12.12.2013 10:27 Uhr

Steinhöfer exklusiv: "Bundesliga-Fußball ist schneller"

Markus Steinhöfer (r.) nimmt es in La Liga mit Größen wie Neymar auf
Markus Steinhöfer (r.) nimmt es in La Liga mit Größen wie Neymar auf

In der Primera Division nimmt es Markus Steinhöfer mit Größen wie Neymar oder Messi auf. Im Interview mit weltfussball erklärt er, warum er den deutschen Fußball dennoch auf Augenhöhe sieht. Steinhöfer über neue Leidenschaft und alte Liebe.

weltfussball: Herr Steinhöfer, mit Basel haben Sie bereits Champions- und Europa League gespielt und auch privat haben Sie sich in der Schweiz immer sehr wohl gefühlt. Warum haben Sie sich für einen Wechsel nach Spanien entschieden?

Markus Steinhöfer: Nach zweieinhalb Jahren und drei Meistertiteln, Spielen in der Champions League und dem Erreichen des Europa-League-Halbfinales, war es einfach an der Zeit, nochmal eine neue Herausforderung zu suchen. Ich wollte immer wieder in eine der drei, vier großen Ligen.

weltfussball: Wie verlief ihre Integration und welche Rolle spielen dabei die anderen Deutschen in Sevilla?

Steinhöfer: Die Integration verlief ganz gut, da ich mich auch bereits vorher mit Ivan Rakitić und Piotr Trochowski kurzgeschlossen hatte. Mit Piotr habe ich mich auch bereits ein paar Mal getroffen, da wir beide direkt im Zentrum wohnen. Es ist schön, wenn man mal mit einem Deutschen Essen gehen kann. Das gibt einem ein Gefühl von Heimat. Aber natürlich will ich auch die spanische Kultur und Sprache mitnehmen, weshalb ich auch sehr viel mit meinen spanischen Kollegen unternehme.

weltfussball: Wie lebt es sich als Deutscher in Spanien?

Steinhöfer:  Die Leute sind alle total nett und aufgeschlossen. Die beste Sache ist sicherlich das Wetter hier. Im Sommer ist es zwar etwas zu heiß, aber im Moment haben wir tagsüber 18 Grad. Dann gibt es aber auch Dinge, die einem als Deutschem in einem ganz anderen Kulturkreis fehlen. Zum Beispiel Gründlichkeit und Zuverlässigkeit. Hier klappt am Ende zwar auch alles, aber es dauert vielleicht etwas länger. Ich bin jetzt kein Spießer, aber Dinge, die einem vorher nicht so bewusst waren, fallen einem hier auf.

weltfussball: Am Donnerstag geht es in der Europa League gegen HNK Rijeka. Noch vor wenigen Monaten standen Sie mit dem FC Basel im Halbfinale dieses Wettbewerbs. Kommt an solchen Abenden Wehmut über ihren Wechsel auf?

Steinhöfer: Nein, überhaupt nicht. Dafür ist kein Platz im Fußball. Klar war das letztes Jahr eine super Sache. Ich spiele jetzt im dritten Jahr hintereinander international. Deshalb kein Wehmut.

weltfussball: Wie weit schafft es Betis in dieser Saison international?

Steinhöfer:  Wir haben die Gruppenphase überstanden. Danach kommt es immer auch auf die Gegner an und welche Platzierung man in der Gruppe macht. Ich hoffe, wir gewinnen am Donnerstag und werden Erster, dann bekommen wir es nicht mit den Champions-League-Mannschaften zu tun. Aber prinzipiell traue ich uns auch das Halbfinale zu.

>> Die Ausgangssituation in Gruppe I

weltfussball: In der Liga steht ihr Verein auf dem letzten Tabellenplatz. Erst vor wenigen Tagen gab es den folgerichtigen Trainerwechsel. Die Bilanz von Betis liest sich kurz vor Weihnachten ernüchternd. Hatten Sie sich Ihre neue Arbeitsstelle bei einem Europa-League-Teilnehmer so vorgestellt?

Steinhöfer: Natürlich habe ich es mir nicht so extrem vorgestellt. In Basel war ich es gewohnt, immer um den ersten Platz mitzuspielen, aber die Liga ist auch einfach anders. Sicherlich habe ich nicht davon geträumt, hier unter den ersten fünf dabei zu sein. Dafür gibt es in Spanien andere Mannschaften, an die man als Betis Sevilla nicht ran kommt. Da muss man realistisch bleiben. Bei Eintracht Frankfurt hätte man vor der Saison auch nicht erwartet, dass man im Winter 15. ist.

weltfussball: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die sportliche Talfahrt?

Steinhöfer: Wir haben einfach zu wenig Tore geschossen und waren in der Offensive nicht zwingend genug. Zum Beispiel waren wir gegen den FC Barcelona in der ersten halben Stunde klar die bessere Mannschaft, hatten vier, fünf Großchancen, machen kein Tor und bekommen dann in zwei Minuten zwei Gegentreffer. Klar will man hinten auch zu Null spielen, was aber gegen offensive Mannschaften wie Barca oder Real schlicht nicht möglich ist. Mit dem neuen Trainer arbeiten wir jetzt an der Zielstrebigkeit im Spiel nach vorne.

weltfussball: Während Ihrer Zeit beim FC Basel haben Sie bereits gegen einige namhafte Spieler gespielt. Gegen den FC Barcelona mussten Sie gegen Messi und Neymar verteidigen. Was ist das Besondere an den beiden?

Steinhöfer: Ich hatte hauptsächlich mit Neymar zu tun. Was einem als Verteidiger an Barcas Außenstürmern auffällt, sind vor allem ihre Laufwege. Da zeigt sich ein Klassenunterschied zu anderen Flügelspielern. Den Unterschied macht die Geschwindigkeit, die sie mitbringen und dass sie dazu immer im richtigen Moment starten. Man kann solche Spieler nie ganz ausschalten, aber ich glaube, dass ich auch gegen Neymar einen guten Job gemacht habe.

weltfussball: Einen Ihrer wenigen Einsätze in der Liga bekamen sie im Stadtderby gegen den FC Sevilla. Was ist am "derbi sevillano" so besonders?

Steinhöfer: Eineinhalb Wochen vorher ging es in der Stadt nur noch um das eine Spiel. Die Fans hier haben sehr viel Temperament und stecken sehr viel Herzblut rein. Wenn man das „Spiel des Jahres“ verliert, können diese Emotionen dann natürlich auch ins Gegenteil umschlagen. Die Tage danach waren nicht so toll und wir bekamen einigen Unmut zu spüren. Aber wir haben tolle Fans, die uns weiterhin treu bleiben. Und zum Glück gibt es ja noch ein Rückspiel bei uns, in dem wir vieles besser machen müssen.

weltfussball: An welche Eigenheiten der spanischen Spielweise muss man sich als deutscher Fußballer in der Primera División erst gewöhnen?

Steinhöfer:  Auffallend ist, wie man es auch von der spanischen Nationalmannschaft kennt, das Tiki-Taka. In Spanien ist alles wahnsinnig verspielt. Es wird immer noch ein Pass mehr gespielt, als in Deutschland, wo es viel zielstrebiger nach vorne geht. Man muss sich nur Dortmund anschauen: Ballgewinn und ab geht’s. Bayern hingegen hat den spanischen Touch hinein bekommen. Sie spielen, spielen, spielen bis ein Raum frei ist.

weltfussball: Sie haben einmal in einem Interview die Schweizer Liga vor der österreichischen, aber weit hinter der deutschen Bundesliga eingestuft. Wo sehen Sie im Vergleich mit der Bundesliga die Primera División?

Steinhöfer: Ich finde, diese zwei Ligen nehmen sich kaum etwas. Die spanische Liga ist seit Jahren top und die Bundesliga ist in den letzten Jahren extrem nach vorn gekommen, was ja das letzte CL-Finale gezeigt hat.

weltfussball: Betis hat angekündigt, den Kader verkleinern zu wollen und dass diejenigen, die bisher wenig gespielt haben, sich im Winter eventuell nach einem neuen Verein umschauen müssen. Gehören Sie dazu?

Steinhöfer: Das weiß ich nicht. Jetzt haben wir erst einmal noch ein paar Spiele bis Weihnachten, in denen ich mich empfehlen kann. Unter einem neuen Trainer geht immer alles wieder bei Null los. Natürlich weiß ich nicht, wie der Verein plant, aber mit mir hat noch niemand gesprochen.

weltfussball: In Schweizer Medien wurde über Ihre Rückkehr in die Super League bereits diesen Winter spekuliert. Ist da was dran?

Steinhöfer: Ich weiß nicht, was da spekuliert wird. Ich sag's mal so: Ich verfolge den Weg des FCB und mein Herz hängt an Basel. Aber eben nicht nur am Verein, sondern auch an der Stadt, an den Leuten und an den Freunden, die ich dort habe. Aber es ist definitiv noch viel zu früh für Spekulationen dieser Art. 

>> Alle Vereinsspiele in der Karriere von Markus Steinhöfer

weltfussball: Wo würden Sie gerne ihre Karriere beenden?

Steinhöfer: Meine schönste Station meiner Profikarriere war der FC Basel. Daher könnte ich mir das dort am ehesten vorstellen. Aber natürlich gibt es auch andere Vereine, bei denen ich noch gerne spielen würde. Zum Beispiel die Vereine in meiner Heimat. Ich bin jetzt seit elf Jahren von zu Hause weg, was schon eine lange Zeit ist für einen 27-Jährigen.

Interview: Thomas Malzacher

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