Auf der einen Seite - Robert Almer. Seine Klasse hat er im Team oft unter Beweis gestellt, aber keine Spielpraxis. Das Vertrauen des Trainerteams ist ihm dennoch sicher. Auf der anderen Seite - Ramazan Özcan. Für seine Glanztaten am Wochenende für Ingolstadt wurde er vom "kicker" als "Retter" bezeichnet. Der neue ÖFB-Tormanntrainer Klaus Lindenberger muss sich enscheiden.

"Der schaut jo jünger aus als vorher." Der neue, alte Teamtormanntrainer Klaus Lindenberger erntet bewundernde Worte aus dem Auditorium, als er am Montag das Podium zur ÖFB-Pressekonferenz betritt. "Nach sechs Jahren muss ich erst wieder alles kennenlernen", stapelt der 57-jährige Linzer in seinem Eingangsstatement tief. Muss er natürlich nicht. Das österreichische Tormannwesen hat Lindenberger auch bei seiner Tätigkeit bei Al-Wahda in Dubai verfolgt. Und natürlich den Höhenflug des Nationalteams unter Teamchef Marcel Koller. "Man glaubt gar nicht wie sehr sich der Stellenwert des österreichischen Fußballs im Ausland in letzter Zeit verbessert hat", so Lindenberger.

Die Zeiten der Ferndiagnose sind für den frischgebackenen Teamtormanntrainer und Leiter der ÖFB-Tormann-Ausbildung nun vorbei."Das, was ich gesehen habe, ist alles sehr, sehr positiv", unterstreicht ein gut gelaunter Lindenberger. Gute Laune herrschte schon zwei Stunden zuvor beim ersten Training. Teambuilding ist angesagt. Lindenberger ist sichtlich bemüht, den Spaßfaktor hoch zu halten.

"Es machen alle einen sehr guten und motivierten Eindruck, auch Heinz Lindner", berichtet Lindenberger von der ersten Einheit. Als Teamplayer vergisst Lindenberger natürlich nicht auf den Austria-Torwart, der sich allerdings durch seine jüngsten Patzer nicht unbedingt als Einser-Goalie für das Nationalteam aufdrängt. Das Problem seines Vorgängers Franz Wohlfahrt hat Lindenberger geerbt. Einsermann Robert Almer ist bar jeder Spielpraxis. "Es wird intern im Team Gespräche geben", kündigt Lindenberger kryptisch an. Bahnt sich etwa ein Tormannwechsel an?

"kicker" adelt Özcan zum "Retter"

"Retter Rambo" schreibt das deutsche Fußballmagazin "kicker" in seiner aktuellen Ausgabe. Ramazan Özcans Reflexe retteten Ingolstadt am Wochenende ein Remis bei Eintracht Braunschweig. "Rambo hat uns heute in mehreren Situationen im Spiel gehalten", lobte Ingolstadt-Verteidiger Benjamin Hübner seinen Tormann. Auch wenn Ingolstadt im Frühjahr noch nicht so recht in die Gänge gekommen ist, Özcan ist eine der Säulen des Teams. Sein Vertrag läuft noch bis 2016, alles andere als ein Einser-Tormann Özcan bei einem möglichen Bundesliga-Aufstieg ist nicht vorstellbar.

Von einem Einsatz in der deutschen Bundesliga ist Tormannkollege Almer in Hannover weit entfernt. Woche für Woche nimmt Almer auf der Bank Platz. An Ron-Robert Ziegler gibt es kein Vorbeikommen. Neben den Einsätzen beim österreichischen Nationalteam kam Almer lediglich einmal in der Regionalliga bei Hannovers Amateuren in dieser Saison zu Matchpraxis. "Dass er trotzdem immer körperlich und mental in toller Verfassung ist, zeigt seine Klasse", lobt Lindenberger den 1,94-Meter-Riesen mit den kurz geschorenen Haaren und dem markanten rötlichen Bart. Auch seine zu Jahresbeginn zugezogene Zerrung hat Almer mittlerweile komplett auskuriert.

Ein Tormann-Problem, auch aufgrund der stets guten Leistung von Almer im Team, hat das Nationalteam freilich nicht. "Es gibt sehr gute Torleute in Österreich", freut sich Lindenberger. Einen davon, der weder einberufen wurde oder auf Abruf steht, hat der Linzer am Wochenende beobachtet. Am Samstag weilte Lindenberger in Wolfsberg und sah bei der peinlichen 2:3-Niederlage von RB Salzburg beim WAC dem Kärntner Schlussmann Alexander Kofler auf die Füße. "Da habe ich einen sehr guten Kofler gesehen", sagt Lindenberger.

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Clemens Schotola