Belgien-Hype setzt Wilmots unter Druck

Marc Wilmots hat eine Mannschaft voller Hochbegabter. Die Erwartungen in Belgien sind entsprechend hoch. Torwart-Ikone Jean-Marie Pfaff fordert den Einzug ins Halbfinale.
Marc Wilmots sucht die Nähe zu seinen Stars. Immer wieder tätschelt Belgiens Nationaltrainer seinem Spielmacher Kevin De Bruyne liebevoll die Schulter, immer wieder redet er auf dem Trainingsgelände Haillan vor den Toren von Bordeaux intensiv auf seinen Kapitän Eden Hazard ein. Wilmots braucht seine Stars bei der EM - der Ex-Schalker ist in Frankreich zum Siegen verdammt.
"Mit dieser Mannschaft musst du unter die ersten Vier kommen. Wenn wir das nicht schaffen, dann muss man sich einen anderen Job suchen", sagte Belgiens Torwart-Ikone Jean-Marie Pfaff. Nicht nur für den ehemaligen Bayern-Keeper sind die Red Devils ein ganz heißer Kandidat auf den Titel: "In Belgien träumt man schon davon, dass man Europameister ist."
Wilmots missfällt der Rummel
Wilmots spürt die Last der Erwartungen, der 47-Jährige und seine Ansammlung an Hochbegabten um De Bruyne, Hazard, Romelu Lukaku und Torwart Thibaut Courtois müssen nun liefern.
Eine große Show sei aber zunächst nicht zu erwarten, sagte Wilmots: "Champagner-Fußball interessiert mich nicht." Für ihn, der in Deutschland früher liebevoll Kampfschwein genannt wurde, zählt in Frankreich nur das Ergebnis und zunächst der Auftakt gegen Italien am Montag in Lyon: "Wichtig ist, dass wir das Spiel gegen Italien gewinnen und es in die nächste Runde schaffen."
Wilmots gefällt der Rummel um sein Team ganz und gar nicht, die hohen Ansprüche sind ihm suspekt. "Ich bin kein Träumer. Es gibt viele Leute, die einen Hype um Belgien erschaffen", sagte er: "Ich sehe, wo wir vor drei Jahren waren und das, was wir seitdem erreicht haben." Die letzten Tests vor der EM waren nicht überzeugend, jeder müsse nach einer langen Saison nun "frisch in der Birne sein", sagte Wilmots.
Aufstellung geheim
Die WM in Brasilien mit dem Erreichen des Viertelfinales (0:1 gegen Argentinien) gilt in Belgien als erfolgreiche Reifeprüfung, jetzt - mit zwei Jahren mehr Erfahrung - soll der ganz große Coup folgen. Und die Spieler sind etwas zuversichtlicher als ihr Trainer, jedenfalls handelten sie die absolute Rekordprämie für den Titelgewinn aus: 704.000 Euro pro Mann. "Die Leute erwarten, dass Belgien und ich liefern", sagte Hazard, der den verletzten Innenverteidiger Vincent Kompany in Frankreich als Kapitän ersetzt: "Wir werden alles geben."
Wilmots hat seine erste Elf für das Turnier bereits im Kopf, doch seiner Mannschaft will er die Aufstellung noch nicht verraten. "Die Spieler sind noch nicht bereit dafür", sagte er. Zudem feilt Wilmots noch an der Feinabstimmung auf dem Rasen: "Ich suche ein System, in dem sich jeder auf dem Platz wohlfühlt und mit vielen Freiheiten für bestimmte Spieler."
Dazu zählen ganz sicher De Bruyne und Hazard. Wilmots ist in Frankreich mehr denn je auf die Fantasie seiner Stars angewiesen.