine Mannschaft zu entwickeln. Man kann bei den Trainer nicht alles haben, sondern es ist alles unterschiedlich gewichtet. Es wird auch wichtig sein, in welcher Verfassung die Mannschaft ist.

+++ Joachim Löw über Comeback von Müller und Co. +++

Ich habe weder die Tür auf- noch zugemacht. Ein Umbruch sollte man unter normalen Umständen nicht unterbrechen. Man kann vielleicht überlegen, ob wir diesen unterbricht, da wir aufgrund der Pandemie viele Probleme hatten (Zusammenfindung, etc.). Ich mache mir mit meinem Trainerteam natürlich Gedanken. Wie sind die Gegner? Wie wird die Mannschaft zusammengesetzt? Das ist meine wichtigsten Aufgabe. Überlegungen mache ich mir für das Turnier immer, ab Anfang Mai beginnt unsere Entscheidungsfindung. 

Ein Trainer denkt nicht daran, was Entscheidungen für eine Wirkung in der Öffentlichkeit haben können. Was ist das beste für die Mannschaft, für den Erfolg? So treffe ich auch in Zukunft meine Entscheidungen. 

Bierhoff - kann auch eine Frau DFB-Trainerin werden? "Ich schließe nie etwas aus."

+++ Joachim Löw über Entscheidung auf seine Person gemünzt +++

Nein, das war nicht unbedingt der Grund. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Umbruch notwendig war. Das 0:6 war ein Rückschlag, der uns alle maßlos enttäuscht hat. In der kurzen Zeit waren wir aber auf einem guten Weg. Als Trainer stellt man sich die Entwicklung natürlich etwas anders vor, aber wir hatten 10 Monate Pause, die Situation mit Leipzig und Bayern im Sommer. Wir hatten keine Stammmannschaft und viele Verletzungen. Ich habe aber immer eine Energie in der Mannschaft gespürt, alle wollten unbedingt gut sein und die Spiele gewinnen. Wir haben nach dem Umbruch die Qualifikation sehr gut gemeistert und gelöst. Ich habe die Entscheidung nicht im November getroffen, sondern in den letzten Wochen, vor zwei oder drei Wochen. Das gute Gefühl Richtung EM ist bei mir vollkommen vorhanden. Ich gehe in jedes Turnier mit dem absoluten Fokus.

+++ Oliver Bierhoff zur Nachfolgersuche +++

Wir wollen jetzt nach vorne schauen, die EM wollen wir erfolgreich spielen. Darauf ist der Fokus auch gerichtet. Ich habe im Laufe der Jahre gelernt, dass man über die Jahre Kontakte und Informationen suchen muss. Wir haben absolut gar keine Zeitnot, es ist eine wichtige Entscheidung, aber nicht dringend. Wir haben einen Bundestrainer noch bis zur EM, insofern werden wir uns all die Zeit nehmen, um alles durchzudenken, Gespräche zu führen - und sich die Entscheidung gut durchdacht zu überlegen. Haben das Glück, dass wir in Deutschland gute Trainer haben, haben gute deutsche Trainer im Ausland und auch gute Trainer innerhalb des DFB. Ich werde demnächst auch keine Wasserstandsmeldungen abgeben, dafür gibt es hier genug Experten.

+++ Oliver Bierhoff über Zeit mit Joachim Löw +++

Wir hatten ein ganz besonderes Verhältnis. Unglaublich viele schöne und auch schlechte Momente durchgestanden und haben immer wieder den gemeinsamen Weg gefunden. Ich glaube, das war auch die Stärke - und das im gesamten Trainerteam. Es sitzt schon tief, weil man eng verbunden ist. Ich bin überzeugt von dem eingeleiteten Umbruch und davon, dass er den Weg weiterführen kann. Er hätte auch jederzeit in der Vergangenheit sagen könne, dass er nicht mehr weitermacht. Dass es nicht so gekommen ist, dafür bedanke ich mich sehr. 

+++ Joachim Löw über den Umbruch 2019 +++

Umbruch 2019 war absolut richtig. Ich weiß auch, dass es hier und da noch ein bisschen an Erfahrung fehlt. Alle haben aber ein unglaubliches Potenzial und sehr viel Qualität. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass diese junge Generation sehr wahrscheinlich ihren Leistungszenit 2022 oder 2024 erleben wird. Das Turnier im eigenen Land könnte zu einer Explosion führen, wie das Turnier 2006. Ich bin der Meinung, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt ist. Wenn man von Erneuerung, von Energien spricht, dann war es für mich jetzt der richtige Zeitpunkt. Ein neuer Trainer muss die notwendige Zeit haben. Bei einer Nationalmannschaft ist der Zeitraum von drei Jahren bei einem Turnier im eigenen Land der richtige. Diese Möglichkeit sollte man den Trainern und den Spielern auch geben.

+++ Joachim Löw über vergangene Titel +++

Mit dem WM-Titel haben wir einen unglaublichen Erfolg errungen und mit den Confed-Cup mit einer jungen Mannschaft gewonnen. In der Zeit der Pandemie hatte man ein bisschen mehr Zeit zum Nachdenken, ungeachtet des Spanien-Spiels. Im November habe ich mir Gedanken gemacht, wo stehe ich, wo stehen wir? Das habe ich in den letzten Wochen auch gemacht. Ich bin dann zu dem Entschluss gekommen, den Stab in diesem Sommer weiterzugeben

+++ Joachim Löw bedankt sich bei seinen Mitstreitern +++

15 Jahre als Bundestrainer sind eine lange Zeit. Ich bin sehr, sehr dankbar für diese Zeit und dankbar, dass ich seit 2006 das Vertrauen und die Rückendeckung hatte, die ich in meiner Position auch gebraucht habe. Ich danke auch dem Team hinter dem Team. Es waren bleibende und wichtige Erfahrungen, die ich gemacht habe. Wir waren in den schwierigen Situationen immer füreinander da. Das ist das, was bleibt. Ich bin stolz auf die gemeinsamen Erfolge, die wir erzielte haben, aber auch manche Niederlagen und Enttäuschungen, aus denen wir Kraft geschöpft haben.

Mit Oliver verbinden mich wahnsinnig viel. Wir hatten damals Missionen und Ziele, der Masterplan ging über Jahre. Er war für mich in dieser Situation der ersten Ansprechpartner. Es ist Zeit der Erneuerung und der Bewegung. Ich wollte es vor den Länderspielen machen, dass wir diese in Ruhe angehen können.

+++ Fritz Keller über Entscheidung von Joachim Löw +++

Er leitet und läutet mit seiner Entscheidung eine neue Ära ein - zum richtigen Zeitpunkt. Ich kenne ihn noch aus seiner Freiburger Zeit. Er ist Rekord- und Welttrainer. Zur großen Laudatio möchten wir aber erst ansetzen, wenn die Europameisterschaf vorbei ist. Jogi Löw hat uns die Zeit gegeben, in aller Ruhe und Sorgfalt die Nachfolge zu regeln, Oliver Bierhoff sondiert momentan schon. Ich bin mir sicher, dass wir eine super EM spielen. Alle Spieler werden ihm einen großen Abschied bereiten. 

 

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