Wales-Coach: "Werde es richtig groß machen"

Chris Coleman hat Wales zur ersten EM-Endrunde überhaupt geführt. Im Interview spricht der Trainer und Ex-Nationalspieler der Dragons über das Abenteuer, das am Samstag gegen die Slowakei beginnt.
Herr Coleman, mit welchen Erwartungen gehen Sie in Ihr erstes großes Turnier?
Chris Coleman (45, Nationaltrainer Wales): "Ich kann es kaum erwarten. Es ist eine Riesen-Herausforderung, aber wir freuen uns darauf."
Wales hatte immer gute Spieler wie Ian Rush oder Ryan Giggs. Was unterscheidet dieses Team von den vorherigen?
"Der Trainer. (lacht) Wir waren in den letzten Jahren oft sehr nahe dran, und dann haben wir im letzten Spiel nie das Ergebnis geholt, das wir gebraucht hätten. Deshalb ist es eine große Erleichterung, dass wir es geschafft haben. Man braucht auch ein bisschen Glück. Das hat uns oft gefehlt, diesmal hatten wir es mal, vor allem in den wichtigen Spielen. Deshalb sind wir einen Schritt weiter gekommen als einige gute Teams zuvor. Das von heute hat auf jeden Fall die richtige Mentalität und kann mit Druck umgehen. Vielleicht ist letzteres der Unterschied."
Sie treffen auf die Slowakei, England und Russland. Wie schätzen Sie diese Gruppe ein?
"Es war uns eigentlich egal, gegen wen wir spielen müssen. Wir wussten, dass wir sowieso ans Maximum gehen müssen. Nun haben wir schwere Gegner, aber wir wollen alles versuchen. Wenn wir alles abrufen, können wir gegen jeden Gegner bestehen."
Sie haben Gareth Bale im Kader, den teuersten Spieler der Welt. Inwiefern ist er ein Trumpf?
"Um weit zu kommen, brauchst du Spieler, die den Unterschied ausmachen. Gareth ist einer der besten Spieler der Welt - und er spielt für uns. Das ist etwas Besonderes. Aber ein Spieler allein reicht nicht. Gareth hat in der Qualifikation sieben Tore geschossen, aber es war auch wichtig, dass wir nur vier bekommen haben."
Ganz Wales denkt schon an das Spiel gegen England. Sie auch?
"Einige schauen nur auf dieses eine Spiel, aber dafür gibt es keinen Grund. Es ist erst das zweite Spiel. Wir konzentrieren uns auf das erste. Das ist das größte Spiel für uns. Das England-Spiel wird kommen, und es wird vorbei gehen."
Im Duell mit der Slowakei treffen zwei EM-Debütanten aufeinander. Wird dabei die Nervosität eine entscheidende Rolle spielen?
"Vielleicht. Die Regeln sind dieselben wie immer. Es gibt einen Schiedsrichter, einen Ball, es spielen elf gegen elf - aber es ist doch etwas anderes und Neuland für beide. Das Team, das sich am schnellsten darauf einstellt und eben nicht nervös wird, wird gewinnen. Auch die besten Teams sind nervös vor großen Spielen, aber sie können es in den entscheidenden Momenten ausschalten oder in Energie umwandeln."
Wie genau wollen Sie das bewirken?
"Ich werde die Bedeutung auf jeden Fall nicht runterspielen. Ich werde den Jungs nicht sagen: 'Bleibt ruhig, es ist ein Spiel wie jedes andere.' Im Gegenteil: Ich werde es richtig groß machen und hoffe, sie dadurch zu motivieren."
Sie haben das Team 2011 von Ihrem Freund Gary Speed übernommen, der sich das Leben genommen hat. Inwiefern ist er bei der EM in Ihren Gedanken?
"Gary ist immer in meinen Gedanken, nicht nur bei dieser EM. Er war ein besonderer Mensch, jemand, an den ich sehr oft denke und der mir immer fehlen wird. Wir waren Freunde, seit wir zehn waren. Jedes Mal, wenn wir uns mit dem Nationalteam treffen, denke ich daran, wie ich mit ihm in einer Kabine gesessen habe. Es ist schade, dass er nicht dabei sein kann, denn er hätte es verdient, diese EM zu erleben. Und ich bin sicher, dass er die Qualifikation auch geschafft hätte. Und ich bin sicher, dass er bei uns ist, stolz ist und sich freut."